ErfahrungsberichtIm E-Auto auf der Suche nach Schnäppchen-Strom in Rhein-Berg
Bergisch Gladbach – Mein erstes Elektro-Auto, einen französischen Kleinwagen, den ich auf den Namen E-gon getauft hatte, musste ich Anfang Juni nach drei Jahren Leasing wieder zurückgeben, doch mittlerweile ist, mit leichter Verspätung, der Nachfolger eingetroffen. E-gon II. ist elektrisch, aber ein ziemlicher Flitzer, kreiert von einem Amerikaner mit einem ganz ähnlichen Vornamen. Der König ist tot, es lebe der König.
Mit Egon II. macht das Fahren noch mehr Spaß als mit Egon I. Für einen wie mich, der sich vor fast vier Jahren aus ökologischer Überzeugung für das damals noch abenteuerliche Unternehmen E-Auto entschied, ist es fast schon verboten viel Spaß.
Bergisch Gladbach: Schluss mit lustig an Tankstellen
Wenn da nicht jetzt das Problem mit der Kohle wäre. Für 100 Kilometer brauche ich Pi mal Daumen 15 kWh. Die niedrigen Kraftstoffkosten waren bisher stets ein hübscher Nebeneffekt meiner Öko-Überzeugung.
Noch bis Oktober 2021 gab’s den E-Strom beispielsweise bei der Belkaw in Bergisch Gladbach sogar für lau. Heute ist nicht nur an den Tankstellen, sondern auch an den Ladesäulen Schluss mit lustig. „Die Preise fliegen über den Markt“, hätte der gallische Krieger und Hinkelstein-Produzent Obelix das Phänomen beschrieben: Die Strompreise gehen nach oben, und das leider auch beim Ladestrom.
Schnäppchenjagd setzt auch beim E-Auto ein
Für mich bedeutet dies, dass die Schnäppchenjagd, die ich noch aus meiner vorelektrischen Benziner-Zeit kenne (Geheimtipp war damals immer der frühe Abend) jetzt auch beim E-Auto einsetzt. Allerdings sind beim E-Tanken die Preise bisher nicht tageszeitabhängig, sondern anbieterabhängig.
Sie mögen es gerne konkret? Nun gut, im Schnellladepark von Tesla in Troisdorf-Spich habe ich einmal (und danach noch nicht wieder) den Apothekenpreis von 58 Cent pro Kilowattstunde Strom bezahlt.
E-Strom bei Aldi billiger
Dagegen zahle ich beispielsweise beim Lebensmittel-Discounter Aldi oder im „Ladenetz“-Verbund, für den ich als Haushaltsstromkunde der Stadtwerke Rösrath eine Zutrittskarte habe, nur 39 Cent pro Kilowattstunde. Es soll sogar noch teurere und noch günstigere Angebote geben, aber fast 50 Prozent Preisunterschied bei ansonsten annähernd gleicher Leistung sind ja eigentlich schon happig genug.
Um die Ladepreise zu vergleichen, muss man sich allerdings ein kleines bisschen auskennen. E-Autos lassen sich nach dem von ihnen verwendeten Strom in zwei Klassen aufteilen. Die einen (zum Beispiel Egon I.) vertragen nur Wechselstrom, englisch abgekürzt mit AC. Der ist Standard an den Ladesäulen in den Städten und wird gemeinhin deutlich billiger verkauft als Gleichstrom (DC).
Laden dauert mehrere Stunden
Allerdings dauert das Laden mehrere Stunden. Die anderen Autos (so auch Egon II.) schaffen sowohl Wechselstrom als auch Gleichstrom. Letzterer ist zwar teurer, aber das Laden geht damit viel, viel schneller und macht die E-Autos damit auch langstreckentauglich.
Zweite Voraussetzung für einen Preisvergleich ist Kostentransparenz. Ladesäulen haben bekanntlich keine Preisschilder. Wo erfahre ich den Preis stattdessen? Als weißer alter Mann entscheide ich mich fürs Internet. So geschehen, als ich letzten Sonntag in der Redaktion arbeiten musste und Egon II. in dieser Zeit ausnahmsweise eine Ladung Belkaw-Wechselstrom zukommen lassen wollte. Ich suchte im Internet nach dem Preis und fand an mehreren Stellen, darunter auf der Unternehmens-Homepage, 39 Cent – also immer noch den Preis, mit dem die Belkaw zum 1. Oktober 2021 ihre Strom-für-lau-Politik beendet hatte.
Ein Skandal, der keiner ist
Umso erstaunter, um nicht zu sagen entrüsteter, war ich, als ich mich nach dem Laden weiter durchklickte und in den Tiefen der App las, dass der Kilowattstundenpreis mittlerweile bei 45 Cent liegt – 15 Prozent mehr. Nepp ist das, ein Skandal für ein halböffentliches Unternehmen – dachte ich.
Jedoch ist die Welt aber nicht nur schwarz und weiß, sondern auch grau. Bei der Belkaw und ihrem TankE-Netzwerk heißt dieser ganz spezielle Grauton „Neue Tarife“. Die standen zwar nicht im Schaufenster beziehungsweise auf der Homepage, wurden aber den Kunden, so auch mir, schon am 24. Mai per E-Mail mitgeteilt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Was lernen wir daraus? Das halbstädtische Unternehmen hat seinen Schaufensteraushang verbaselt und ich den Überblick über meine privaten E-Mails. Das macht 1:1, unentschieden. Auch egal. Ich habe mich jetzt entschieden, mich nicht länger über die Ladestrompreise zu ärgern, sondern wieder öfter mit Bus und Bahn zu fahren. Das spart Geld, schont die Umwelt und spart auch noch saubere Energie – was ja seit Februar einen ganz neuen Stellenwert bekommen hat.