Gleich drei Rentner hintereinander haben sich jetzt als Angeklagte vor einer Bergisch Gladbacher Strafrichterin verantworten müssen.
Zwei Diebe, ein Rennfahrer: Drei Rentner stehen nacheinander vor dem Bensberger Amtsgericht
Der „typische“ deutsche Rentner ist auch nicht mehr so leicht zu skizzieren wie früher. Damals, so etwa in der Regierungszeit von Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-1998), stellte man ihn sich als einen sehr, sehr ordnungsliebenden, den Kleingarten pflegenden und den Dackel ausführenden älteren Herrn mit Hut vor.
Heute ist alles viel diverser. Es gibt zwar noch den Dackelfreund mit Hut. Aber eben auch den 72-jährigen Bergisch Gladbacher Ladendieb, der den Begriff der „Nachhaltigkeit“ ins Spiel bringt. Und die schöne Vokabel im Zusammenhang mit der Frage erwähnt, warum er denn, wenn er sein Portemonnaie vergessen habe, nicht wieder nach Hause in seinen hübschen Vorort gefahren sei, um dort sein Geld zu holen. Denn hätte er das getan, hätte er anschließend wieder zurück zum Supermarkt fahren und die Batterien im Wert von 34,97 Euro ordnungsgemäß bezahlen können.
Kaufland eben, nicht Klauland: Allerdings wäre der Angeklagte dann wegen der „Nachhaltigkeit“ und dem damit verbundenen Autoverzicht zweimal eine halbe Stunde zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs gewesen.
Den kleinen Hinweis, dass die Sache mit dem Bezahlen an der Supermarkt-Kasse doch eigentlich der Königsweg sei, erspart Richterin Simona Sünnemann dem jungen Alten in seinem Prozess nicht, auch wenn der vorher schon Asche auf sein weißes Haupt gestreut hat: „Ich habe gar keine Erklärung, wie mir das passiert ist. Ich bedauere es zutiefst.“
Die Richterin: „Normalerweise holt man zuerst Geld.“ Der Angeklagte: „Ich dachte: Es wird schon wieder gut gehen.“ Wie bitte? „Schon wieder?“ In der Wiederholung rafft der Rentner den Satz: „Ich dachte, es geht gut.“
Sportfahrer muss Tierheim Geld überweisen
Der Bundeszentralregisterauszug des Bergisch Gladbachers ist sauber. Er hatte mal ein Diebstahlverfahren, das wurde aber gegen Zahlung von 400 Euro eingestellt. Die Staatsanwältin weist in ihrem Plädoyer darauf hin, dass das Gesetz für den Diebstahl Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsehe.
Ins Gefängnis muss der Angeklagte dann aber doch nicht: Richterin Sünnemann verurteilt ihn wie beantragt zu 1250 Euro Geldstrafe (25 Tagessätze zu 50 Euro), außerdem muss er die Verfahrenskosten zahlen.
Wie es der Zufall so will: Der Gladbacher ist an diesem Morgen nicht der einzige seiner Generation, der vor Gericht steht. Vor ihm stand da ein weiterer Silberlocken-Dieb, nach ihm musste ein 65-jähriger Overather seinen schneidigen Fahrstil auf der A4 erklären. Da der von ihm als „Oberlehrer“ empfundene Anzeigenerstatter nicht im Prozess erschien, kam der Sportfahrer mit 500 Euro fürs Tierheim davon.