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Impfzentrum Bergisch GladbachWie Arzt Hans-Christian Meyer eine Dosis mehr rausholt

Lesezeit 5 Minuten

„Auf einen Schlag 15 Prozent mehr Impfstoff“

Bergisch Gladbach – Dr. Hans-Christian Meyer ist einer der drei Leitenden Impfärzte im Impfzentrum Bergisch Gladbach und hat den Anstoß dazu gegeben, dass nun in ganz NRW sieben statt bisher sechs Impfdosen aus einer Ampulle des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer genutzt werden dürfen. Über die Idee, dass das Gladbacher Impfzentrum ein landesweites Pilotprojekt wird und die Möglichkeit, vielleicht noch mehr Impfstoff aus einer Ampulle gewinnen zu können, sprach Guido Wagner mit dem Mediziner aus Wermelskirchen.

Herr Meyer, wie sind Sie auf die Idee gekommen, mehr Impfstoff aus einer Ampulle herauszubekommen?

Meyer: Durch einen Zeitungsartikel. In dem stand, dass sie es in Dänemark schaffen, sieben Dosen aus einer Ampulle zu ziehen. Schon kurz nach der ersten Lieferung des Impfstoffs Ende Dezember hatten ja Kollegen festgestellt, dass sich statt der ursprünglich vorgesehenen fünf Impfdosen ganz easy sechs ziehen lassen. Und manchmal geht sogar noch mehr.

So wie in Dänemark?

Ja, dort hatte man bereits versucht, damit weitere Impfungen zu ermöglichen. Gerade in der aktuellen Situation, in der der Impfstoff noch sehr knapp ist, ist es doch wichtig, möglichst viel da rauszuholen. Ich habe jedenfalls Kontakt zu dem Generalvorstand der niedergelassenen Hausärzte in Dänemark aufgenommen. Er sagte mir, dass sie einfach sehr vorsichtig vorgehen, um manchmal sieben Dosen aus einer Ampulle herauszubekommen.

Sie haben sich dann aber auch noch auf die Suche nach besonderen Spritzen gemacht, mit denen das besser geht.

Ja, denn in den Spritzen, die wir bislang verwenden, bleibt beim Injizieren immer ein kleiner Rest in der Spritze zurück. In einer Twitter-Diskussion habe ich dann aber von Zero-Residual-Spritzen erfahren, in denen – wie der Name sagt – null Rest zurückbleibt. Diese Spritzen sind ursprünglich für Injektionen ins Auge entwickelt worden, bei denen es auf sehr genaue Dosierungen ankommt.

Und diese Spritzen ermöglichen es, dass weniger Impfstoff einfach in der Spitze zurückbleibt und praktisch nach der Impfung weggeworfen wird?

Genau, aber gerade in der aktuellen Situation, in der der Impfstoff noch so knapp ist, können wir uns das eigentlich nicht leisten. Von der niederländischen Firma „SJJ Solutions BV“ habe ich dann 40 solcher Spritzen probehalber bekommen und selbst testen können.

Bei welcher Gelegenheit?

Bei den zunächst begonnenen Impfaktionen in Senioren- und Pflegeheimen. Und siehe da: Es funktionierte: Statt sechs ließen sich locker sieben Impfdosen aus einer Ampulle aufziehen. Gerne würde ich die sieben Dosen pro Ampulle in Form eines Modellversuchs im Gladbacher Impfzentrum ausprobieren und habe mich deshalb unter anderem an den stellvertretenden Wermelskirchener Bürgermeister Stefan Leßenich und den Landtagsabgeordneten Rainer Deppe (CDU) gewendet. Der hat dann die Sache beim NRW-Gesundheitsministerium vorgetragen, und nach einigen Tagen hat Staatssekretär Edmund Heller dann grünes Licht gegeben. Damit haben wir mit einem Schlag 15 Prozent mehr Impfstoff!

Zusätzliche dosen

Mit zusätzlich gewonnenen Impfdosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs wurde laut Dr. Hans-Christian Meyer kurzfristig nach der Impfreihenfolge berechtigtes medizinisches Personal von über 65 Jahren geimpft, für das der neue Astra-Zeneca-Impfstoff nicht zugelassen ist. Sobald die Spezialspritzen ausreichend zur Verfügung stehen, sollen auf Basis der zusätzlich gewonnenen Biontech/Pfizer Impfdosen zusätzliche Impftermine im Impfzentrum für Über-80-Jährige freigeschaltet werden.

Impftermine werden ausschließlich über die Kassenärztliche Vereinigung vergeben unter (0800) 116 117 01 oder im Internet. (wg)

www.116117.de

Haben Sie denn auch die Spezialspritzen schon im Einsatz?

Noch haben wir die herkömmlichen Spritzen im Impfzentrum, aber ich habe selbst noch 400 von den Zero-Residual-Spritzen, mit denen ich das gerne auch im Impfzentrum ausprobieren würde. Vielleicht wären sogar noch mehr Impfungen als sieben pro Ampulle drin . . .

Noch mehr?

Ja, tatsächlich lassen sich mit den Spritzen 7,5 Impfdosen aus einem Impfstofffläschchen ziehen. Derzeit ist es aber noch nicht erlaubt, eine Spritze mit Impfstoff aus unterschiedlichen Ampullen einer Charge zu aufzuziehen. In Holland ist das in einem bestimmten Verfahren bereits erlaubt.

Wie funktioniert das?

Bei der sogenannten Supplementierung zieht man aus einer Ampulle nach der siebten Impfdosis noch die verbliebene halbe auf und dann aus einer neuen Ampulle derselben Charge den Rest. Wichtig ist, dass nicht einfach alle Reste zusammengeschüttet werden und daraus dann weitere Impfdosen gewonnen werden, sondern nur die eine weitere aus zwei Ampullen, unter sterilen Bedingungen und mit allen übrigen Sicherheitsmaßnahmen. Auch das könnten wir im Impfzentrum Bergisch Gladbach testen.

Also ein nächster Schritt?

Ja, ich würde das einfach gerne unseren Pharmazeuten, die den Impfstoff im Impfzentrum aufbereiten, einmal zeigen. Auch die regelmäßige siebte Impfdosis aus jeder Ampulle könnte bereits entscheidend helfen, der Impfstoffknappheit entgegenzuwirken. Zuverlässig 15 Prozent mehr Impfungen aus derselben Menge von Biontech/Pfizer-Ampullen zu bekommen, wäre ein wichtiger Schritt.

Wie viel kosten denn die Spezialspritzen?

Sicher sind die teurer, als die die wir bislang benutzten. Die liegen im Cent-Bereich, eine Zero-Residual-Spritze kostet schon 1,56 Euro. Aber bei einem Preis von 14 bis 15 Euro pro Impfdosis rechet sich das, zumal angesichts der aktuellen Impfstoffknappheit.

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Apropos Knappheit. Die Hersteller verkaufen ihren Impfstoff doch nach Impfdosen. Könnte es nicht sein, dass sie dann kurzerhand sagen: Wenn Ihr mehr Impfdosen rausbekommt, dann zahlt Ihr auch für eine Ampulle einfach mehr?

Theoretisch schon. Aber ein Vertreter von Pfizer in den Niederlanden hat schon angekündigt, dass sie deshalb nicht mit den Preisen nach oben gehen werden. In anderen Ländern wird das Verfahren mit den sieben Impfdosen ja auch schon praktiziert, in Irland, Holland, den USA und in Dänemark. Da ist es kaum nachzuvollziehen, dass wir das in Deutschland nicht auch schaffen sollten.