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FabemaSo steuert eine Kürtener Firma den Verkehr für Hör- und Sehbehinderte

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Große Verkehrskreuzungen, an denen gebaut wird, wie der Messekreisel in Köln, rüstet das Unternehmen Fabema mit mobilen Signalanlagen aus.

Kürten – „Achtung Baustelle!“ Mit energischem Tonfall weist die Stimme aus der türkisblauen Infosäule auf eine Gefahrenstelle hin. Selbst lauten Verkehrslärm übertönt sie mühelos. Man bleibt abrupt stehen und hört hin. Genau das ist die Absicht. Denn seh- und hörbehinderte Fußgänger oder Rollstuhlfahrer sollen mit Hilfe dieses Leitsystems im Straßenverkehr rechtzeitig gewarnt und angeleitet werden. Entwickelt und mobil gemacht hat es die Firma Fabema in Kürten.

Die Infosäule, versehen mit einem großen Lautsprecher und einer gelben Anforderungstaste, ist mehrsprachig „ausgebildet“. Sie hat den Namen „Blina“ – die Kurzform für Blindeninformations- und navigationsanlage. Erst kürzlich hatte das Leitsystem für Sehbehinderte auf einer Messe in Amsterdam Premiere. Nun zurück im firmeneigenen Ausstellungsbereich, dem „Ampelgarten“, ist es sprachlich noch ganz im Niederlande-Modus. Für die internationalen Geschäfte des Unternehmens eine durchaus gefragte Sprache.

„Blina“ gestaltet Wege barrierefrei

„Wir haben zwei neue Entwicklungen auf den Markt gebracht und zusätzlich die Infosäule Blina flexibel gemacht“, erläutert Peter Tesch, geschäftsführender Gesellschafter von Fabema. „Blina“ soll für Barrierefreiheit variabel an Baustellen, Sperrungen oder auch in Flughäfen oder Einkaufszentren sorgen. Die Anlage „Auta“ ist eine zusätzliche Ausstattung mit Signalton und Tastenberührung für mobile Ampelanlagen. Und die mobilen Lichtzeichen sind seit nunmehr 50 Jahren das Spezialgebiet des Kürtener Unternehmens.

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Marketing-Managerin Lena KLey stellt das neue Blindeninformations- und navigationssystem "Blina" vor.

„Für die Entwicklung haben wir eng mit Behindertenverbänden und kommunalen Integrationsbeauftragten zusammengearbeitet“, sagt Marketing-Managerin Lena Kley. Die Technik für Blinde- und Sehbehinderte sei nach den Richtlinien der Verkehrssicherung zur Pflicht geworden. Diesen Standard aufzugreifen lag für Fabema auf der Hand, sagt Tesch.

Die Technik bietet mehr als nur Orientierungstöne

„Um behinderte Menschen durch den Straßenverkehr zu leiten, bietet die Technik mehr als nur Orientierungstöne“, erklärt Lena Kley und beschreibt die Möglichkeiten einer „sprechenden“ Baustelle. Die 27-jährige Marketing-Managerin ist seit Herbst vergangenen Jahres bei Fabema tätig. Sie hat sich vor allem mit den neuen Entwicklungen für die Behinderten-Leitsysteme befasst und betreut diese im Unternehmen.

50 Jahre auf Grün

Es ist Januar 1972, als die Geschichte der mobilen Ampelanlagen von Fabema beginnt. Das Gründerpaar Manfred und Heike Berghaus startet mit dem Unternehmen am Domberg in Kürten. Die Produktion von Signalanlagen, die per Kabel oder Funk betrieben werden, läuft erfolgreich und macht 1980 den Umzug an einen größeren Standort notwendig. Im Bereich Hähn in Kürten kann der Betrieb weiter expandieren. Das erste mobile Steuergerät wird 1994 entwickelt und gebaut. Erstmals können damit bis zu 16 Signalgeber gesteuert werden.

Um Kunden bundesweit beliefern zu können, baut Berghaus 1995 eine zweite Niederlassung in Kahla in Thüringen. Im Jahr 2003 wird die Firma in eine GmbH umgewandelt, Peter Tesch tritt als Gesellschafter ein und leitet das Unternehmen gemeinsam mit Manfred Berghaus, der sich 2019 aus dem operativen Geschäft zurückzieht. In der Weiterentwicklung der Produkte baut Fabema seine Position am Markt aus und schafft 2010 mit einem multifunktionalen Steuergerät einen Sprung: Damit können bis zu 32 Signalgruppen und 224 Signallampen geschaltet werden. (dr)

„Wir wachsen konstant weiter“, erklärt der 54-jährige Geschäftsführer zur Unternehmensentwicklung. 75 Beschäftigte arbeiten bei Fabema. Neben dem Hauptsitz Kürten mit Entwicklung, Produktion und Vertrieb, gibt es seit 2015 einen Servicestandort in Köln-Porz und seit 1999 eine Niederlassung in Kahla (Thüringen).

In den Kürtener Firmenhallen wird montiert und repariert

35 Mitarbeitende haben ihren Arbeitsplatz in den Firmenhallen in Kürten. Dort wird unter anderem die Technik für Steuerschränke konzipiert und montiert. Für die Reparatur von Anlagen gibt es eine große Werkstatt.

Für ihre technischen Neuerungen hat Fabema im vergangenen Jahr in einer überregionalen Wirtschaftsstudie den Titel „Hidden Champions“ aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis erhalten. „Wir sind Marktführer in zwei Produktgruppen: mobile Lichtsignalanlagen und multifunktionale Steuergeräte“, betont Tesch. Meist gehören Unternehmen, die in der Branche Straßenbau, Tiefbau oder Rohrleitungsbau tätig sind, zum Kundenkreis des Betriebes. Auch bei Ampelausfällen stellt die Kürtener Firma Ersatzanlagen zur Verfügung.

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Auch auf dem europäischen Markt ist das Unternehmen aktiv. „England, Niederlande und Skandinavien sind wichtige Märkte für uns“, erklärt der Geschäftsführer. Aktuell stehe ein Auftrag in Helsinki an, mit bis zu 40 Ampeln an einer großen Kreuzung. Tesch will weiterhin neue Märkte generieren, wie beispielsweise in der Schweiz. „Mobile Ampelsysteme gibt es dort bisher nicht.“

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Mit der Entwicklung und Produktion beweglicher Ampelanlagen hat die Firma Fabema 1972 begonnen.

Während Peter Tesch das internationale Geschäft im Fokus hat, möchte er am Standort Kürten die Kompetenzen in der Leitung „breiter aufstellen“, wie er sagt. Vor 31 Jahren hat er bei Fabema als Elektrotechniker angefangen. Seit 2019 unterstützt ihn Jens Jankowski, ebenfalls schon Jahrzehnte im Unternehmen, als Prokurist und kaufmännischer Leiter.

Den eigenen Nachwuchs aufzubauen, hat Fabema ebenso auf der Agenda. Tesch: „Im Elektrohandwerk und im kaufmännischen Bereich wollen wir ab 2023/2024 erstmals Ausbildungsstellen anbieten.“ Jugendliche, die jetzt schon neugierig auf die Ampeltechnik und sprechende Baustellen sind, können sich jederzeit für ein Praktikum bewerben.