Papierfabrik ZandersMitarbeiter sollen Spinde räumen und Verhandlungen abwarten
Bergisch Gladbach – „Alles total irreal“, so kommentieren Zandrianer, was in den vergangenen Tagen rund ums Werk passiert. Auf der einen Seite wird offiziell immer weiter verhandelt – auf der anderen werden die Mitarbeiter informiert, dass sie bereits am Montag nicht mehr im Werk erscheinen sollen. Jedenfalls für den Fall, dass sie keine andere Nachricht erhalten. Teilweise wurden sie aufgefordert, ihre Spinde zu räumen.
Es gibt nach Informationen dieser Zeitung eine letzte Frist: Wenn nicht bis, Freitag den 30. April, bis 24 Uhr CO2-Zertifikate gekauft werden, wird ein Bußgeld in Höhe von drei Millionen Euro gefordert. Wie die Verhandlungen laufen, ist schwer einzuschätzen. Jeder der Beteiligten hat seine Rolle, sein Interesse.
Beteiligte haben unterschiedliche Interessen
Der Insolvenzverwalter II Mark Boddenberg ist die Schlüsselfigur. Sein Spielraum endet, wenn er nicht darstellen kann, dass die Firma Zanders mit einem tragfähigen Geschäftsmodell fortgeführt werden kann. Und um dieses Geschäftsmodell und dessen Finanzierung dreht sich alles. Er muss darauf bestehen, dass die Zertifikate gekauft werden. Und er muss darauf bestehen, dass das Unternehmen insgesamt mit Liquidität versorgt wird. Und er hatte Hoffnung verbreitet.
Die Auftragsbücher von Zanders seien voll und ein Investor könne das Werk praktisch geschenkt übernehmen. Aber die Suche nach einem zahlungskräftigen Investor endete schnell – übrig blieb nur die Jool-Gruppe, mit deren Chef Tom Holander. Also genau der Besitzer, mit dem Zanders die zweite Insolvenz anmelden musste.
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Der Investor Die Jool-Gruppe war im Frühjahr 2019 bei Zanders eingestiegen. Und galt als Hoffnungsträger. Unklar ist bis heute, wie viel Geld Jool bei Zanders tatsächlich investiert hat. Mit der Stadt lag das Unternehmen praktisch im Dauerclinch beim Thema Mietvertrag.
Die Stadt pochte auf belastbare Zahlen und Investitionszusagen. Jool-Chef Holander wollte erst investieren, wenn er einen lanfristigen Mietvertrag hatte. An dieser Konstellation änderte sich bis zuletzt nichts.
Als Eigentümer der Immobilie bestand die Stadt auf belastbare Gutachten, die zumindest mittelfristig den Fortbestand der Papierfabrik garantierten. Wie jeder Vermieter müsse die Stadt darauf achten, dass der Mieter zahlungsfähig sei.
Zuletzt hatte die Stadt Zanders auf dem Gelände nur noch „geduldet“ – es gab keinen Pachtvertrag mehr und die Stadt hätte jederzeit die Räumung verlangen können. Die Pacht kam auch nicht von Zanders, sondern von dem Verwalter der ersten Insolvenz, Marc d’ Avoine.
Zukunft der 400 Zandrianer ungewiss
Marc d’Avoine ist der Verwalter aus der ersten Insolvenz hat ein überragendes Interesse, dass Zanders weiter produziert. Ihm gehören die Maschinen, aber – und noch wichtiger – er ist im Falle der Werksschließung auch verpflichtet, das Gelände praktisch besenrein zu übergeben.
Das ist in jedem Fall ein hoher zweistelliger Millionenbetrag. Aber es gibt eine rote Linie die d’Avoine nicht gehen kann: Er darf kein frisches Geld ungesichert ins Werk geben.
Der Betriebsrat rund um dessen Vorsitzenden Taner Durdu kämpft und versucht mit immer neuen Konstrukten Zanders zu retten. Hier stehen einzig und allein die Existenzen von rund 400 Zandrianern und ihren Familien im Fokus.