Jahrelang lebte und arbeitete Becker auch im Sommerhaus in Odenthal. Erst in den letzten drei Lebensjahren zog er sich ganz nach Köln zurück.
NachrufDer Schriftsteller und Lyriker Jürgen Becker war dem Bergischen tief verbunden
Jürgen Becker, der Schriftsteller und Lyriker, ist tot – die Nachricht seines Sohnes Boris traf auch die Freunde im Bergischen bis ins Mark. Er starb am Donnerstagnachmittag, friedlich in seinem Brücker Haus; Boris Becker konnte seinen Vater auf diesem seinen letzten Weg begleiten. In diesem Jahr wurde Jürgen Becker 92 Jahre alt.
Suhrkamp verlegte noch sein Abschiedswerk „Nachspielzeit“, Sätze und Gedichte. In seinen Worten erahnte man schon schmerzhaft den nahenden Abschied vom Leben. Auf Seite 93 widmet er mit großem inneren Verständnis seinem guten Freund, dem Künstler Eckard Alker, den Satz: „Unterwegs sehe ich Eckard Alker, den Maler. Ob drinnen, ob draußen, vielleicht, dass er sucht nach den Dingen, deren Schatten er malt in seinen Bildern.“
Das Sommerhaus „In der Heide“ in Odenthal war ein Rückzugsort
Jürgen Becker nahm immer tief die Seele seines Gegenübers wahr, seine Empfindungen setzte er in subtiler literarischer Sprache um, in der Vergangenheit und der Gegenwart. Dem Bergischen Land war er tief verbunden – jahrzehntelang verbrachte er Zeit im ehemaligen Sommerhaus der Familie seiner Frau, der Künstlerin Rango Bohne – in Odenthal-Glöbusch.
„In der Heide“ nannte er das Areal oben auf der ersten Anhöhe auch noch, als längst dort ein Neubaugebiet entstanden war, neben dem schönen alten Fachwerkhaus. Unterm Dach in seiner Dichterstube schrieb er auf der Schreibmaschine seine literarischen Werke, mit dem Blick in die Ferne seiner Jugend in Thüringen.
Vier bibliophile Bildbände erschienen bei Suhrkamp
Als Rango Bohne vor drei Jahren im Alter von 89 Jahren starb, zog er sich zurück aus dem geliebten Ort, lebte in seinem Haus in Köln-Brück weiter mit seinen Erinnerungen an die Lebensgefährtin, in deren Werken er oft die literarische Entsprechung für seine Gedichte und Prosa sah.
Vier bibliophile Bildbände des Ehepaares sind bei Suhrkamp erschienen, unter anderem „Scheunen im Gelände“ und „Korrespondenzen mit Landschaften“, in denen sich auch das Erleben im Bergischen widerspiegelt in Wort und Bild.
Beim ersten Festival „Literatur am Dom“ eröffnete Becker das Programm
Im Juni 2022 nahm er teil am ersten Literaturfest „Literatur am Dom“ in Altenberg, das Sema Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein initiiert hatte – Weltliteratur, meistens Open Air im Kräutergarten des Küchenhofs vor dem Altenberger Dom, mit Herta Müller, Frank Schätzing, Paul Maar und Jürgen Becker in seinem 90. Lebensjahr, der die Begegnungen mit den Schriftstellerkollegen und Besuchern genoss.
Als Ende August dieses Jahres im Literaturhaus Köln eine Lesung von „Nachspielzeit“ stattfinden sollte, musste Jürgen Becker die Veranstaltung bereits absagen. Doch bis zuletzt blieb er im Kontakt mit denen, die ihm nahestanden.
Jürgen Becker, der neben zahlreichen Auszeichnungen 2014 den Georg-Büchner-Preis erhielt, bleibt vielen Menschen im Bergischen in Erinnerung – immer wieder brachte er sich mit viel Engagement ein – auch bei Veranstaltungen der Literatur-, Künstler- und Kulturvereine in Bergisch Gladbach, Rösrath und Odenthal. Für ihn zählte das Mitmenschliche, nicht der Ruhm.