RindenbrüterBorkenkäfer frisst sich durch die Wälder – Fichtensterben erwartet
Rhein-Berg – Ihre Namen verheißen bodenständiges Handwerk, doch arbeiten Buchdrucker und Kupferstecher meist im Verborgenen und richten immensen Schaden an. „Das Ausmaß der Katastrophe ist noch gar nicht sichtbar“, beschreibt Revierförster Hans-Christian Ludwig das Wirken vor allem dieser beiden Borkenkäferarten in bergischen Wäldern.
Schlimmer sei es nie zuvor gewesen, berichtete er im Odenthaler Ausschuss für Umwelt, Wirtschaft, Tourismus und Kultur. Ausblicke auf grüne Fichtenwälder könnten schon bald der Vergangenheit angehören. Stürme und Starkregenereignisse hätten dem charakteristischen Nadelbaumbestand ebenso zugesetzt wie extreme Hitze- und Trockenphasen, die zu einer explosionsartigen Vermehrung der Rindenbrüter geführt hätten.
Um Schädlinge flächendeckend zu bekämpfen fehlen Kapazitäten
Was der Spaziergänger auf dem Boden nur erahnt, beweisen Drohnenaufnahmen aus dem Gemeindegebiet eindrucksvoll: Ganze Bestände sind braun und abgestorben; ganze Wälder verschwunden. Mit der Wärme würden die Käfer mobil. Haben sie sich erst einmal eingenistet, locken sie Artgenossen an, unterbrechen den Saftstrom in der Rinde; der Baum stirbt ab. In den nächsten Wochen werde sich zeigen, wie es weitergeht, kündigte Ludwig an.
Man erwarte „eine Katastrophe nie dagewesenen Ausmaßes. In diesem Jahr wird einiges verlorengehen.“ Würden allein im Odenthaler Bereich normalerweise 2000 bis 2500 Festmeter Holz pro Jahr gefällt, seien es allein in den vergangenen Wochen 3500 gewesen, „und es kommen noch einige tausend dazu.“ Blockweise arbeite man sich durch die Bestände, doch um flächendeckend vorzugehen, fehlten die Kapazitäten. „Die gesamte forstwirtschaftliche Kette ist überlastet.“
Feuergefahr, Echentrieb-Sterben, Atemwegserkrankungen
Hinzu kommt, dass Planer und Politiker es vor allem in Neubaugebieten oft versäumt hätten, ausreichend breite Zufahrten in die Wälder anzulegen. Stämme könnten nicht schnell genug abtransportiert werden, auch Löschfahrzeuge hätten im Brandfall Probleme. Liegengebliebenes Totholz verstärkt derweil die Feuergefahr. Aber auch den Laubbäumen geht es nicht gut. Seit zwei bis drei Jahren verbreitet sich ein Eschentrieb-Sterben, und an Ahornbäumen ist eine Krankheit aufgetreten, die Atemwegserkrankungen hervorrufen könne.
Den Schaden haben in jedem Fall nicht nur die Waldbesitzer, deren Erntekosten oftmals höher als die Verkaufserlöse seien, sondern auch die Allgemeinheit. Die Bedeutung von Bäumen als Klimaregler, Schattenspender und Hitzepuffer könne man gar nicht hoch genug einschätzen, sagte Ludwig. Ein hundert Jahre alter Laubbaum beispielsweise filtere in einem Jahr eine Tonne Staub und Gifte.
Baumschulen können Aufforstungsbedarf nicht stemmen
Der Einsatz von Gift gegen den Schädling sei die letzte Maßnahme, die man ergreifen werde, stellte der Fachmann klar. Erstens seien die Kosten immens und zweitens müsse man sorgfältig den Schaden für die umgebende Natur abwägen.
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Der Aufbau gesunder Mischwälder ist das Gebot der Stunde. Allerdings geht das nicht von heute auf morgen: „Im Wald dauert es Jahrzehnte bis Sie Ergebnisse sehen.“ Zudem könnten die Baumschule gar nicht so viele Bäume liefern wie derzeit zum Aufforsten nötig wären.
Einstweilen setzt man auf Naturverjüngung, schlägt Löcher in Altbestände, damit nachwachsende Laubbäume mehr Licht bekommen. Buchen und Roteichen sind im Mischwald gefragt, auch Lärchen, Douglasien und Weißtannen, die der Schädling verschmäht. Immerhin: „So lange noch Fichten da sind, geht der Borkenkäfer da nicht rein.“