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Stiftung Zanders„Papier wird nie ganz aussterben“ – Gladbacher Archivarin im Gespräch

Lesezeit 4 Minuten

Als Magdalene Christ vor 33 Jahren das Firmenarchiv übernahm, bestand ihre erste Aufgabe darin, die Bestände systematisch zu ordnen.

Bergisch Gladbach – Magdalene Christ, Diplom-Archivarin und Geschäftsführerin der Stiftung Zanders, hat mit der Papiergeschichtlichen Sammlung 33 Jahre lang ein Stück Stadtgeschichte gepflegt. Nun geht sie in den Ruhestand.

Papier war lange Ihr Metier. In welcher Form haben Sie es am liebsten?

Magdalene Christ: In Form von handgeschriebenen Briefen und Akten. In der Handschrift liegt die Persönlichkeit und selbst aus der Unterschrift kann man noch viel ablesen. Wir haben hier Schreiben ab der Firmengründung 1829 – also über 100 Jahre handgeschriebene Stücke, bevor dann Schreibmaschine und Computer kamen.

Worin haben Sie hier Ihre wichtigste Aufgabe gesehen?

Ich war hier die erste fachlich ausgebildete Archivarin und habe die Bestände erst einmal systematisiert. Vieles fand sich verstreut in der Firma. Ich bin mit 500 Umzugskartons ins Kulturhaus Zanders eingezogen. Ein PC mit einem Datenverarbeitungsprogramm existierte nicht. Es gab allein 2500 historische Fotos, die teilweise geknickt worden waren, damit sie in Schuhkartons passten – da hat die Archivarin in mir schon fast einen Herzinfarkt bekommen.

Bei der offiziellen Verabschiedung durch Vorstand und Kuratorium im Kulturhaus Zanders: Magdalene Christ mit Hans Wolfgang Zanders, ihrer Nachfolgerin Catrin Riquier und Jürgen Drissler. (v.l.)

Welche Bedeutung hat die Einrichtung. Gibt es ähnliches in Deutschland?

Es gibt in Leipzig eine papiergeschichtliche Sammlung im Deutschen Buch- und Schriftmuseum mit Exponaten aus ganz Deutschland. Das Besondere der Sammlung hier ist, dass die Zanders-Firmendokumente fast vollständig überliefert sind und sowohl Firmen- als auch Familiengeschichte dokumentieren. Ich musste nichts auswählen oder wegwerfen. Die Firmengeschichte ist ja auch ein Teil der Stadtgeschichte. Ich vergleiche das immer mit Krupp in Essen. Für das kleinere Gladbach hatte Zanders diese Bedeutung.

Welche Schätze liegen hier?

Die Privatbibliothek von Maria Zanders mit 1600 Büchern in den originalen Bücherschränken, 2500 historische Fotos, das älteste eine Daguerreotypie von 1843, auf der ein Mitglied der Zanders-Familie abgelichtet ist. 557 Schöpfsiebe, 10400 sogenannte Ausfallmuster, die als Belege für die Bestellungen der Kunden dienten. Egal, welches Thema wir als Ausstellung vorbereiteten, in der von mir aufgebauten Papier-Datenbank wurde ich fündig. Etwa beim Stichwort „Indien“. Da hatte ich direkt einen Treffer, Karteikartenpapier aus dem Jahr 1914, das nach London geliefert worden war, weil die Behörden dort auf den Karten indische Einwanderer registrierten.

Welche Kunden wurden beliefert?

Zeitweise hat Zanders mit seinen Feinpapieren 50 Prozent seines Umsatzes weltweit gemacht. Zu den Kunden zählte der Papst in Rom ebenso wie der Schah von Persien.

Mehr als 550 Schöpfsiebe, 2500 Fotos und 10500 Papiermuster umfasst das Magazin heute.

Sie haben zahlreiche Ausstellungen konzipiert. Welche war die für Sie wichtigste?

In den drei Jahrzehnten waren es mehr als 60 Ausstellungen, weil ich das Kulturhaus als Kulturstandort in der Stadt etablieren und die Bestände der Öffentlichkeit zugänglich machen wollte.

Die schönste Ausstellung war für mich „Herz ist Trumpf“ zur Geschichte der Spielkarte aus Papier im Jahr 2002, zum 25-jährigen Bestehen der Stiftung. Zanders hatte nämlich auch eine Produktionsmaschine für Spielkarten. Da war ein Wahrsager zum Kartenlegen hier, wir haben alte Lern-Quartette gezeigt, sowie Kartenblätter, die von Dali gestaltet worden waren. Das hat Kinder ebenso angezogen wie Erwachsene.

Welche Bedeutung hat für Sie die Papiergeschichtliche Sammlung in Zeiten der Digitalisierung?

Papier und Handschriften werden nie ganz aussterben. Papier hält mehr als 100 Jahre, elektronische Speichermedien müssen alle paar Jahre neu formatiert werden, damit sie weiter lesbar sind.

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Was wünschen Sie sich?

Ich wünsche mir, dass bei der Neuentwicklung des Zanders-Areals die Historie miteinbezogen wird, Infotafeln und vielleicht auch mit einigen Objekten aus der Produktion, die an die Tradition der Papierherstellung an diesem Ort erinnern. Diese Originale aus den Werkhallen haben unglaublich viel Charme.

Wie geht es mit der Sammlung weiter? Und mit Ihnen?

Die Stiftung Zanders mit der Papiergeschichtlichen Sammlung bleibt vorläufig hier im Kulturhaus an der Hauptstraße und wird weitergeführt von Catrin Riquier, die ja bereits Geschäftsführerin des Altenberger Dom-Vereins ist. Das Kuratorium hat sie auch als Geschäftsführerin der Stiftung gewinnen können. Ich werde stundenweise beratend zur Seite stehen, denn die Sammlung liegt mir sehr am Herzen.