Ende des TankrabattsLange Schlangen vor den Tankstellen in Rhein-Berg
Rhein-Berg – Eine Frau in ihrem Opel gestikuliert und lacht. So richtig ist am Mittwochabend an der Jet-Tankstelle an der Hauptstraße in Gladbach nicht zu erkennen, welcher Wagen nun an welcher Zapfsäule wartet. Zehn Fahrzeuge gleichzeitig wollen noch einmal auftanken, bevor der sogenannte Tankrabatt ausläuft.
Der Tankrabatt war genau genommen eine Senkung der Energiesteuer, bei Benzin von rund 35 Cent (30 Cent Senkung der Energiesteuer plus fünf Cent Ersparnis bei der Mehrwertsteuer) und bei Diesel von nur 17 Cent (14 Cent Energiesteuer, drei Cent Mehrwertsteuer) je Liter, rechnet der ADAC vor.
Stau in Bergisch Gladbach
„Wer weiß, wie es ab morgen wird“, sagt ein Mann, der ebenfalls darauf wartet, Benzin nachzutanken. Dass er gerade jetzt an der Zapfsäule wartet, habe aber nicht nur mit dem auslaufenden Tankrabatt zu tun. Er tanke ohnehin meistens abends, weil der Sprit dann weniger koste. Während er an der Tankstelle wartet, bis er dran ist, beginnt sich der Verkehr stadteinwärts vor der Tankstelle so langsam zu stauen.
Nicht ganz so voll, aber ebenfalls gut gefüllt ist es an der BFT-Tankstelle an der Bensberger Straße in Heidkamp. „Ich fand es richtig, dass an den Preisen etwas gemacht wurde“, sagt eine junge Frau, die im Begriff ist, in ihren schwarzen VW zu steigen, nachdem sie getankt hat. Es werde sowieso alles teurer. Sie hofft, dass der Preisanstieg nicht zu hoch sei.
Gladbacher Tankstellenbetreiberin ist besorgt
Laut Clarissa Miebach, Betreiberin der Tankstelle, sei der Andrang in der vergangenen Wochen schon hoch gewesen. Gleichzeitig sei die Versorgungslage schwierig. Denn zum Beispiel durch das Niedrigwasser im Rhein könnten Schiffe das Rohöl nicht mehr in den gewohnten Mengen zu den Raffinerien fahren. Das wiederum wirke sich dann auf die Tankstellen aus, zum Beispiel bei der Versorgung mit Super-Kraftstoff. „Die letzten zwei Wochen waren die reinste Katastrophe“, sagt sie. Am Donnerstag sei bisher viel los gewesen, das liegen aber vor allem daran, dass es der erste des Monats sei. Einen Einbruch wegen höherer Preise kann Clarissa Miebach nicht ausmachen.
Der ADAC schreibt in einer Bewertung zum Tankstellenrabatt, dass eine Fortsetzung „zwar vordergründig aus Verbrauchersicht wünschenswert erscheinen mag, aber den Bedarf zum Energiesparen in der für den Herbst zu erwartenden Energieknappheit nicht hinreichend unterstützen würde“.
ADAC-Funktionär fordert Alternativen
ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand: „Wir müssen bessere Wege für eine Entlastung der Bevölkerung suchen. Deshalb schlagen wir vor, direkte Entlastungen im Mobilitätssektor auf besonders Betroffene zu konzentrieren, also auf Berufspendler, und fordern, die Entfernungspauschale für den Arbeitsweg bereits ab dem ersten Kilometer auf 38 Cent zu erhöhen.“ Er kritisiert zudem, dass die Steuersenkung auf Kraftstoffe, also der Tankrabatt, nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben worden sei.
Deutliche Preisanstiege sind in den Tankstellen in Rhein-Berg von Mittwochabend auf Donnerstagmorgen nicht zu verzeichnen. Schon in den vergangenen Wochen waren die Preise wieder langsam gestiegen. Wie Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbandes des Tankstellengewerbes mit Sitz in Bonn, prophezeit, werde der Benzinpreis in den kommenden Tagen wohl wieder etwas zurückgehen.
15 Prozent des Diesel-Kraftstoffs kommen aus Russland
Die Tankstellen müssten sich nach den drei Monaten erst wieder im Wettbewerb zurechtfinden, meint er. „Beim Diesel bekommen wir aber echt Versorgungsprobleme“, malt er ein düsteres Szenario. Und das wirke sich eben auch auf den Preis aus. Im Schnitt bezögen die Tankstellen rund 15 Prozent ihres Diesels aus Russland. „Und diese Mengen fehlen.“ Die Raffinerien arbeiteten schon am Anschlag, um das auszugleichen. Und Tankstellen und Raffinerien litten ebenfalls unter steigenden Energiepreisen. „Ich habe Mitglieder, die vor 80 000 Euro Mehrkosten an Strom stehen. So eine Waschanlage zum Beispiel braucht viel Energie.“
Grundsätzlich findet Ziegner es schade, dass die Steuersenkung – Ziegner vermeidet bewusst das Wort Tankrabatt – ausgelaufen ist. „Aber wir leben in Deutschland nicht auf einer Insel.“ In den vergangenen drei Monaten habe man hier den Tanktourismus zurückfahren oder sogar umkehren können: Heißt, in Grenzgebieten seien die Menschen nicht mehr ins Ausland gefahren, um billiger zu tanken.
Das könnte Sie auch interessieren:
Stattdessen seien Menschen aus Österreich oder Frankreich nach Deutschland gekommen, um zu tanken. Das werde mit dem Auslaufen der Steuersenkung nun wieder anders, so Ziegner. „Deshalb kann es in Ostdeutschland beispielsweise zu massivem Tankstellensterben kommen“, so Ziegner. In den Nachbarländern sei der Sprit bereits wieder billiger.