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Krise im KreishausWie Landrat Stephan Santelmann die Lage in Rhein-Berg beschreibt

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Rhein-Berg – Vize-Landrat Uli Heimann übernahm die Sitzungsleitung, als Landrat Stephan Santelmann (CDU) am Donnerstagabend im Kreistag zur „Situation in der Kreisverwaltung“ berichten sollte. Was die Politiker und Besucher allerdings zu hören bekamen, ließ wenig Hoffnung aufkommen, dass die chaotischen Zustände im Kreishaus unter Santelmanns Führung aus dem Frühjahr tatsächlich aufgearbeitet werden. Manche Politiker schien das aber auch gar nicht mehr so sehr zu interessieren. Zur Erinnerung die wichtigsten Fragen zu bislang fehlenden Antworten.

Was war der Auslöser der Krise im Kreishaus?

Als Landrat Santelmann um Ostern gegen die Expertise und den ausdrücklichen Rat seines Krisenstabs die Aushebelung der Landesnotbremse betrieb, bat sein Krisenstabsleiter Kreisdirektor Dr. Erik Werdel darum, im Hinblick auf die Pandemiebekämpfung von seinen Aufgaben als Krisenstabsleiter entbunden zu werden.

Anstatt die Situation zu deeskalieren oder auch „nur“ eine andere Krisenstabsleitung einzusetzen, übernahm Santelmann das Krisenmanagement selbst und legte den Krisenstab faktisch still. In der Folge baten nicht nur reihenweise Mitarbeitende um ihre Versetzung, sondern blieben auch Infektionsmeldungen ebenso liegen wie andere wichtige Aufgaben der Pandemiebekämpfung. Die offiziell festgestellte Lage wich stark von der tatsächlichen Bedrohungslage ab, es drohte sogar weitere Lockerungen zu geben, obwohl das in der tatsächlichen Lage mehr als riskant war.

Was förderte die Eskalation im Kreishaus zutage?

Im Zuge der von Santelmann verantworteten Chaostage im Kreishaus im April – vor seiner eigenen Corona-Erkrankung – traten seit Jahren bestehenden Verwerfungen zwischen ihm und seinen Mitarbeitenden offen zu Tage. Der Personalrat zeigte sich in einem Brief an Santelmann, wie berichtet, „schockiert und fassungslos“ darüber, wie der Landrat mit Mitarbeitenden umgegangen und so eine Stimmung im Haus entstanden sei, wie sie der „Personalrat noch nie erlebt“ habe.

Die Führungskräfte der Kreisverwaltung unterstützten mit einem eigenen Schreiben die Diagnose des Personalrats.

Wie geht der Landrat heute mit dieser Kritik an ihm um?

Nach Rückkehr aus seiner Corona-Erkrankung hatte Kreishauschef Stephan Santelmann noch von „Aufarbeitung“ gesprochen. Am Donnerstagabend im Kreistag sprach er allein noch von „Problemen in der Verwaltung“ im Frühjahr. Verantwortung übernahm er dafür nicht. Im Gegenteil: Auf die Wochen, in denen die explodierenden Inzidenz-Werte nicht mehr nachgehalten werden konnten, er selbst die Kommunikation nach außen weitgehend einstellte und auch Presseanfragen reihenweise unbeantwortet blieben, geht Santelmann in seiner Rückschau nicht mehr ein. Erst danach steigt er wieder ein: „In dieser Zeit bin ich an Corona erkrankt.“ Und während seiner Erkrankung hätten „der Kreisdirektor und die Dezernatsleitungen Überlegungen begonnen zur Neuorganisation und zur Aufgabenverteilung“, in der sich der Landrat vor allem auf repräsentative Aufgaben konzentrieren sollte.

Warum hat der Landrat diese Neuorganisation nach seiner Rückkehr mit weiterentwickelt und dann Tage später wieder gekippt?

Santelmann erklärte das im Kreistag so: Er sei „leider erst im Juni“ in die Planungen einbezogen worden. Nachdem ihm nach der Vorstellung im Ältestenrat „konkrete Ausgestaltungen der Aufgabenverteilungen“ vorgelegt worden seien, habe er die Bezirksregierung um Einschätzung gebeten und die habe dann erklärt, die neue Regelung sei rechtswidrig.

Dass er selbst zunächst eine andere Darstellung verbreitet hatte, der zufolge die Bezirksregierung den Kreis aus eigener Initiative um eine Stellungnahme gebeten hatte, verschweigt Santelmann heute ebenso wie den Umstand, dass er in seiner Stellungnahme an die Bezirksregierung meutereiähnliche Zustände in der Kreisverwaltung angedeutet und schwere Vorwürfe gegen seinen Stellvertreter erhoben hatte.

Wie reagieren die Politiker auf die neue „Erzählung“ des Landrats von den Vorgängen im Frühjahr und Sommer?

SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn war im Kreistag der einzige, der Tacheles redete, an die breite „Fluchtbewegung“ aus dem Krisenstab im Frühjahr erinnerte, aus dem Brief des Personalrats zitierte. „Wenn der das so schreibt, dann muss die Situation im Haus so sein, dass es brennt“, schloss Zorn: Für das Ansehen der Kreisverwaltung eine Katastrophe.

„Es geht nicht um die Phase, in der Sie erkrankt waren“, entgegnete Zorn auf die Ausweichmanöver von Landrat Santelmann. Außerdem: Was solle die Bezirksregierung schon antworten, wenn ihr ein Landrat schreibt „Ich werde entmachtet“!?

Was will Landrat Santelmann zur Aufarbeitung weiter unternehmen?

Landrat Santelmann will nach eigenen Angaben im laufenden moderierten Prozess in der Führungsetage des Kreishauses „Probleme und Missverständnisse“ aufarbeiten und bis Ende des Jahres eine Neuorganisation im Kreishaus vorstellen.

Wie sein künftiges Aufgabenspektrum aussehen könnte, dazu schweigt er mit Verweis auf die im Prozess vereinbarte Vertraulichkeit.

Wie wollen die Parteien mit der Aufarbeitung weiter umgehen?

Während SPD-Fraktionschef Zorn ankündigte, die Aufarbeitung weiter genau zu verfolgen und sich zwischen den Zeilen für eine Verlegung des Landrats auf repräsentative Aufgaben aussprach („Die Fähigkeiten sind nun mal unterschiedlich“), kündigte FDP-Fraktionschef Dr. Alexander Engel an, Santelmann nicht an seinen Worten, sondern an seinen Taten messen zu wollen.

Werner Conrad (Freie Wähler) gab Santelmann die entscheidende Frage mit auf den Weg, wie er sicherstellen wolle, dass sich ein Szenario, „wie wir es erlebt haben“, nicht wiederhole. CDU-Fraktionschef Johannes Dünner lobte Santelmann hingegen: als „sehr konstruktiven Partner“, der Unterlagen zur Aufarbeitung zur Verfügung gestellt habe.

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Dass Zorn aus dem Personalratsschreiben zitiert hatte, das gleichwohl auch von dieser Zeitung öffentlich gemacht worden war, kritisierte Dünner ebenso wie Grünen-Fraktionssprecher Rickes. Dünner sprach nur noch von „Irritationen, Verärgerungen und Enttäuschungen des Sommers“, um zu folgern: „Der Blick nach vorne ist doch das, was jetzt zählt.“ Nicht nur die Opposition im Saal, sondern auch Verwaltungsvertreter, Beobachter und selbst Stimmen aus der CDU sahen das offenbar differenzierter.