Corona in Rhein-BergKinder und Eltern verunsichert von Quarantäne-Regeln
Bergisch Gladbach – Mia sitzt isoliert zu Hause statt zusammen mit ihren Freunden im Klassenzimmer. Obwohl die neuen Corona-Regeln für Schulen es eigentlich erlauben würden, dass die Zehnjährige wieder zurück in ihre Klasse im Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium könnte. Doch die Verordnung gilt für sie nicht: Das Mädchen hatte beim Vereinssport Kontakt zu einer infizierten Mitschülerin. Die Eltern kritisieren die uneinheitlichen Regeln. Auch Schulleiter Frank Bäcker blickt mit Sorge auf den Pandemie-Herbst.
„Es gibt keinen roten Faden. Da steigt doch kein Mensch mehr durch, was gilt für wen und was nicht“, ärgert sich Benjamin Kleine. Der Vater von Mia fordert einheitliche und transparente Regeln. „Es zählt doch jeder Tag, eigentlich jede Minute“, damit seine Tochter nicht noch mehr Unterrichtsstoff verpasse. Mia brauche auch ihre Freunde und den Sport im Verein. So langweilt sich die Zehnjährige – per Schnelltest längst mehrfach negativ getestet – jetzt schon seit sieben Tagen zu Hause.
Krisenstab verweist auf allgemeine Schutzverordnung
So geht es auch ihren beiden Freundinnen vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, die das Gesundheitsamt ebenfalls in Quarantäne geschickt hat. Sie saßen wie Mia im gleichen Auto, unterwegs zu einem Hockey-Turnier. „Da wird das Versprechen vom permanenten Präsenzunterricht doch ad absurdum geführt“, ärgert sich Kleine.
„Der Kontakt zu einem positiv auf das Coronavirus getesteten Kind hat im privaten Kontext stattgefunden“, erklärt Birgit Bär, Sprecherin des Krisenstabs des Rhein-Bergischen Kreises. Da gelte die allgemeine Corona-Schutzverordnung wie für Erwachsene und nicht die neuen Quarantäne-Regeln für Schulen. Die Ansage des Gesundheitsamtes: Sieben Tage Quarantäne für die Kontaktpersonen und keine Chance auf eine Ausnahme.
Schulleiter ist beunruhigt
Deshalb blickt Schulleiter Frank Bäcker mit Sorge auf Herbst und Winter: „Niemand weiß, wie sich die Situation entwickelt.“ Zwar hält er das neue Prozedere für richtig, bei einem Positivfall nicht mehr ganze Gruppen wegzuschicken, ist aber trotzdem beunruhigt: „Vor allem, was die unter Zwölfjährigen in den fünften und sechsten Klassen angeht, für die es noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt.“
Das Beispiel von Mia zeige, wie schnell es passieren könne, dass doch wieder zehn oder zwölf Schüler in einer Klasse in Isolation geschickt werden müssten: „Und dann wird es gleich wieder schwierig.“ Denn mit den restlichen 20 Schülern könne nicht in dem gleichen Tempo weitergearbeitet werden. Für die Lehrer bedeute das: wieder umplanen. Zudem müssten die Kinder, die zu Hause lernen, betreut und mit Unterrichtsmaterial versorgt werden.
Videokonferenzen am Morgen, dann Arbeitsblätter
„Diese Mischung aus Fern- und Präsenzunterricht ist wirklich schwierig“, sagt Bäcker, „die Kollegen können sich ja nicht zweiteilen.“ Die Kinder digital in den Unterricht zu holen, funktioniere ja leider technisch nicht. Um persönlichen Kontakt herzustellen, hat das Gymnasium den „Quarantäne-Wake-up-Call“ ins Leben gerufen: Eine Lehrerin holt morgens alle Schüler, die in Quarantäne sind, zusammen in eine Videokonferenz, um wenigstens zu erfahren, wie es jedem Einzelnen geht.
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„Danach sitzt aber jeder wieder für sich allein mit den Arbeitsblättern da.“ Deshalb kann Bäcker die Eltern gut verstehen, die ungeduldig sind und möchten, dass ihre Kinder so schnell wie möglich zurück in den Unterricht kommen. Die Sorge, dass ganze Schulen geschlossen werden, hat Bäcker aber nicht.
Das sei politisch nicht gewollt: „Insofern werden wir uns durch den Winter kämpfen.“ Als endlich der sehnlichst erwartete Anruf des Gesundheitsamtes kommt, ist Mia mit dem Ranzen direkt durch die Tür. „Eine echte Erlösung für sie“, sagt ihr Vater.