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ExistenzsorgenVerzweiflung über Platzmangel an Grundschulen in Bergisch Gladbach

Lesezeit 4 Minuten

Wie die Eltern erlebt Schulleiter Manuel Blum den Kampf um die OGS-Plätze als belastend.

Bergisch Gladbach – Schlechte Aussichten für Eltern, die für Kinder eine Nachmittagsbetreuung nach der Grundschule suchen. Nicht alle Kinder werden berücksichtigt, wie viele genau, gibt die Stadtverwaltung im Juni bekannt. Der Protest von Eltern am Sonntag vor dem Rathaus zeugt von den Existenzsorgen.

„14 Namen stehen zurzeit auf meiner Warteliste. Die Situation ist belastend. Manchmal habe ich hier Leute sitzen, die in Tränen ausbrechen“, erzählt Manuel Blum. Der Leiter der Concordia-Grundschule in Schildgen kann die wachsende Verzweiflung der Eltern nachvollziehen. Doch er kann den Bewerbern nur wenig Hoffnung machen. „Wir tun, was wir können, aber wir haben einfach nicht mehr Kapazitäten.“

Für seine 240 Schüler gibt es 125 Plätze in der OGS Villa Concordia, Träger ist die Evangelische Kirchengemeinde Altenberg/Schildgen, sowie 30 Plätze in der Randstundenbetreuung bis 13 Uhr. Aufgrund der großen Nachfrage sind das schon fünf Plätze mehr als vorgesehen. Auch im Schulgebäude gibt es keine Räume mehr, die für die Nachmittagsbetreuung abgestellt werden könnten. Auf dem Schulhof ist kein Platz, um einen Container aufzustellen.

„Für mich bedeutet die Absage, dass ich meinen Halbtagsjob als Erzieherin kündigen muss“, sagt Anke Steinfeld, „ich bin schockiert, für uns ist das existenzbedrohend.“ In einem offenen Brief an Bürgermeister Lutz Urbach und die Fraktionen schildert sie ihre Not. Beworben hat sie sich für ihren Sohn „nur“ um eine Randstundenbetreuung, schied aber beim Losverfahren aus.

Steinfeld findet das Auswahlverfahren ungerecht. „Ich kenne einige Familien, die nicht berufstätig sind und trotzdem einen Platz in der OGS bekommen haben.“ Sie versteht nicht, warum die Stadt keinen Arbeitsnachweis der Eltern als Beweis für die Berufstätigkeit verlangt. „Ich kann doch nur das tun, was in meiner Macht steht“, sagt Blum, „wir haben im Team die Plätze nach den Richtlinien der Stadt vergeben.“

Die Vorgaben besagen grob: Zuerst sind Geschwisterkinder dran, dann die von alleinerziehenden Müttern und Kinder mit zwei berufstätigen Eltern sowie Kinder in schwierigen familiäreren Situationen. Liegen mehr Anmeldungen als Plätze vor, entscheidet bei den meisten Schulen das Losverfahren. „Ich möchte es allen recht machen, aber ich kann mich nicht zum Richter darüber machen, ob die eine Notlage schlimmer ist als die andere“, sagt Blum. Weil „eine wirkliche Gerechtigkeit“ nicht möglich sei, versuchten er und OGS-Leiter Jörg Schwagereit stattdessen, „so viel Transparenz und Fairness wie möglich in das System zu bringen.“

„Was hat das mit Vereinbarung von Beruf und Familie zu tun, wenn einem solche Steine in den Weg gelegt werden?“, fragt Anke Steinfeld. Es gebe einen Rechtsanspruch für einen Kindergartenplatz, und dann komme das große Loch. Dass es zu wenige Betreuungsangebote für Grundschüler gibt, sei in Gladbach kein neues Phänomen: „Warum passiert da nichts?“

Der Stadt könne er keinen großen Vorwurf machen, sagt Blum. Eine wirkliche Lösung biete nur eine gebundene Ganztagsschule an, in der tatsächlich die Schule selbst den Nachmittag gestalte: „Das ist aber viel teurer als ein privater Träger.“ Im Moment sei nicht abzusehen, dass das Land die Ganztags-Schulform flächendeckend einführen werde.

Und so stellt sich Blum darauf ein, dass er ab November, wenn die Anmeldungen für die Grundschulen starten und damit die Abfragen nach dem Wunsch für einen OGS-Platz, wieder viele unangenehme Briefe verschicken muss.

Anke Steinfeld braucht sich dann allerdings gar nicht erst die Mühe zu machen, ihren Sohn anzumelden: Denn bei der Auswahl 2018 werden die Erstklässler bevorzugt.

Versorgungsquote von 65,5 Prozent

Im gesamten Stadtgebiet bietet die Stadt 2710 außerschulische Angebote an den offenen Ganztagsschulen an. Aktuell liegt die Versorgungsquote bei „guten“ 65,5 Prozent, wie die Stadtverwaltung mitteilt. Ihr Angebot habe die Stadt ständig erweitert. Stadtsprecher Martin Rölen stellt klar, dass die Offene Ganztagsschule nur ein Angebot sei, aber keine Verpflichtung für die Stadt bedeute. Zudem müssten die Plätze auch bezahlt werden. Zur Finanzierung reichten die Landesmittel nicht aus: 1,35 Millionen Euro schieße die Stadt jährlich dazu.

Die Verwaltung sei aktuell dabei zu ermitteln, wie viele Kinder an welcher OGS angemeldet sind, teilt Rölen mit. Im Juni sollen die Zahlen öffentlich gemacht werden. Bekannt wurde bereits, dass an der OGS Wittenbergstraße in Refrath 33 Kinder ohne Platz dastehen könnten. (ub)