Die Initiative veranstaltet zu ihrem Geburtstag ein Begegnungsfest am 10. November.
Sozialer EinsatzFluchtpunkt Kürten feiert seinen zehnten Geburtstag
Mittlerweile kennen die meisten Bewohner Dorothee Reiss-Kunde: Sie kommt mindestens einmal pro Woche zu Besuch in die Unterkunft der Geflüchteten in Kürten. 60 Migranten wohnen in diesem Quartier. „Viele kommen mit hohen Erwartungen zu uns“, sagt Reiss-Kunde. Nicht alle Schritte auf einmal machen wollen, das rät die Ehrenamtlerin den Menschen. Die Geschichten über ihr Leben, ihr Schicksal, bekommt die Helferin auch zu hören. Viele wollten nur reden mit ihr, sagt sie beim Treff des Kernteams der Initiative Fluchtpunkt Kürten.
Die Gruppe, die ein waches Auge auf das Leben der Zugewanderten in Kürten hat, trifft sich mehrmals im Monat. Dann geht es um die Bedingungen in den Quartieren, um Betreuung, um Probleme und auch Dinge, die im Miteinander mit Gemeinde und Helfern gelöst werden konnten.
Aus dem öffentlichen Leben in Kürten nicht mehr wegzudenken
Aus dem öffentlichen Leben ist der Fluchtpunkt Kürten nicht mehr wegzudenken. Kein Verein, sondern ein loser Zusammenschluss engagierter Menschen: Das ist das Netz, das alles zusammenhält. „Wir wollen mit dem Fluchtpunkt einen Raum für Dialog schaffen“, erläutert Willi Broich, der von Anfang an dabei ist.
Von Anfang an: Das bedeutet seit 2014. Als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr „Wir schaffen das“ sprach und zur Aufnahme Hunderttausender Geflüchteter aufrief, steckte der Fluchtpunkt in den Kinderschuhen. Aus dem Nichts sei das Projekt gestartet. Geflüchtete gab es auch vorher schon in der Gemeinde, und früher in den 1990ern kamen viele vom Balkan nach Kürten. Aber eine große Initiative, die gab es nicht in der Gemeinde. Manche im Fluchtpunkt sind der Ansicht, dass die Zugewanderten vorher kaum im Blick der Öffentlichkeit standen.
Engmaschiges soziales Netz für Geflüchtete
Zehn Jahre nach der Gründung geht bei der Unterstützung der vielen nach Kürten gekommenen Menschen kein Weg vorbei am Fluchtpunkt. Beim Gespräch sitzen auch die Helfer des Radpools mit am Tisch. In Bechen haben sie ihre kleine Garage im alten Feuerwehrhaus, über 800 Fahrräder reparierten die emsigen Helfer bislang. Franz-Peter Taubner, einer aus dem Schrauberteam, spricht von den Kindern, die ihre ersten Runden mit einem Rad drehten. Eine weitere Helferin ist Irmgard Kargl, die an anderer Stelle im Fluchtpunkt aktiv ist.
Sie ist eine Mitstreiterin im Küchenteam aus den Beratungscafés. Der Austausch in den Cafés, das Miteinander, sei wichtig, die Angebote in den kleinen Cafés unentbehrlich. Ein Rädchen greift beim Fluchtpunkt ins andere, mit jedem Einsatz soll das soziale Netz für die Zugewanderten engmaschiger geknüpft werden. Leni Strunk ist wie Willi Broich seit der ersten Stunde im Fluchtpunkt dabei. Reststoffe vom Markisenhersteller Musculus landen bei ihr, und dann wird gemeinsam genäht, gerne Taschen. In einigen Ländern des Orients liege dieses Nähen bei den Männern, sagt sie.
In Afghanistan und im Iran habe dies Tradition, und immer wieder seien Männer bei ihr, die nähen wollten. Auf kleinen Kirchenfesten wie jetzt beim Erntedank in den Kirchdörfern bietet das Nähteam die Taschen an. Auch kleine Reparaturen an Reißverschlüssen oder Änderungen der Größe seien möglich. Eine der Kürtener Taschen ist auch bei der damaligen Bundeskanzlerin Merkel angekommen.
Einsatz für bessere Bedingungen
Leo Wulf bringt den Fluchtpunkt in die Öffentlichkeit, er ist einer der Unterstützer, die auch den Kontakt in die Kürtener Parteien suchen. Nach einem Jahrzehnt sind die Helfer und Helferinnen aus dem Fluchtpunkt wichtige Akteure. Im Gemeinderat hat Wulf zuletzt immer wieder das Wort ergriffen, da geht es um die Größe der Unterkünfte und Sozialräume, die zu schaffen sind, oder um freies WLAN.
„Die neue Unterkunft in Broch werden wir nicht begleiten können“, sagt nachdenklich Willi Broich. 60 Menschen sollen dort wohnen, auch 30 Menschen ohne Wohnung sollen dort unterkommen. Zuviele, finden die Helfer aus dem Fluchtpunkt. Viele Helfer der ersten Stunde seien nach zehn Jahren nicht mehr dabei, neue zu finden sei schwierig. Das Kernteam ermuntert alle, sich aktiv in die Hilfe einzubringen.
Ins Gespräch kommen: Das soll auch mit dem großen Begegnungsfest zum zehnten Geburtstag gelingen: am Sonntag, 10. November, in der Gesamtschule Kürten, Olpener Straße 4. Das Motto: „Zueinander, miteinander, füreinander“. Das bunte Programm mit Musik, Information und Gespräch läuft von 13.30 bis 17 Uhr. Der Fluchtpunkt hofft auf viele Besucher.