Bergisch Gladbach – Brauche ich schon ein Hörgerät? Kann ich vielleicht die Hörhilfe des verstorbenen Opas gebrauchen? Dies war eine der häufigsten Fragen bei der gestrigen Telefonsprechstunde zum Thema Schwerhörigkeit in der Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Drei Hals-Nasen-Ohrenärzte (HNO) und ein Geräte-Akustikmeister gaben eine Stunde lang Antwort auf die Fragen der Anrufer.
Mit den gebrauchten und geerbten Hörgeräten ist das so eine Sache. Ist es älter als drei Jahre, ist es vielleicht technisch schon überholt. Und es könnte schwierig werden mit der Kosten- und Anpassungssituation. „Zuerst muss der HNO-Arzt die mangelnde Hörfähigkeit diagnostizieren“, vermittelte Geräte-Akustikmeister Martin Drillken. „Dann müssen wir abklären, ob es ein geeignetes Ohrpass-Stück gibt.“ Dies und die Arbeitsleistung des Akustikers werde von der Krankenkasse nicht erstattet. „Eine genau angepasste Hörhilfe ist da oft sinnvoller.“ Außerdem: Seit 2011 gebe es von der Krankenkasse mehr Zuschüsse – über 700 Euro für jedes Ohr.
Hörnerven wieder aufbauen
Da überlegte mancher Anrufer, ob nicht ein Hörgerät reicht. „Manchmal ist tatsächlich nur ein Gerät vonnöten. Aber bitte nicht sich aus Kostengründen auf ein Gerät beschränken“, riet HNO-Mediziner Dr. Lars Kunz aus Refrath. „Für räumliches Hören, zum Beispiel einen nahenden Lastwagen orten, braucht man beide Ohren.“ Bleibe eine Ohr unversorgt, funktioniere das nicht.
„Kann ich wieder ins Konzert gehen, wenn ich Hörgeräte bekomme?“ fragte ein Senior. „Ja, man kann sich bewusst auf die Situationen einstellen, die Hörnerven wieder aufbauen für das differenzierte Hören“, sagte HNO-Arzt Dr. Georg Lamshöft aus Bensberg. Aber, so stellt HNO-Arzt Dr. Martin Förmer aus Rösrath, klar, es könne Wochen dauern, bis durch die Anpassung ein Hör-Optimum erreicht sei: „Prioritäten bei der Erlangung der Hörfähigkeit sind die Dialoge mit anderen und die akustische Einschätzung im Straßenverkehr.“ Die Klangfülle bei Konzerten könne zu Schwierigkeiten führen, müsse besonders gut eingestellt werden.
Gibt es Hörgerät, die man nicht sieht am Ohr? Standard sei früher das Gerät hinterm Ohr mit eine Zuleitung ins Ohr gewesen, informierte Lamshöft: „Heute setzt man Geräte direkt im Ohr ein. Neuere Entwicklungen sind die offenen Hörgeräte, die den Hörgang nicht verschließen.“ Aber die seien nicht immer einsetzbar.
Auch die bei vielen Menschen sehr beliebte Entfernung des Ohrenschmalzes war ein Thema bei den Anrufen. Soll man oder soll man nicht selbst zur Tat schreiten? Denn durch solch einen Schmalzpfropfen kommen die Geräusche oft nur dumpf an. Die Hörfähigkeit wird vermindert. „Der Pfropfenmuss entfernt werden, sonst können sich dahinter Hefepilze und Pilzkulturen entwickeln“, so Förmer. Und die könnten ziemlich streng riechen. Aber selbst entfernen mit Wattestäbchen, Haar- oder Büroklammer sei gefährlich: „Der Gehörgang ist ultraempfindlich, weil er kein Unterhautfettgewebe hat. Die Haut ist extrem dünn. Eine Schädigung kann zu chronischen Entzündungen führen.“ Auch das Trommelfell könne leicht verletzt werden. Nur der HNO-Arzt könne den Gehörgang durch ein Mikroskop betrachten und vorsichtig das Schmalz entfernen.