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Gericht stellt Verfahren einGladbacher Firmenchef soll sich als Arzt ausgegeben haben

Lesezeit 3 Minuten
Verteidiger Bode im Gericht 230921 (1)

Verteidiger Christoph Bode, hier neben einem Mandanten im Gericht. (Symbolbild)

Bergisch Gladbach – Das war ein gänzlich ungewohntes Parkett für den Wirtschaftskapitän: Der langjährige Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis saß auf der Anklagebank des Bensberger Amtsgerichtes. Falsche Titelführung warf die Staatsanwaltschaft dem Mittfünfziger vor. Er soll sich als Betriebsarzt ausgegeben haben, der er nicht ist, um mit dem echten Hausarzt einer schwangeren Mitarbeiterin zu sprechen.

Nach knapp 15 Minuten Prozessdauer einigten sich Richter Reinhard Bohn, der Staatsanwalt und der Verteidiger jedoch auf eine Verfahrenseinstellung - wegen Geringfügigkeit. Nicht einmal eine Buße muss der Geschäftsmann zahlen, sondern lediglich die Kosten für seinen Verteidiger. Offenkundig erleichtert verließ er das Gericht.

Beschäftigungsverbot für Schwangere erörtert

Im Jahr 1 von Corona, am 19. Juni 2020, hatte laut Anklage ein niedergelassener Arzt in Siegen ein Beschäftigungsverbot für eine schwangere Firmen-Mitarbeiterin ab dem 22. Juni ausgesprochen. Siegfried J. (Name geändert) habe am 23. Juni in der Arzt-Praxis angerufen, sich als Betriebsarzt des Unternehmens vorgestellt und dann mit dem Arzt über den Fall geredet, so die Anklage. Da er in Wirklichkeit nicht Arzt sei, habe er gegen den Paragrafen 132a des Strafgesetzbuchs verstoßen. Dieser sieht für das Führen falscher Titel Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor.

Dem Vorwurf trat Siegfried J. durch seinen Verteidiger Dr. Karl-Christoph Bode energisch entgegen. Natürlich habe sich J. nicht als Arzt ausgegeben, womöglich habe da ein Hörfehler vorgelegen. Geschäftsführer J. habe, was arbeitsrechtlich völlig legitim sei, herausfinden wollen, ob er die schwangere Mitarbeiterin möglicherweise gefahrlos an anderer Stelle einsetzen könne.

Wackliger Zeuge der Anklage

Für Leute, die sich im Arbeitsrecht nicht auskennen, konstruierte Bode einen Fall aus einer anderen beruflichen Sphäre: „Wenn zum Beispiel am Gericht eine schwangere Protokollführerin angibt, dass sie bei Richter Bohn die ganze Zeit stehen muss, wenn sie Protokoll führt, könnte man sie stattdessen bei Richterin Brandes einsetzen, wo sie sitzen darf“, und erntete dafür ein Schmunzeln des Richters, bei dem natürlich während des Prozesses außer bei der Urteilsverkündung niemand stehen muss.

Der Bergisch Gladbacher Strafverteidiger hatte aber einen noch viel größeren Pfeil im Köcher. Denn, so hatte er zuvor bereits in einem umfangreichen Schriftsatz argumentiert, von den insgesamt sechs denkbaren Zeugen habe sich der Hauptbelastungszeuge der Anklage, der Hausarzt aus Siegen, womöglich selbst strafbar gemacht, weil er in der Annahme, mit einem Kollegen zu reden, so freimütig am Telefon über die Patientin geredet habe.

Arztgeheimnis gilt auch unter Ärzten

Tatsächlich gelte das Arztgeheimnis aber auch unter Ärzten. Bode: „So wie bei Anwälten auch. Ich darf auch nicht mit einem Kollegen munter über einen Mandanten plaudern.“ Das Argument hatte Gewicht. Denn wenn der Arzt dann doch noch vom Gericht zur Aussage aufgefordert worden wäre, hätte man ihn nach dem Paragrafen 55 der Strafprozessordnung zunächst über sein Auskunftsverweigerungsrecht aufklären und darauf hinweisen müssen, dass er sich nicht selbst belasten muss. Damit hätte er dann vermutlich geschwiegen. Der Prozess hätte sich also hingezogen, um dann ein halbes Jahr später vermutlich doch ergebnislos zu enden.

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Einen Freispruch konnte es in dieser Lage aber nicht geben – brauchte es aber auch nicht, denn laut Bode wollte sein Mandant vor allem das Verfahren beendet sehen, um sich wieder seiner beruflichen Aufgabe in dem mehr als hundert Köpfe starken Unternehmen voll widmen zu können. Da sowohl Staatsanwalt als auch Richter die Prognose über den mutmaßlichen weiteren Prozessverlauf teilten, konnte Bohn nach nur 13 Minuten Prozessdauer die Verfahrenseinstellung verkünden.

Unternehmer Siegfried J. konnte flugs den Angeklagten-Platz neben Strafverteidiger Bode räumen für dessen nächste Mandantin – eine vielfach misshandelte frühere Prostituierte, die in einem früheren Prozess für ihren Luden gelogen hatte, das jetzt zugab und nach diesem Geständnis milde 400 Euro Geldstrafe kassierte.