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ProzessBergisch Gladbacher Seniorin um 100.000 Euro erleichtert – Ein Trick der Enkelin?

Lesezeit 3 Minuten
Eine Pflegerin hält die Hand einer Bewohnerin in einem Seniorenzentrum.

Eine junge Frau hält die Hand einer Seniorin (Symbolfoto).

Eine Grundschullehrerin steht im Verdacht, ihre mittlerweile verstorbene Oma in Bergisch Gladbach um 100.000 Euro erleichtert zu haben.

Es ist eine Situation, die man keinem wünscht: Die 46 Jahre alte Enkelin einer verstorbenen wohlhabenden Bergisch Gladbacherin steht vor Gericht, weil sie 100.000 Euro aus dem erwarteten Erbe der Oma vor deren Ableben für sich selbst abgezweigt haben soll.

Ruchbar wurde die Angelegenheit, weil das Testament anders ausfiel als erwartet und der am Ende eingesetzte Erbe, ein entfernter Verwandter, Anzeige erstattete. Der erste Versuch, den Untreue-Vorwurf strafrechtlich zu klären, scheiterte indes, weil Zeugen fehlten; nun muss es im Herbst oder Winter einen neuen Anlauf geben.

Enkelin verkauft Aktien der Oma, um eigene Heizung zu finanzieren

In der ersten Verhandlung beteuerte Enkelin Corinna T. (Namen geändert) wortreich ihre Unschuld und sprach über das lange und besondere Vertrauensverhältnis zwischen ihr und Oma Else. Die hatte der Enkelin frühzeitig eine General- und Vorsorgevollmacht ausgestellt für den Fall, dass sie ihre Dinge einmal nicht mehr selbst regeln könne.

Diese Vollmacht, so die Anklage, missbrauchte Corinna, indem sie am 1. August 2022 zum Geldinstitut der Großmutter ging und den Verkauf von Aktien im Wert von 100.000 Euro verfügte. Das Geld ging auf Corinnas Konto.

Meine Oma und ich hatten immer ein sehr gutes Verhältnis, sehr eng und verständnisvoll.
Die Angeklagte vor Gericht

„Meine Oma und ich hatten immer ein sehr gutes Verhältnis, sehr eng und verständnisvoll“, sagte Corinna vor Gericht. Die Oma habe sie mit erzogen, da die Mutter noch sehr jung gewesen sei. „Oma unterstützte mich immer, auch finanziell, als ich studierte, um Grundschullehrerin zu werden.“ Die Oma sei selbst Lehrerin gewesen und habe sich sehr über die Berufswahl gefreut.

Unterstützung habe es auch später gegeben, als Corinna fern der Bergisch Gladbacher Heimat ein Gehöft erworben habe: „Ich konnte immer auf ihre Hilfe vertrauen.“ Dann seien die Energiekosten explodiert, von den insgesamt sechs Kindern von Corinnas Patchwork-Familie hätten drei noch zu Hause gelebt. Eine Photovoltaikanlage für 30.000 und eine neue Heizung für 60.000 Euro seien fällig geworden und dies und das, „und Oma sagte: ‚Corinna, das Geld ist doch eh für euch, aber regel du das.‘ Es ging ihr schlecht.“

Großmutter stirbt wenige Monate nach der Transaktion

Nachdem die Transaktion vollzogen war und eine weitere Enkelin 45.000 Euro kassiert hatte, meldete sich der als Erbe eingesetzte Verwandte und forderte Vollmacht und Geld. Die Vollmacht bekam er, das Geld hatte Corinna schon aufgebraucht.

Was Oma Else wirklich gewollt hat und warum, kann sie nicht mehr gefragt werden: Sie starb Ende November 2022. Ob sie in ihren letzten Monaten sie verändernde Medikamente bekommen haben könnte, wie dies am ersten Prozesstag im Gerichtssaal anklang, ist fraglich. In einem zweiten Anlauf am Bensberger Amtsgericht werden demnächst wohl alle, die etwas über den mutmaßlichen wirklichen Willen von Oma Else sagen können, als Zeugen auftreten müssen.