Kanal- und AbwasserarbeitenLange Umleitungen sorgen in Kürten für Ärger
- 13,1 Kilometer Umleitung für eine Baustelle, und das für ein halbes Jahr – die Biesfelder Anwohner sind, milde gesagt, verärgert.
- Anwohner verlangen eine vernünftige und durchdachte Übergangslösung.
- Viele Biesfelder nutzen einen Feldweg als Umgehungsstraße, doch auch das kann keine Dauerlösung sein.
Kürten – Die roten Sperrbaken an der Offermannsheider Straße in Kürten-Biesfeld bringen manchen im Dorf in Rage. Besonders die Anwohner der Biesfelder Hauptsiedlung am Domberg. Dort wohnen die meisten Biesfelder, und wer vom Domberg ins Dorf zum Einkaufen will muss seit der Sperrung fahren und fahren und fahren.
13,1 Kilometer sind es in der offiziellen Umleitungsroute, die der zuständige Rheinisch-Bergische Kreis empfiehlt – in einem weiten Bogen erst ins Sülztal, dann durchs Dürschtal und über Dürscheid zurück. Eine zweite Strecke über Eichhof und Offermannsheide sei noch einen Kilometer länger, ärgern sich Anlieger. In Zeiten der Klimadiskussionen ein Unding, finden manche. Dass der „Spaß“ mit der Umleitung voraussichtlich ein halbes Jahr dauern wird, lässt die Biesfelder hochgehen. Viele üben sich in zivilem Ungehorsam und fahren über verbotene Strecken.
Plädoyer für „großzügige Lösungen“ und Vernunft
Die Arbeiten als solche sind im Untergrund erforderlich: Für Kanal und Wasser werden nach Jahrzehnten neue Leitungen gebraucht, dafür muss im Straßenraum gebuddelt werden. „Aber diese langen Umwege“, ärgert sich Ellen Komorowski, die sich hilfesuchend an die Redaktion gewandt hatte. Die Biesfelderin kann nicht nachvollziehen, weshalb die Behörden nach anderen Lösungen gesucht haben. Jetzt, in der Anfangszeit der Baumaßnahme, hätte die Straße noch mit Ampeln für den Verkehr freigegeben werden können. Die Vollsperrung für den Autoverkehr sei viel zu früh angeordnet worden.
Otto Müller, ebenfalls in Sichtweite der Baustelle wohnend, plädiert für „großzügige Lösungen“ und Vernunft. Der Heimatforscher ist bekannt im Ort und an ihn hatten sich mit Bekanntwerden der Sperrung manche Alteingesessenen gewandt. Aber ein Gespräch mit dem Kürtener Bürgermeister Willi Heider und seinem Bauamtsleiter Sascha Bormann habe aus seiner Sicht „nichts gebracht“. Müller: „Das sind sinnlose Umwege. Wenn das Greta wüsste“, spielt er an auf die Umweltaktivistin Greta Thunberg. Dass nur die unmittelbaren Anlieger über die Baustelle informiert worden seien, kritisiert Müller ebenfalls. Fehlende Hinweise auf Umleitungsstrecken habe es auch gegeben. Alle Hinterlieger, mehrere hundert Biesfelder, seien kalt erwischt worden.
Beschwerden über erheblichen Pkw-Verkehr
Tatsächlich gibt es eine relativ kurze ortsnahe Umfahrung, über die Weiler Hufe, Hähn und Unterbörsch. Diese Route fahren auch die Linienbusse der Streckennummer 335. „Wir hindern ja niemanden, über diese Straßen zu fahren“, sagt Katharina Krause, Sprecherin der für die Umleitung zuständigen Kreisverwaltung. Aber offizielle Umleitungsstrecken dürfe der Kreis nur über Kreis,- Landes- oder Bundesstraßen ausweisen, dies sei so festgelegt. „Deshalb fallen die untergeordneten Gemeindestraßen dafür weg.“
Die Serie
An vielen Stellen wird gebuddelt, gebaut und saniert. Umleitungen und Sperrungen verändern den Alltag von Anwohnern und Verkehrsteilnehmern teils über Monate und Jahre. In dieser Serie zeigen wir, wie die Menschen in Rhein-Berg mit ihren Baustellen leben.
Die ortsnahe Umfahrung ist mittlerweile auch Thema im Kürtener Rathaus. „Viele Anwohner melden sich und klagen über den erheblichen Pkw-Verkehr“, sagt Bürgermeister-Vertreter Willi Hembach. Mit einer Ampelanlage, Fahrplan-Aufpflasterungen oder Blumenkästen auf der Straße könne gegebenenfalls geholfen werden. Entschieden sei dazu noch nicht. Im Bauausschuss hatten mehrere Politiker bereits über kaputte Straßenbankette berichtet.
Feldweg dient als Umgehungsstraße
Viele Biesfelder fahren in ihrer Not inzwischen über verbotene Strecken. Eine davon ist der nur für Anlieger freie und sehr enge Schlader Weg, der die Verbindung zwischen Hufe und Hähn abkürzt. Noch „beliebter“ ist eine südlich verlaufene Anfahrt, über einen Feldweg nahe des Weilers Ahlendung. Hier herrscht mittlerweile reger Autoverkehr, fast im Minutentakt drängeln sich hier die Fahrzeuge. „Wir haben eine Öffnung geprüft“, erklärt Hembach. Aber eine Herrichtung des Wirtschaftswegs sei nur mit erheblichem Aufwand verbunden. Unter anderen müssten Ausweichbuchten eingerichtet werden. Da der Weg auch über Privatland verlaufe, müssten Gespräche mit den Eigentümern aufgenommen werden. Hembach: „Das ist keine Option für die Gemeinde.“