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FerienkursWie Kinder in Bergisch Gladbach schwimmen lernen

Lesezeit 5 Minuten
Adrian springt mit einem Schwimmbrett vom Beckenrand.

In einem Intensivkurs lernen Adrian und Anna schwimmen.

Kinder können nicht mehr so früh schwimmen, wie noch vor einigen Jahren und brauchen länger, bis sie ihr Abzeichen bekommen.

Adrian steht mit Schwimmflügeln und Schwimmnudel am Beckenrand, schaut von seiner Schwimmlehrerin Marieke Hachenberg in das tiefe Wasser und wieder zurück. Noch traut er sich nicht hineinzuspringen, in seinem Blick steht aber Entschlossenheit. Nach einigen Sekunden kündigt er an: „Jetzt springe ich“ holt aus und platscht ins Wasser.

„Man muss nur lang genug warten, irgendwann springen sie schon“, sagt Hachenberg und lächelt. Adrian schwimmt zur nächsten Leiter, klettert aus dem Becken und sagt: „Ich liebe schwimmen!“ Schon ist er wieder am anderen Ende des Beckenrandes. Jetzt ist Anna an der Reihe. Sie presst die Lippen zusammen, umklammert die Schwimmnudel und springt ins Wasser.

Die beiden sind zwei von acht Kindern, die an einem der Intensivschwimmkurs für Kinder der Bädergesellschaft Bergisch Gladbach teilnehmen. In den Ferien bietet die Bädergesellschaft neben Kursen für Erwachsene, diese Kurse für Kinder verschiedener Altersklassen an. Die Kurse laufen in den Ferien jeweils drei Wochen und finden dreimal die Woche statt.

Anna liegt auf dem Rücken im Wasser und wird durch ihre Lehrerin und eine Schwimmnudel unterstützt.

Anna lernt, wie man auf dem Rücken den Kopf über Wasser hält.

Normalerweise schwimmen im Wasserbewältigungskurs von Adrian und Anna noch fünf andere Kinder mit. Die seien vermutlich schon im Urlaub, vermutet Hachenberg. So dreht sich in dieser Stunde eben alles nur um die beiden – und die Sportstudentin muss nicht sieben, sondern nur zwei Kinder im Auge behalten, das sei auch mal ganz entspannt. „Ich zähle sonst nur durch und schaue immer, ob noch alle Köpfe über Wasser sind“, erzählt sie.

Die Kinder wechseln wieder ins Nichtschwimmerbecken, in dem sie als Nächstes eine Übung machen, bei der es darauf ankommt, dass ihre Köpfe nicht über Wasser sind: Sie sollen nach einem Ring greifen, der auf einer Ter Treppenstufen am Eingang des Beckens liegt. Dazu müssen sie mit dem Kopf unter Wasser – das kostet sie einige Überwindung. Besonders Anna zögert, aber wenn sie einmal unter Wasser ist, bleibt sie da auch lange.

Im Nichtschwimmerbecken üben die beiden außerdem, wie sie Blubberblasen im Wasser machen, wie sie mit einem Schwimmbrett ins Wasser springen oder den Kopf oben halten, wenn sie mit auf dem Rücken durchs Wasser treiben.

Die Kinder schwimmen mit einer Schwimmnudel.

Adrian fühlt sich im Wasser schon sehr wohl.

Marieke Hachenberg scheint der Job Spaß zu machen, auch wenn er oft anstrengend sei. Sie gibt den Kindern die Zeit, die sie brauchen, bis sie sich trauen, eine Übung mitzumachen und verliert nicht die Geduld, wenn es mal etwas länger dauert. „Es ist schön zu sehen, wie Kinder sich freuen und wie viel Spaß sie am Wasser haben. Und man verdient gut“, sagt sie.

28 Euro pro Stunde zahlt die Bädergesellschaft ihren Schwimmlehrerinnen und Schwimmlehrern. „Und trotzdem haben wir Schwierigkeiten, Leute zu finden“, erklärt Kursverwalter Lothar Jux. Er wisse nicht genau, woran das liegt. Er vermutet, dass es eine Mischung aus verschiedenen Gründen sein könnte: Vielleicht ist Bergisch Gladbach für Kölner Sportstudierende zu weit weg, oder der Job ist für einige mit zu viel Verantwortung verbunden.

„Als Schwimmlehrer braucht man das Entengen. Man muss die Kinder immer vor sich schwimmen haben“, erklärt Jux. Er komme selbst aus dem Sport und war Sportlehrer, deswegen könne er es nicht verstehen, wieso Sportstudierende die Möglichkeit nicht ergreifen, um Erfahrung zu sammeln. „Das ist auch ein guter Weg, um zu schauen, ob das überhaupt das richtige Studium für einen ist. Wenn ich nach dem Master auf einmal vor einer Klasse stehe und merke, dass das gar nicht meins ist, ist es zu spät“, findet er.

Zwischendurch treiben die Kinder auf einer Schwimmmatte.

Zwischendurch treiben die Kinder auf einer Schwimmmatte.

Außerdem sieht er noch ein größeres Problem: Kinder würden immer später schwimmen lernen, manche sogar gar nicht. „Das ist lebensgefährlich“, sagt er. Immer wieder würden Kinder ertrinken, weil sie mit ihren Freunden ins Freibad oder an den See gehen, aber nicht richtig schwimmen können.

„Das liegt zum einen daran, dass es in der Schule fast keinen Schwimmunterricht mehr gibt. Seit es Anfang der 90er schwere Unfälle Schulschwimmen gab, sind die Auflagen strenger geworden. Und das machen besonders Grundschulen nicht mehr mit“, sagt er. Zum anderen würden immer mehr Kinder sehr behütet aufwachsen und sich weniger bewegen würden, als früher. „Wenn sie sich kein Knie mehr aufschlagen oder nicht mehr auf Bäume klettern dürfen, fehlt ihnen diese motorische Erfahrung“, erklärt er.

Kinder brauchen länger fürs Seepferdchen

Das mache sich in der Stundenanzahl, die die Kinder brauchen, bis sie das Seepferdchen abgeschlossen haben, deutlich. Mittlerweile liege der Durchschnitt bei deutlich über 20 Stunden. „Früher lagen wir deutlich unter 20. Das mag hier und da auch am Schwimmlehrer liegen, aber in der breiten Masse kann man große motorische Defizite erkennen“, sagt er.

Deswegen sei es ihm auch wichtig, diese Ferienkurse anzubieten. Die seien in den vergangenen Jahren auch innerhalb von Minuten ausverkauft gewesen. Nur in diesem Jahr seien nicht alle Plätze weggegangen. Im Schwimmunterricht hätten die Kinder die Möglichkeit, in kurzer Zeit viel Erfahrung zu sammeln.

„Und sie werden auch vor andere Herausforderungen gestellt: Sie müssen sich in einer Gruppe zurechtfinden und auf den Schwimmlehrer hören. Sie brauchen also soziale Kompetenzen und bauen sie aus“, sagt Jux. Wenn sie Kinder zu klein seien, hätten sie manchmal noch Schwierigkeiten in Gruppen, oder damit, von den Eltern getrennt zu sein. Deswegen hätte die Bädergesellschaft das Mindestalter auf fünf hoch verlegt.

Adrian und Anna hören jedenfalls sehr gut auf ihre Schwimmlehrerin. „Das funktioniert eigentlich immer gut. Es gibt nur manchmal jemanden, der ein bisschen ausreist, aber das ist okay“, sagt sie. Zum Abschluss dürfen die beiden noch einmal machen, was sie wollen: Sie springen im flachen Wasser vom Beckenrand – und das nach einigen Versuchen sogar nahezu ohne Hilfe.