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„Zur Mühle“Kürtener Restaurant-Betreiber entdecken ganz neue Leidenschaft

Lesezeit 3 Minuten
Kerstin Berger Kürten_2

Ein rätselhaftes Waldwesen im Porträt.

Kürten – Mitten in Kürten, da wo einst der Ahlenbach floss und am Mühlteich eine Mühle stand, führen heute Kerstin (48) und Hermann (52) Berger das Restaurant „Zur Mühle“ in 4. Generation. Eigentlich ist alles wie immer.

Doch seit ungefähr zwei Jahren – genauer gesagt seit der Pandemie, entstehen an Ruhetagen in den dazugehörigen Privaträumen bizarr wie skurrile Wesen. Sie wechseln innerhalb geheimnisvoller Stunden ihr komplettes Aussehen. Erleben sich, wie durch Zauberhand, mit Malereien oder als Naturkunstwerk, als Charlie Chaplin oder gar Karl Lagerfeld...

Fotografien an den Wänden des Kürtener Restaurants

Diese Geschichte versucht, das Geheimnis aufzudecken: Natürlich mit einem Besuch im Restaurant. Und siehe da, die Wände zeigen eine Vielzahl an künstlerischen, hochkarätigen Fotografien mit immer wieder anderen Abbildungen dieser wörtlich einmaligen Schöpfungen. Allerdings haben sie immer nur ein und dasselbe Gesicht: das von Kerstin Berger.

Kerstin Berger Kürten

Das Ehepaar Kerstin und Hermann Berge hat sich während der Corona-Zeit in andere künstlerische Dimensionen begeben.

Sie ist ihr eigenes Model, hat die Ideen und liebt es, den eigenen Körper als Leinwand zu benutzen und so Skulpturen zu erschaffen. Es ist Dienstag und Ruhetag im Restaurant, die Vorbereitungen für den nächsten Tag sind abgeschlossen. Ganz entspannt freut sich Kerstin Berger auf ihr Atelier voller Spiegel, Farben und künstlerischem Equipment.

Kürtener fotografiert seine Frau

Hier gibt sie ihrer neuen Leidenschaft ein Zuhause, startet ihre künstlerische Reise in ein anderes Äußeres, welches ihr Mann letztendlich kunstfotografisch verewigt. „Wir haben uns weiter entwickelt, indem wir uns fragten was ein Bild interessant macht“, beschreibt Kerstin Berger. Vom täglichen Joggen hat sie wieder ganz besonders schöne, seltsam gebogene Zweige, Baumrinden und vielerlei Halme und Gräser mitgebracht. Aus moosbelegten Ästen formt sie einen außergewöhnlichen Hut, andere Zweige gleichen der groben Form eines Flügelpaars.

„Ich weiß noch nicht, was entstehen wird, das ergibt sich nach dem Shooting. Licht und Position ergeben bei der Aufnahme die entscheidende Stimmung“, erklärt sie. Aber so weit ist es ja noch nicht. Zunächst trägt die Künstlerin sehr sorgfältig zartgoldene Körpermalfarbe auf. Mit stellenweise dunklem Braun und etwas Grün und noch weniger Weiß entsteht der erdbodige Charakter, den sie mit flüssiger Farbe und Sprenkeln mittels Zahnbürste sehr real wirkend verstärkt.

Restaurant in Kürten 2004 eröffnet

Einen Teil des Gesichtes bedeckt sie mit der Hand, der soll natürlich bleiben um vielleicht einer Wald-Elfe Ausdruck zu verleihen. Oder gar einem Kobold? Reden möchte Kerstin Berger nicht, sie genießt und findet den Wandel an sich faszinierend. Beinah andächtig setzt sie den vorbereiteten Hut auf, dessen Zweige sie mit trockenen Gräsern gefüllt hat, umhüllt sich mit Baumrinde und Vlies. Die Flügel befestigt sie am Rücken. Viele Stunden vergehen, bis sie sich zufrieden im Spiegelbild sieht.

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Behutsam geht die Verwandlung vor sich. 

Und nach einer Vielzahl von Aufnahmen steht plötzlich fest: die neue Kreation ist keine Wald- Elfe, sondern ein wunderschöner Schmetterling.Kerstin Berger ist ausgebildete Diplompädagogin. Für ihre „Liebesentscheidung“ hatte sie alles aufgegeben und im Sommer 2004 mit ihrem Mann das Restaurant ganz neu eröffnet. Hermann Berger ist Koch und leidenschaftlicher Fotograf, hatte sich der Landschaftsfotografie gewidmet.

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„Dann kam Corona und wir hatten plötzlich sehr viel Zeit“, beschreiben die beiden den Moment, als Kerstin Berger begann, in andere Welten zu tauchen. Und ihr Mann beschloss: „Ab jetzt fotografiere ich nur noch dich.“Mit zwölf dieser Fotos hat das Paar nun unter dem Label „Mayathara Photoart“ ihren Kunstkalender 2023 veröffentlicht, der aktuell für 39,99 Euro plus Versand zu haben ist. Lachen wird Kerstin Berger auf den Fotos nie. „Wenn ich lächle“, erklärt sie“ gebe ich dem Bild eine Stimmung. Aber die soll dem Betrachter allein vorbehalten sein.“ Doch genau in diesem Moment macht es klick, und der Fotograf hat es doch eingefangen: Das Foto mit einem blinzelnden Kobold, der das Leben liebt und nicht alles so schrecklich ernst nimmt.