In der Vergangenheit wurden viele Tiere überfahren. Durch Schutzzäune an den Straßen erholen sich jetzt einige Populationen
Gefährliche WanderungOdenthaler Artenschützer sichern die Wege der Amphibien zum Laichplatz
Greta ist spät dran – und sie weiß es. Es wird schon fast hell und der Weg ist noch weit. Doch sie ist trächtig und seit ihr Leib immer stärker anschwillt, wird sie immer schwerfälliger, kann nicht mehr so große Sprünge machen wie früher.
Trotzdem bewegt sie sich weiter voran, denn wenn sie den Nachwuchs retten will, muss sie ihr Ziel erreichen. Das sagt ihr das Bauchgefühl. Doch dann ist da plötzlich dieser grüne Grenzwall, glatt, hoch und unüberwindlich.
In der Dämmerung sind die Amphibienretter unterwegs
Nicht das kleinste Schlupfloch kann sie entdecken, während sie sich langsam Meter für Meter an der Wand entlangtastet – und dann fällt sie plötzlich ins Bodenlose, versinkt in einem großen Loch – und alles um sie herum wird dunkel.
Greta ist ein Grasfrosch – und Greta steckt fest. Im Eimer. Dass dies für sie nicht das Todesurteil, sondern ein Glücksfall ist, das weiß sie nicht. Denn die intensiven Bemühungen der Amphibienretter in Odenthal-Landwehr und im Overather Freudenthal, Frösche, Kröten und Lurche zu retten, sind ihr unbekannt.
Zweimal täglich werden die Zäune von Freiwilligen kontrolliert
Deswegen kennt sie auch Claus Steck nicht, der immer froh ist, wenn möglichst alles im Eimer ist. Denn er koordiniert schon seit mehreren Jahren die Amphibienschutz-Aktionen, stellt gemeinsam mit vielen freiwilligen Helfern, dem Bergischen Naturschutzverein (und am Bülsberger Weg auch mit dem Kreisfischereiverein) Schutzzäune auf und kontrolliert zweimal täglich, wem er über die Straße helfen kann.
Das soll ein Massensterben verhindern, denn regelmäßig im Frühjahr, bei mildem, feuchten Wetter, machen sich zuerst Grasfrösche, später die Kröten auf den Weg zu ihren Laichgewässern. Und das ist im Fall von Greta die Große Dhünntalsperre. Und wenn der Laich drückt, dann geht ein Frosch seinen Weg und schert sich nicht um so unwichtige Details wie Landstraßen und Autoverkehr.
Die Populationen wachsen wieder
So landen immer wieder Verwandte von Greta unter Fahrzeugreifen – selbst in Landwehr, wo die Ehrenamtlichen Jahr für Jahr ihre Barriere an der Straße verbessert haben. „An der Einmündung hatten wir gerade drei bis vier Todesfälle“, bedauert Claus Steck.
Trotz dieser einzelnen Rückschläge belegt Stecks Statistik, dass die Amphibienrettung in Odenthal eine Erfolgsgeschichte ist. Die Populationen wachsen. Dennoch würden die Bemühungen oft belächelt, erzählt Steck.
"Amphibien sind Hauptverlierer von Klimaveränderungen"
Er wird nicht müde, darüber aufzuklären, dass der Schwund von Amphibien, „die Hauptverlierer von Klima- und Landschaftsveränderungen“ seien, als Teil der Nahrungskette auch andere Arten und damit das gesamte Ökosystem empfindlich träfe.
„Erdkröte und Grasfrosch verfolgen die Strategie von explosionsartigen Wanderwellen“, erläutert Steck. So wollen sie sich vor Fressfeinden schützen. „Leider wurden bei der naturgegebenen Strategie keine Autos vorgesehen“, bedauert der Artenschützer.
Autoscheinwerfer lassen die Tiere in Schockstarre verfallen
„Da es sich bei Erdkröte und Grasfrosch um nachtaktive Tiere handelt, fallen sie bei Blendung durch Scheinwerfer in eine Schockstarre, die mehrere Minuten anhalten kann. In diesem Moment sind die Tiere besonders gefährdet, da sie einfach auf der Straße sitzen bleiben.“
So hatte es auf dem Bülsberger Weg in Altenberg in der Vergangenheit immer wieder eine große Anzahl von überfahrenen Tieren gegeben, weil der Versuch, die Amphibien mit Schutzzäunen sicher abzuleiten, an den Serpentinen gescheitert war. Die Umleitung kam bei Fröschen und Kröten nicht an, der erhoffte Effekt blieb aus, viele kamen unter die Räder.
Am Bülsberger Weg wird die Straße immer wieder kurzzeitig gesperrt
Mit 674 Tieren fanden sich damals mehr Amphibien auf der Straße als hinter dem Zaun, wo nur 480 Tiere saßen. Seither sperrt man den Bülsberger Weg kurzzeitig, wenn eine Wanderwelle naht und öffnet die Straße dann wieder für die Anlieger. „Wir wollen die Akzeptanz für die Aktion ja erhalten“, so Steck.
Mit seiner Hilfe ist Grasfrosch Greta inzwischen in Landwehr sicher über die Straße gekommen – berührungslos, denn Frösche haben eine empfindliche Haut – und erholt sich unter einem Laubhaufen erst einmal von dem Schreck.
Etwa 300 Meter Wiese trennen sie noch von ihrem Laichgewässer: „Heute Nacht erreicht sie die Talsperre“, ist sich Steck sicher. Doch dann hilft der 58-Jährige längst schon wieder anderen Hilfsbedürftigen über die Straße.