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Erstes KennenlernenIn Rhein-Berg geht eine linke Jugend an den Start

Lesezeit 5 Minuten
Fünf junge Linke stehen in einer Reihe.

Einige Mitglieder trafen sich, um das erste Treffen der Linksjugend zu organisieren. 

Nach dem großen Zulauf bei der Bundestagswahl gründet sich eine Jugendgruppe der Linken in Rhein-Berg.

Aufbruchsstimmung liegt in der Luft: Sechs junge Mitglieder der Linken sitzen an einem Tisch im Café Berg in Bergisch Gladbach, um das erste offizielle Treffen der Linksjugend in Rhein-Berg zu planen. Vor ihnen stehen Tees und einige haben Stift und Notizblock gezückt. Im Hintergrund klappert Geschirr, es läuft Musik und andere Gäste unterhalten sich.

Es gibt viel zu klären. Am Samstag, 22. März, sollen sich alle jungen Menschen, die sich in Rhein-Berg bei der Linken engagieren wollen, kennenlernen. Und das könnten mehr werden, als geplant. Im Alten Rathaus hatte David Koltai einen Raum für 30 Leute reserviert. „Wir hören aber aus vielen Richtungen, dass Leute noch ihre Freundinnen und Freunde mitbringen wollen. Dann könnte es eng werden“, sagt er.

Linksjugend hat Unterstützung aus anderen Jugendorganisationen

Außerdem stehen weitere Punkte auf der To-Do-Liste: Die Gruppe muss das Treffen strukturieren und Materialien wie einen Moderationskoffer und Getränke organisieren. Da sie noch nicht offiziell gegründet sind, haben die jungen Linken in Rhein-Berg noch kein eigenes Budget, dafür aber die Unterstützung von anderen Jugendorganisationen aus der Region. Der Kreisverband unterstütze sie auch.

Bei den Kölnern könnten sie zum Beispiel nachfragen, ob sie sich den Moderationskoffer leihen können, schlägt Koltai vor. Er ist kurz nach der Europawahl in die Partei eingetreten, da er die Linke im Wahlkampf nicht wahrgenommen habe. „Ich dachte, man muss die Repräsentanz hier wieder stärken“, berichtet er. Eigentlich habe er stilles Mitglied werden wollen, sei aber schnell in die parteiliche Arbeit mit einbezogen worden. Damals noch als eines von wenigen jungen Mitgliedern. Jetzt, wo so viele hinzugekommen sind, könne man auch eine Jugendgruppe gründen.

Junge Linke in Rhein-Berg wollen Aufschwung nutzen

Ein Gruppenmitglied, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sei von der Migrationspolitik der Grünen „massiv enttäuscht“ und dadurch, dass Sarah Wagenknecht bei den Linken ausgetreten ist, spreche nichts mehr dagegen, sich in der Partei zu engagieren.

Wichtig sei ihnen, den Aufschwung langfristig zu nutzen. „Die Leute müssen sehen, dass jetzt auch etwas kommt“, findet Mara Häuser. Das sei der Grund, wieso sie der Linken beigetreten sei. Die Partei wolle bürgernah bleiben, beispielsweise weiterhin an Haustüren klingeln und mit den Menschen ins Gespräch kommen. Außerdem könnten sie sich vorstellen, dass sie in einigen Kommunen mit ein oder zwei Vertretern in den Rat kommen könnten – nachdem sie dort lange von der Bildfläche verschwunden waren.

Es reicht nicht mehr aus zu sagen, ‚Die AfD ist kacke.‘ Immer mehr Menschen wollen deswegen jetzt aktiv werden
Florian Eßer, Mitglied der Linken

Die Mitglieder sind sich sicher, dass sie relevant bleiben, weil die Partei mit Strukturen arbeite, die daran interessiert seien, präsent zu bleiben. „Wir sind ja nicht das BSW“, wirft Florian Eßer ein. Die Gruppe scheint sich ganz deutlich von Sarah Wagenknechts Partei abgrenzen zu wollen. Eßer findet: „Es reicht nicht mehr aus zu sagen, ‚Die AfD ist kacke.‘ Immer mehr Menschen wollen deswegen jetzt aktiv werden und das war auch mein Grund“, sagt er.

Torsten Hübner ist vor anderthalb Jahren in die Linke eingetreten, weil er sich gegen den Rechtsruck stellen wollte. „Ich dachte, das kann man auch vor Ort und nicht nur über Social Media machen“, sagt er. Er habe sich aber darüber gewundert, dass er mit 32 Jahren noch zur Linksjugend gehöre. Die Grenze dafür liegt bei 35 Jahren. Das jüngste Mitglied in Rhein-Berg sei 14 Jahre alt.

Junge Linke in Rhein-Berg wollen sich locker kennenlernen

Der Termin am Samstag soll ein lockeres Kennenlern-Treffen werden. Dafür eigneten sich am besten Kennenlernspiele. Die Gruppe diskutiert mehrere Ideen, bis Häuser sich einschaltet: „Ich glaube, ich muss hier mal kurz dazwischen gehen“, sagt sie. Sie habe Pfadfinder-Hintergrund und schon einige Freizeit-Wochenenden organisiert. Deswegen habe sie das Treffen schon einmal grob durchgeplant. Sie wolle keinen Frontalunterricht halten, die grundsätzlichen Standpunkte der Partei sollten aber schon kurz vorgestellt werden, findet sie.

„Dann wissen alle, woran sie sind“, sagt sie. Für das Kennenlernen sollte sich die Gruppe auf Grundfragen einigen, die darauf abzielen, aus welchen Orten die Teilnehmenden kommen, welche Aktionen für sie interessant wären und ob sie vorher schon politisch aktiv waren. Die Gruppe munkelt, dass ein paar ehemalige Mitglieder der Grünen Jugend zu dem Treffen kommen könnten. Außerdem wollen sie zeitnah klären, was sich die Mitglieder für die Linksjugend wünschen.

Die Nachwuchs-Linken bleiben auch bei Gründung demokratisch

Jetzt steht noch ein Schritt zur Diskussion: Wann soll die Basisgruppe offiziell eingetragen werden? „Das könnten wir jetzt machen, dann ist das vor dem ersten offiziellen Treffen erledigt“, findet Lennard Amalrig, der später zum Treffen da zugestoßen ist. Um die Gruppe anzumelden, müssen drei Gründungsmitglieder genannt werden.

„Ich finde es nicht so demokratisch, dass nicht alle Mitglieder die Möglichkeit haben, dabei zu sein“, meint Koltai. Auch das Mitglied, das nicht namentlich genannt werden möchte, wolle mehr Leuten die Möglichkeit geben, sich an der Gründung zu beteiligen: „Es fühlt sich zu elitär an, die Basisgruppe jetzt zu gründen. Wir sind ja nicht das BSW.“ Schließlich entscheiden sie sich dafür, am Samstag einen Termin fürs Gründungstreffen auszumachen.

Das Treffen findet ab 14.30 Uhr in kleinen Sitzungssaal im Alten Rathaus statt und alle Rhein-Berger zwischen 14 und 35 Jahren können daran teilnehmen.