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Bergisch Gladbacher AbfallentsorgungDer Herr der Mülltonnen geht in den Ruhestand

Lesezeit 4 Minuten

Nicht nur mit Mülltonnen kennt sich Willi Carl bestens aus.

Bergisch Gladbach – Ja, diese Schneetonne. Darüber muss Willi Carl noch heute schmunzeln. Eine Tonne, um Schnee zu entsorgen. Darauf muss man erst einmal kommen. Den Aprilscherz hätten 50 Gladbacher für bare Münze genommen und ein Exemplar bestellt, erinnert sich der Betriebsleiter des städtischen Abfallwirtschaftsbetriebs. Der Scherz war ja auch gut gemacht, mit einer besonders dekorierten Tonne als Lockvogel. Bei gelben, grünen und grauen Tonnen schien die weiße irgendwie logisch.

Willi Carl, 62, hat an diesem Freitag seinen letzten Arbeitstag. Damit geht eine Ära in der Stadtverwaltung zu Ende. Es folgen Urlaub und Abbau von Überstunden und ab Herbst die Passivphase seiner Altersteilzeit. Als Beamter scheidet er Ende April 2022 aus dem Dienst aus.

Nach 25 Jahren in Diensten der Abfallwirtschaft gilt Carl als Mann der Mülltonnen. Als einer, der sich mit allen Details der Entsorgung auskennt. „90 bis 95 Prozent der Gladbacher trennen den Müll vorbildhaft“, lobt Carl. Die wenigen, die es nicht machten, machten dafür viel Arbeit – sehr viel Arbeit.

Vom Rechts- zum Umweltamt

Mitte der 90er Jahre wechselte der Diplom-Verwaltungswirt aus dem Rechtsamt der Stadt in das damals neugegründete Umweltamt. Die Zeiten waren im Umbruch, Nachhaltigkeit war ein Wort, das gerade erst entdeckt wurde. Umweltschutz steckte in den Kinderschuhen. „Heute ändern sich die Vorgaben regelmäßig“, meint der scheidende Betriebsleiter beim Pressegespräch auf dem Wertstoffhof.

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Als er anfing, sei auch das Wort Wertstoff eher unbekannt gewesen. Heute gelte die Wiederverwertung als A und O. Nur Weniges gebe es, was nicht in den Recyclingprozess gehe.

In seinem Büro, das im Betriebshof am Standort Obereschbach zu finden ist, gehen die Mails der Bürger ein. Zahlreiche Mails. Nachfragen hier, Kritik dort. „Ich will mit Argumenten die Bürger überzeugen“, sagt der Abfall-Fachmann zu seiner Arbeit. Carl gilt als Mann der klaren Worte, der vor unliebsamen Wahrheiten nicht zurückscheut.

Der Bürger sehe oft nur, dass seine Tonne geleert werde. Aber dahinter gebe es, Beispiel Duale Systeme, europaweite Ausschreibungen. Die Stadt stehe mit ihren Sammelstellen für Altkleider und Batterien in ständiger Konkurrenz zur Privatwirtschaft. Und die Ergebnisse, die er mit den Mitarbeitern der Abfallwirtschaft erwirtschafte, würden an den Privaten gemessen.

Viele Aufgaben

Carl ist der Mann der Mülltonnen. Aber nicht nur. Er ist auch Chef der Stadtreinigung und mit seinen Mitarbeitern zuständig für die Unterhaltung aller städtischen Fahrzeuge, vom Tonnenspülmobil bis zum Pritschenwagen. In der Verwaltung ist er angedockt an den von Michael Kremer geleiteten Fachbereich 7 „Umwelt und Technik“. Ein Riesenfeld also, das von Carl beackert wird. Mehr als 70 Mitarbeiter gibt es, aufgeteilt in Abfallwirtschaftsbetrieb und die Eigengesellschaft Entsorgungsdienste Bergisch Gladbach GmbH, hier ist Carl der Geschäftsführer.

Auch die Reinigung der Fußgängerzone hat er zu managen. Und da gibt es ja diesen Rechtsstreit über lose Steine und kaputten Fugen. Für Carl ist klar: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir für die Probleme dort verantwortlich sind.“ Vorsichtig gehe man dort zu Werke, um die empfindsamen Pflastersteinchen bloß nicht zu lockern. Herkömmliche Kehrmaschinen seien deshalb tabu an dieser Stelle.

Überhaupt, die Gladbacher Fußgängerzone: „Sie glauben ja nicht, was wir dort alles in den Abfallkörben finden.“ Riesige Mengen an Kaffeebechern seien es aktuell, aus den „Coffee-to-go“-Abteilungen der Cafés. Diese Flut ärgert den Abfall-Fachmann. Die städtischen Müllsammler würden regelrecht zugeschüttet mit diesen Bechern. Bei der Stadt läuft eine interne Nachfolge-Ausschreibung. Zum 1. November soll der oder die Neue den Dienst antreten. In der Ratssitzung machte Carl deutlich, was er sich wünscht: Ein Experte, so wie er, solle übernehmen. Das Entsorgungsthema sei eines der wichtigsten, das es in der Verwaltung gebe.

Der gleiche Müll fast viermal so teuer?

Müll ist für Bergisch Gladbacher Haushalte besonders teuer. Jedenfalls nach einem Ranking des Forschungsunternehmens IW Consult für den Eigentümerverband Haus und Grund. Demnach kostet die wöchentliche Entsorgung in Bergisch Gladbach 443,25 Euro und ist damit fast viermal so teuer wie in Flensburg, wo die wöchentliche Müllentsorgung knapp 123 Euro kostet. Im Ranking der 100 größten deutschen Städte landet Bergisch Gladbach auf dem drittletzten Platz. Berechnet wurde die Müllabrechnung für zwei Erwachsene und zwei Kinder, die in einem Einfamilienhaus leben.

Bei der Stadtverwaltung hieß es gestern, dass es immer wieder diese Rankings gebe – und immer würden dabei „Äpfel mit Birnen“ verglichen. So macht die Stadt geltend, dass eine Vielzahl von Leistungen – wie etwa Sperrmüllabfuhr, Papier- und Schadstoffsammlung, Laub- und Reisigabfuhr, Weihnachtsbaums- und Elektrogerätesammlung – angeboten würden. Richtig sei, dass es im gesamten Bergischen Abfallwirtschaftsverband (BAV) hohe Entsorgungskosten durch die Verbrennungsanlage in Leverkusen gebe. Die Stadt könne aber wegen der „Andienungspflicht“ gegenüber dem BAV nicht ausweichen. (ub, nie)