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Missbrauchskomplex Bergisch GladbachEmotionale Aussagen von Freunden und Bekannten

Lesezeit 3 Minuten
Jörg L.

Der Angeklagte Jörg L. kommt in den Saal des Kölner Landgerichts. 

  1. Der Kölner Prozess gegen den Angeklagten Jörg. L. aus Bergisch Gladbach ist fortgesetzt worden.
  2. L. soll seine eigene Tochter missbraucht haben und sitzt seit elf Monaten in Untersuchungshaft.
  3. Am sechsten Prozesstag sagten Freunde und Bekannte aus. Es wurde emotional.

Köln – Seinen sechsten Prozesstag vor dem Kölner Landgericht wird Jörg L. womöglich so schnell nicht vergessen. Spätestens an diesem Donnerstagvormittag muss dem 43-jährigen Angeklagten klargeworden sein, dass er sein altes Leben komplett in Trümmer gelegt hat.

Seit seiner Verhaftung vor elf Monaten unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs an der eigenen Tochter sitzt der Bergisch Gladbacher in Untersuchungshaft. Im Gerichtssaal hat er nun erstmals alte Freunde und Bekannte wiedergesehen – sie waren als Zeugen geladen. Und einer nach dem anderen wandte sich von L. ab: sein langjähriger Freund und ehemaliger Vorgesetzter in der Krankenhausverwaltung, Ralf A. genau wie Sarah E., eine gute Bekannte, und schließlich sein bester Freund und engster Vertrauter seit 25 Jahren, Igor W.

Freunde und Bekannte ahnten nichts vom Missbrauch

Sie alle betonen zwar L.s Hilfsbereitschaft, seinen Fleiß, seinen liebevollen Umgang mit seiner Frau und der Tochter. Aber alle beteuern, sie hätten zu keinem Zeitpunkt etwas geahnt von L.s sexuellem Interesse an Kindern. Vom mutmaßlichen Missbrauch an seiner zweijährigen Tochter, von L.s menschenverachtenden Chats mit anderen pädokriminellen Männern. „Wollen Sie ihn bald mal im Gefängnis besuchen?“, will der Vorsitzende Richter von Igor W. wissen. „Nein, ich habe nicht das Bedürfnis“, antwortet der. „Ich trauere um die Freundschaft mit der Person, die ich kannte. Ich habe Wut wegen der Scheiße, die er gebaut hat.“

Sarah E. sagt, sie sei „geschockt“ gewesen, als L.s Ehefrau ihr von der Verhaftung und den Tatvorwürfen berichtete. Und Ralf A., Großvater einer jungen Enkelin, steigen Tränen in die Augen, als er bekennt: „Ich bin noch nie von jemandem so ge- und enttäuscht worden. Ich habe da echt mit zu kämpfen.“ Mehrfach bricht an diesem Tag auch Jörg L. in Tränen aus.

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Neben den Tatvorwürfen ist dies wohl das Erschreckendste an dem Fall: Ein Familienvater schuf sich eine Parallelwelt, ohne dass sein engstes Umfeld auch nur ansatzweise etwas davon mitbekommen hätte – auch wenn es durchaus Hinweise gab. Die aber waren offenbar so spärlich gesät, dass sie niemandem auffielen.

Schalldichtes Heimkino

So sperrte die EDV-Abteilung des Krankenhauses zum Beispiel einmal den Dienstrechner in der Pförtnerloge des Krankenhauses, wo L. mit vier Kollegen arbeitete. Auf dem PC war eine Internetseite mit pubertierenden Kindern und Jugendlichen in Unterwäsche aufgerufen worden. Der Chef, Ralf A., fragte Jörg L. danach, aber der stritt alles ab. „Man dachte dann damals, das waren sicher die Zivis. Die haben ja oft Mist gemacht“, berichtet Ralf A. im Zeugenstand.

Freunde und Bekannte wunderten sich, dass L. das Heimkino im Keller seines Hauses ungewöhnlich schalldicht ausgebaut hatte. Damals gab es keine Erklärung. Heute steht die Frage im Raum, ob er dies tat, um ungestört Kinderpornos schauen zu können? Die Rede ist von einer „Totmann-Schaltung“ an der Tür zum Kinoraum: Wurde die Tür von außen geöffnet, erlosch angeblich das Bild auf der Leinwand. Kommenden Montag wird der Prozess fortgesetzt. Das Urteil soll Anfang Oktober fallen.