Erstes KriegsosternSo feiern ukrainische Geflüchtete das Osterfest fern der Heimat
Bergisch Gladbach – Es ist still geworden in der Vertriebenenunterkunft an der Saaler Mühle. Einige wenige Ukrainer sind am Mittwochmorgen noch da, der Umzug zur neuen, größeren Anlaufstelle in Lückerath steht auch für sie jetzt an. Tische werden zusammengeschoben, es sieht nach Aufbruch aus.
Dass ihre deutschen Unterstützer das Osterfest begehen, an diesem Wochenende, das viele von ihnen in die katholischen und evangelischen Gottesdienste gehen, das sie im Kreise ihrer Lieben feiern, all dies wissen die Ukrainer. Für sie findet Ostern 2022 im Krieg statt, als erstes Kriegsostern. Aber nicht an diesem Wochenende. Die Ukrainer, orthodoxe Christen, feiern ihr Ostern eine Woche später, nach dem Julianischen Kalender. Für sie ist am 24. April das Osterfest.
Kaum mehr als das eigene Leben gerettet
„Ostern steht bei ihnen nicht an erster Stelle. Auch nicht an zweiter und dritter Stelle.“ Paul Kruk, der ehrenamtliche Übersetzer und unermüdliche Helfer für die Kriegsvertriebenen, weiß, wie es den Menschen aus der Ukraine geht. Darüber hat er zahllose Stunden mit den Geflüchteten gesprochen. Ihre Heimat hätten sie verloren, sagt er.
Einige wenige Habseligkeiten mitgenommen bei der Flucht. Ihr eigenes Leben gerettet, mehr nicht, die Sorge um die Zukunft, um die Angehörigen, die zurückbleiben mussten. In ihrer Heimat, sagt Paul Kruk, sei Ostern für die meisten ein sehr, sehr wichtiges Fest, das wisse er aus den vielen Gesprächen der vergangenen Wochen.
„Ich habe gute Neuigkeiten, Christus ist auferstanden!“
Die Priester fehlten den Menschen, und auch die Besuche der Kirche in den Heimatdörfern. Die ukrainischen Christen feierten eine Osternachtmesse und eine weitere Festmesse am Ostermorgen, berichtet Kruk. „Alles ganz anders als hier.“
Am Vorabend des Osterfestes, gegen 21 Uhr, versammelten sich die Gläubigen in ihren Kirchen zur ersten Ostermesse. „Alle müssen stehen in der Kirche, auch die ganz alten Menschen.“
Bis Mitternacht dauere die Zeremonie, drei und mehr Stunden, dann rufe der Priester aus: „Ich habe gute Neuigkeiten, Christus ist auferstanden!“ Direkt schließe sich die nächste Messe an, wieder für drei bis vier Stunden. Und wieder müssten alle Christen die ganze Zeit in den Kirchen stehen.
Christen spenden für orthodoxe Geflüchtete
Eine Spende für die Kirche gehöre mit zum Osterfest, und viele Menschen hätten Sorge, dass ihr Geld an den Kriegsnachbarn in Russland gehe. Die Kirche in der Ukraine, berichtet Kruk aus seinen Eindrücken, sei eigentlich eine russische und sie stehe dem Staat sehr nahe. Dass die Ukrainer womöglich mit ihren Spenden den Krieg gegen ihr eigenes Land unterstützen, sei für sie unerträglich.
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Ostereier – die gibt es auch im ukrainischen Brauchtum. Aber die gefärbten Eier werden nicht draußen im Garten versteckt. „In der Wohnung wird nach den Eiern gesucht“, sagt der Übersetzer und hofft, dass die Kinder ein halbwegs beschwertes Osterfest in der neuen Heimat erleben. In der nächsten Woche wird Paul Kruk auch in der Unterkunft in Lückerath den Menschen helfen.