WirtschaftskrimiGladbacher High-Tech Unternehmer nach Russland-Deal freigesprochen
Bergisch Gladbach – Deutsch-russischer Wirtschaftskrimi in Bensberg: Mit einem glatten Freispruch für zwei Geschäftsführer eines Bergisch Gladbacher High-Tech-Unternehmens endete am Dienstagnachmittag ein auf drei Verhandlungstage angesetzter Prozess am Schöffengericht schon am ersten Tag.
Die Angeklagten, zwei studierte Naturwissenschaftler, standen als mutmaßliche Betrüger vor Gericht: Als es ihrer 40-Personen-GmbH Mitte der 2010er-Jahre schlecht ging, hätten sie sich einen Kredit in sechsstelliger Höhe erschwindelt, so der Vorwurf. Danach sei die Firma in die Insolvenz gegangen, 550 000 Euro Darlehen seien in der Insolvenz-Masse versickert.
Münchner Unternehmensberater als Zeuge der Anklage
Geschädigt wurde laut Anklage ein Teilhaber der Firma, aber keine Einzelperson. Sondern ein Vermögensfonds, der sich rühmt, das Geld kleiner Leute zu mehren. Kopf des Fonds und damit Widersacher der beiden Angeklagten ist aber doch eine natürliche Person, ein Unternehmensberater aus München. Ihm seien, so die Anklage, im Zusammenhang mit einem nach der Annexion der Krim durch Putin 2014 ins Stocken geratenen Russland-Deal wichtige Details verschwiegen worden.
Doch sind sich am Ende des Tages Staatsanwältin und Gericht sicher: Der Fondsverwalter sei umfassend informiert gewesen und habe die Risiken des Deals gekannt, bei dem es um die Lieferung eines speziellen Bauteils für eine neue Fabrik in Moskau ging.
Bayerische Töne im Bensberger Schöffengericht
Fast schon interessanter als die juristische Materie ist die Atmosphäre im Saal. Es geht nicht um eine Wirtshausschlägerei junger Burschen, sondern um drei Herren um die 60 im weißen Kragen. Statt kölscher Tön ist bayerisch zu hören, denn nicht nur der Unternehmensberater stammt aus dem Süden, sondern auch mindestens zwei der drei Verteidiger. Und statt Stuhlbeinen nutzen die Konfliktparteien andere Waffen: Worte.
Zunächst haben der Firmengründer und sein Co-Geschäftsführer das Wort. Sie sprechen über die besondere Rolle der Firma auf dem Weltmarkt. Trotzdem sei es nach 2010 infolge veränderter Bedingungen in Asien zu Einbrüchen gekommen. Das geplante Russland-Geschäft gab wieder Grund zur Hoffnung, doch dann verzögerte die Annexion der Krim durch Putin alles, und es drohte die Insolvenz.
Giftpfeile in Richtung des Bayern
In dieser Lage wurde der Fondsverwalter aus Bayern um ein Darlehen zur Überbrückung gebeten. Der Mann sei ein sehr schwieriger Partner gewesen. Mit einer regelrechten Kontrollsucht habe er sich alles haarklein berichten lassen. Den zweiten Geschäftsführer habe er nicht für voll genommen und sich überdies permanent eingemischt. Er sei aber nicht betrogen worden.
Als anschließend der Münchner Geschäftsmann spricht, lässt er seinerseits kaum ein gutes Haar an den beiden Bensbergern. Der Firmengründer habe schlicht „keine Lust“ gehabt, sich mit dem Vertrieb seiner Produkte zu befassen, weswegen der zweite Geschäftsführer installiert worden sei.
Ponyhof statt Global Player?
Auch sei das Unternehmen nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Dem Geschäftsführer habe der richtige Biss gefehlt: „Er hat einen kleinen Ponyhof gebaut und Wohltaten verteilt.“
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Und dann beteuert der Bayer: Er sei betrogen worden, denn ihm sei vor dem Darlehen versichert worden, dass der Deal sicher kommen werde, obwohl er da schon gescheitert sei. Absprachewidrig sei das Darlehen zur Begleichung alter Schulden genutzt worden. Und noch einen Satz gibt er dem Bensberger mit: „Wir sind davon ausgegangen, dass er ein seriöser Geschäftsmann ist, der uns nicht belügt.“
Gericht klappt Deckel der 1000-Seiten-Akte zu
Gleichwohl verfehlen die vielen Giftpfeile letztlich ihr Ziel: Nach einer Aussprache der Juristen hinter verschlossenen Türen und einer weiteren Zeugenvernehmung beantragt die Staatsanwältin Freispruch. Dem folgt das Gericht und klappt die Deckel der Tausend-Seiten-Akte zu.
Allerdings ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Theoretisch, aber das ist unwahrscheinlich, könnte die Staatsanwaltschaft in die Berufung gehen. Der Vermögensverwalter dagegen muss diesen Freispruch akzeptieren.