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Eklat in Bergisch GladbachBürgermeister-Kandidat wird nicht zugelassen – Strafanzeige

Lesezeit 3 Minuten
Wahlplakat Bergisch Gladbach

Das umstrittene Plakat hängt im gesamten Gladbacher Stadtgebiet.

  1. Die Stadt Bergisch Gladbach will zwei Strafanzeigen gegen den Bürgermeisterkandidaten der Bürgerpartei GL stellen.
  2. Der Wahlausschuss bezweifelt die Wählbarkeit von Iro Herrmann und weist einstimmig seine Kandidatur als Bürgermeister zurück.

Bergisch Gladbach – Die Sitzung des Wahlausschusses ist normalerweise reine Routine. Aber am Dienstagabend beginnt sie mit einem Paukenschlag: Klaus Waldschmidt, Fraktionsvorsitzender der SPD, meldet „erhebliche Zweifel“ an, dass ein Bürgermeisterkandidat, der eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, wählbar sei: „Das ist eine Straftat“, betont Waldschmidt.

Daraufhin erläutert Frank Bodengesser, Wahlleiter der Stadt , er habe Iro Herrmann nur deshalb als Bürgermeisterkandidaten zulassen können, weil die Bürgerpartei GL ihre Sitzung zur Abstimmung über die Wahlvorschläge wiederholt habe. Das war am vergangenen Sonntag, noch schnell einen Tag vor Ablauf der Frist. Aus Sicht des Wahlamtes seien die Wahlvorschläge nun gültig, weil geheim abgestimmt worden sei, so wie es die Kommunalordnung vorschreibt.

Falsche eidesstattliche Versicherung wiegt schwer

Dagegen sei die zuvor von der Bürgerpartei GL eingereichte Liste ungültig gewesen, erklärt Bodengesser. Denn Herrmann habe in der Niederschrift an Eides statt versichert, die Wahlen hätten geheim stattgefunden. Obwohl sich in der Niederschrift laut Bodengesser Hinweise gefunden hätten, dass die Mitglieder offen abgestimmt haben. Darüber habe Bodengesser die Bürgerpartei GL informiert. Daraufhin habe die Wählergruppe eine neue Versammlung einberufen und noch einmal neu gewählt, diesmal ordnungsgemäß, so Bodengesser.

Kandidat wirbt mit Arzttätigkeit

Auf der Internetseite der Bürgerpartei GL bedankt sich Iro Herrmann bei den Bürgern, mit deren Hilfe er in den Seniorenbeirat gewählt wurde. Der Bürgermeisterkandidat – auf der Internetseite ist er das noch – wirbt er auch mit seiner Hilfe als Arzt: „Sie können mich als Arzt auch in der jetzigen Ausnahmesituation jederzeit per E-Mail (Angabe seiner E-Mail-Adresse – Anm.d.Red.) anschreiben oder auch anrufen (Angabe der Telefonnummer – Anm. d. Red.). Herrmann gibt an, Facharzt für Diagnostische Radiologie und Nuklearmedizin zu sein.

In seinen „Grundsätzen für die politische Arbeit“ heißt es bei der Bürgerpartei: „Ehrlichkeit gehört sowohl nach innen, wie auch nach außen zu den obersten Grundsätzen der BGL Bürgervereinigung Bergisch Gladbach e.V. .“ (nie)

Aus wahlrechtlicher Sicht seien die jetzt vorliegenden Wahlvorschläge zulässig. Aber die falsche eidesstattliche Versicherung von Herrmann würde schwer wiegen. Die Stadt werde sie zur Anzeige bringen. „Für einen Bürgermeisterkandidaten gilt, dass er jederzeit für die freiheitliche, demokratische Grundordnung einstehen muss“, betont Bodengesser. Wie die Staatsanwaltschaft den Fall einschätzen wird, ist derzeit noch völlig offen.

Missbrauch von Titeln: „Unser Bürgermeister“

In der zweiten Anzeige, die die Stadt erstatten will, geht es um Missbrauch von Titeln nach Paragraf 132a Strafgesetzbuch. Herrmann wirbt für sich als „Unser Bürgermeister“ auf Wahlplakaten. „Er ist aber nur Kandidat“, stellt Bodengesser klar. Lutz Urbach ist Bürgermeister. Auch einige Bürger hätten sich beim Wahlamt gemeldet und „Amtsanmaßung“ beanstandet, berichtet der Wahlleiter in der Sitzung.

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Tatsächlich gab es auch in anderen Wahlkämpfen Plakate, in denen Kandidaten mit dem Namen „Bürgermeister“ warben, ohne Amtsinhaber zu sein. Der Wähler – so offensichtlich die Annahme – verstehe, dass mit „Bürgermeister“ die Kandidatur gemeint sei und es sich nicht um eine „Amtsanmaßung handele.

Wahlausschuss bleibt kompromisslos

Zum großen Unmut der Beisitzer des Wahlausschusses – Vertreter von CDU, SPD, Grüne und FDP – bleiben die Plakate trotzdem vorerst hängen. „Wir können sie nicht einfach abbauen. Wir müssen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft abwarten“, erklärt Bodengesser.

Kompromisslos bleibt der Wahlausschuss aber, was die Kandidatur von Herrmann anbelangt. Das Festhalten der Bedenken bezüglich der Wählbarkeit des 69-Jährigen im Protokoll, wie es Bodengesser vorschlägt, reicht den Beisitzern nicht. Alle, auch Vorsitzender Michael Zalfen (SPD), der in der Sitzung Bürgermeister Urbach vertritt, beschließen Herrmann die Kandidatur abzuerkennen.

Herrmann und die Bürgerpartei GL haben ab Dienstag drei Tage Zeit, gegen den Beschluss des Wahlausschusses Einspruch einzulegen. Frank Samirae, Vorsitzender der Wählergruppe, kündigt auf Anfrage dieser Zeitung an, diese Möglichkeit nutzen zu wollen. Es zeichnet sich eine juristische Auseinandersetzung zwischen der Stadt und der Bürgerpartei GL ab.