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Interview zu Zanders-Ausschuss„Nicht jedes Gebäude kann erhalten werden“

Lesezeit 5 Minuten

Junges Leben zwischen alten Industriebauten: So wie auf dieser von der Bergisch Gladbacher Stadtverwaltung veröffentlichten Collage könnte es einmal auf dem Gelände der früheren Papierfabrik aussehen.

Bergisch Gladbach – Der für das Zanders-Gelände zuständige Ausschuss hatte seine erste Sitzung. Was sich zunächst wie ein formaler Verwaltungsakt anhört, ist für die Stadt eine Art Quantensprung. Bei dem mit Abstand wichtigsten Projekt für die Stadt werden alle Fragen in einem Ausschuss gebündelt und öffentlich diskutiert. Matthias Niewels hat mit dem Ausschussvorsitzenden Christian Buchen (CDU) gesprochen.

Herr Buchen, zufrieden mit der ersten Sitzung?

Buchen: Sehr, wirklich. Ich finde, es ist gut gelungen darzustellen, dass es nicht um einen Masterplan, sondern um einen Strukturplan geht. Und es waren viele interessierte Bürgerinnen und Bürger da. Das finde ich gut und das darf gerne so bleiben!

Masterplan, Strukturplan – was sind die Unterschiede?

Beim Masterplan liegt ein fertiger Entwurf vor. An diese Stelle des Areals kommt das, an diese das und so weiter. Jeder Quadratmeter ist verplant und dann muss nur noch gebaut werden. Beim Strukturplan geben wir erst einmal einen Rahmen. Wir legen Strukturen fest, in denen dann über die Nutzungen gesprochen wird. Das Gelände kann sich so über die Zeit entwickeln.

Immer noch ziemlich abstrakt, so ein Strukturplan.

Also wir haben uns zum Beispiel darauf festgelegt, die vorhandenen Straßenachsen auf dem Werksgelände zu erhalten. Die liegen wie ein Skelett über dem gesamten Plan. Das ist eine verkehrliche Struktur, in der wir die weiteren Nutzungen denken müssen.

Keine neuen, schönen, breiten Durchgangsstraßen über das Zanders-Gelände also?

Genau. Die wird es nicht geben. Da sind wir uns alle einig.

Das holländische Planungsbüro Karres en Brand hat den radikalen Ansatz gewählt, dass alle Gebäude des Zanders-Werkes, nicht nur die denkmalgeschützten, erhalten bleiben sollen. Ein realistischer Ansatz?

Zunächst einmal geht es wieder um eine Struktur. Wenn wir so denken, dass der Charme des Werkgeländes erhalten bleibt, dann finde ich das gut. Genau so etwas habe ich von dem holländischen Büro erwartet. Derzeit ist man auf dem Gelände ja dabei auszuloten, bei welchem Gebäude der Ansatz überhaupt Sinn macht. Ich lehne mich sicher nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass nicht jedes Gebäude erhalten werden kann. Wir werden sehen.

Abgesehen von der Frage, ob es die Bausubstanz hergibt, muss doch geklärt werden, ob es sich auch rechnet.

Ja natürlich. Mein Fraktionskollege David Bothe hat es in der Sitzung auf den Punkt gebracht: Nicht das Beste für das Zanders-Gelände ist auch automatisch das Beste für die Stadt. Wir haben keine volle Schatztruhe, um ein tolles Prestigeobjekt zu verwirklichen. Unser Zanders-Projekt muss sich rechnen.

Sechs Millionen Euro gibt die Stadt für die Zanders-Planungen allein in diesem Jahr aus.

Ich finde die Zahl 500.000 Euro pro Monat noch beeindruckender. Kommt natürlich aufs Gleiche raus. Und in den nächsten Jahren wird es nicht weniger werden. Diese riesigen Investitionen müssen sich rechnen.

Und haben Sie eine Idee wie?

Konkret? Nein, das ist ja die Crux an unserem derzeitigen Planungsstand. Wir loten aus, mit welchen Strukturen wir das Gelände entwickeln und erst dann überlegen wir uns, bei welchen Nutzungen wir selber bauen wollen, ob wir vermieten oder verkaufen wollen, mit Erbpacht arbeiten und so weiter. Einen Schritt nach dem anderen.

Aber es geistert doch schon die Zahl von 3000 Neubürgern auf dem Zanders-Gelände durch die Diskussion.

Also ich kann verstehen, wenn solche Wunschzahlen genannt werden. Wünschen kann man sich viel. Aber ich als Ausschussvorsitzender sage dann: Moment, behalten Sie Ihren Wunsch im Kopf, aber so weit sind wir noch nicht. Ganz ehrlich: Die größte Gefahr für den Zanders-Ausschuss sehe ich darin, dass wir ungeduldig werden.

Aber Sie haben doch selbst auf den Zeitdruck hingewiesen.

Schon richtig. Aber wir müssen uns dennoch die Zeit nehmen, die Dinge wirklich zu durchdenken. Die Erwartungen von allen Seiten sind hoch. Und jeder Schnellschuss kann das ganze Projekt gefährden.

Woran denken Sie?

Wir müssen zum Beispiel immer die Förderfähigkeit im Auge behalten. Denn klar ist ja, dass die Stadt Bergisch Gladbach die Konversion finanziell nicht alleine wird stemmen können. Wir brauchen zum Beispiel die Regionale 2025. Also müssen wir sehen, was die Bedingungen für die Förderung sind und das auch berücksichtigen.

Die Stadt Bergisch Gladbach braucht eine Grundschule in der Innenstadt, wir können sie uns auf dem Zanders-Gelände vorstellen. Wir können sie aber nicht einfach als gesetzt auf die Karte malen – das könnte die Förderfähigkeit gefährden. Also müssen wir vorsichtig agieren. Aber nicht langsam.

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Glauben Sie, dass der breite politische Konsens zum Zanders-Projekt weiter hält?

Er muss. Also es geht hier wirklich nicht um Parteipolitik. Da bin ich mit Bürgermeister Frank Stein hundertprozentig einig. Ich bin überzeugt, dass wir noch mindestens zehn Jahre einen Zanders-Ausschuss haben. Die Konversion dieser 37 Hektar im Herzen der Stadt ist eine Jahrhundertaufgabe.

Haben Sie einen Traum, wie es am Ende aussehen wird?

Ja, habe ich tatsächlich. Nur rudimentär ernst zu nehmen. Ich sehe mich in einem Biergarten auf dem Zanders-Gelände sitzen. Blicke auf wunderbar gestaltete alte Industriegebäude, in denen Menschen wohnen und arbeiten. Und dann trinke ich ein leckeres Zanders-Bräu von einer kleinen Brauerei auf dem Gelände. Ich habe schon nachgeschaut: Der Name Zanders-Bräu ist nicht geschützt.