Bergisch Gladbacher PapierfabrikVerhandlungen um Zanders unter großem Zeitdruck
Bergisch Gladbach – Am 1. März 2021 meldete die Papierfabrik Zanders Insolvenz an – am 22. Juni 2018 hatte das Werk bereits schon einmal Insolvenz anmelden müssen. Zanders kämpft um das Überleben. Das Sagen in der Fabrik hat inzwischen Insolvenzverwalter Mark Boddenberg. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen der vergangenen Tage zusammen und wagen einen Blick in die Zukunft.
Wird bei Zanders inzwischen wieder ganz normal produziert?
Was heißt bei Zanders schon normal. Die Produktion ist tatsächlich wieder hochgefahren worden. Allein das muss als großer Erfolg gewertet werden. Denn wie schlecht die Situation vor dem 1. März war, sickert erst langsam durch.
Nun ja, eine Insolvenz muss ein Unternehmen nicht anmelden, weil es ihm so gut geht.
Aber bei Zanders war zum Beispiel wegen mangelnden Rohstoffen die Produktion heruntergefahren. Es musste erst einmal wieder Geld herangeschafft werden, um überhaupt wieder Papier zu produzieren. Und um überhaupt eine Chance zu haben, muss die Fabrik zeigen, dass sie funktionieren kann. Das war die erste Aufgabe des eingesetzten Insolvenzverwalters Mark Boddenberg.
Aber wer investiert denn noch bei Zanders?
Zum Beispiel Marc d’Avoine, der Verwalter aus der ersten Insolvenz. Er hat ein großes Interesse daran, dass Zanders weiter produziert. Wenn Zanders schließen sollte, muss er etwa die gesamten Rückbaukosten schultern. Vertraglich ist die Gesellschaft von d’Avoine dazu verpflichtet, die Gebäude besenrein an den Eigentümer, die Stadt Bergisch Gladbach, zu übergeben. Ob seine Rückstellungen dafür reichen, darf bezweifelt werden.
Und was ist mit der Jool Gruppe und deren Chef Tom Olander?
Die Insolvenz wurde pressetechnisch vom Werk mit der Überschrift „Zanders Paper setzt Restrukturierungsprozess mit Insolvenzantrag fort“ verkauft. Da hört sich Insolvenz nach einer positiven Entwicklung an – was es natürlich nicht ist. Richtig ist allerdings, dass durch die zweite Insolvenz die Belastungen der Fabrik theoretisch noch einmal gesenkt werden können. Wenn etwa die Benutzung der Maschinen – sie gehören der Gesellschaft aus der ersten Insolvenzmasse – billiger wird. Gleiches gilt für die Pacht der Immobilie, die der Stadt gehört.
Die Insolvenzgesellschaft hat ein Interesse, dass Zanders weiter produziert. Aber was ist mit der Stadt?
Zunächst einmal bekommt die Stadt ihre monatliche Pacht weiter vom Insolvenzverwalter überwiesen. Die Stadt hat bisher auf keinen Cent Pacht verzichten müssen. Anders liegen die Dinge für den Insolvenzverwalter d’Avoine, der sich das Geld von der insolventen Firma Zanders zurückholen müsste. Wenn die Stadt weiter auf ihre Pacht besteht, dann müsste d’Avoine auch dort Zugeständnisse an das insolvente Unternehmen machen.
Das hört sich so an, als sei die Gesellschaft der ersten Insolvenz an einer Fortführung von Zanders unter allen Bedingungen bereit.
Es ist eine Risikoabwägung. Wenn man davon ausgeht, dass Zanders nicht zu retten ist, wird man keine weitere Zugeständnisse machen, denn jedes Zugeständnis hat ja den Effekt, dass im Falle der Schließung noch weniger Geld für die Abwicklung zur Verfügung steht. Gibt es noch einen Funken Hoffnung, wird man mitspielen, um eben die Abwicklung von Zanders zu vermeiden.
Wird die Stadt weiter auf die Pacht bestehen?
Daran kann es keinen Zweifel geben. Die Vertreter der Stadt – egal welcher politischen Couleur – haben immer wieder betont, dass sie in keinem Fall für Zanders auf die Pacht verzichten können. Dazu seien sie rechtlich nicht in der Lage. Schließlich könne dann jedes Gladbacher Unternehmen, das in wirtschaftlicher Not sei, Hilfe von der Stadt verlangen. Diese Art von Subventionierung sei verboten.
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Da gibt es auch keinen Unterschied in den Positionen des ehemaligen Bürgermeisters Lutz Urbach (CDU) und des aktuellen Frank Stein (SPD)?
Im Grunde nicht. Beide berufen sich letztlich auf die Expertise von Juristen. Und die Fraktionen folgen geschlossen. Mancher auch sicher mit dem Hintergedanken, dass es für die Stadt letztlich besser ist, wenn das riesige Zanders-Areal ohne lästige Papierfabrik überplant werden kann.
Und die Stadt kann Zanders – wir reden über das Traditionsunternehmen der Stadt schlechthin und von etwa 400 Arbeitsplätzen – überhaupt nicht helfen?
Doch natürlich. Sie kann das von Zanders vorgelegte Konzept unterstützen. Sie könnte etwa einen Mietvertrag mit Zanders abschließen und der Insolvenzverwalter könnte sich bereit erklären, die ersten Zahlungen zu übernehmen. Es gibt theoretisch viele mögliche Wege, um Zanders zu helfen.
Zurück zur Frage, welche Rolle die Jool-Gruppe und deren Chef Tom Olander spielt.
Schwierig. Er hat Zusagen gegeben und nicht gehalten. Er hat sich nicht viele Freunde gemacht. Aber er hat tatsächlich auch in der zweiten Insolvenz frisches Geld ins Werk gesteckt. Das wird sicher nicht ausreichen, um Zanders mittel- und langfristig zu retten.
Was würde denn Zanders retten?
Ganz einfach: Die bisherigen Belastungen müssten gesenkt werden und ein Haufen frisches Geld ins Werk investiert werden. Hört sich einfach an, ist aber praktisch – wenn man ehrlich ist – sehr, sehr unwahrscheinlich. Dabei mangelt es nicht an Konzepten für eine Papierfabrik, die in Zukunft Gewinne schreibt.
Zanders macht auch in der Insolvenz weiter Verluste?
Leider ist das so. Bis Ende des Monats muss deshalb klar sein, ob es weitergeht. Der neue Insolvenzverwalter Mark Boddenberg steht unter großem Zeitdruck.