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OrtsschilderDialekt könnte zu Problemen in Bergisch Gladbach führen

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So könnten neue Mundart-Ortstafeln für den Ortsteil Bergisch Gladbach-Bensberg aussehen.

Rhein-Berg – Im Landtag haben die Politiker vor Weihnachten über niederdeutsche Namen auf Ortsschildern beraten und nach CDU-FDP-Antrag beschlossen: Ja, das geht künftig, wenn der jeweilige Gemeinderat mit Dreiviertelmehrheit zustimmt. Dann wird der niederdeutsche Name des Ortes in kleineren Buchstaben zugefügt.

Alle, die sich jetzt schon freuen und sich Ortsschilder mit Jläbbisch (Bergisch Gladbach), Märjelingen (Marialinden) und Övverohnder (Oberodenthal) wünschen: Halt, stopp. Platt ist nicht gleich Niederdeutsch. Was hierzulande „jekallt“ wird, ist ripuarisch, ein Übergangsdialekt zwischen Ober- und Niederdeutsch. Aber was nicht ist, kann noch kommen. Das Ripuarische hat viele Unterstützer. In Kölle zum Beispiel.

In der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach wäre man darüber nicht begeistert. „Das kostet Geld“, rechnet Martin Rölen aus der Pressestelle vor. Neue Ortsschilder kosten 1000 Euro pro Stück. Erst 2016 wurden neue aufgestellt, wegen der amtlichen Einführung von Stadtteilen. Schwieriger ist noch die Frage: Was schreiben wir denn, Jläbbisch oder Gläbbisch? Das „J“ verbürgt Autorin Marlies Denst in ihrem Mundartwörterbuch für Kürten-Olpe. Jläbbisch ist auch zu finden bei der Gladbacher Brauchtumsikone Wilma Kürten in ihrem Gedichte-Bändchen „Ne Kall für jeden“. Schreibt man „G“, fragt sich auch noch, wie man es ausspricht: Laut Wredes Kölschem Mundart-Wörterbuch wird G im Anlaut in rheinischer Mundart immer wie J ausgesprochen. Wissen aber viele offenbar nicht.

Bei Bensberg ist die Sache auch nicht so klar. Bänsberch verbürgt Mundartdichter Heinrich F. Schulte aus Heidkamp in „Vun Jott un de Minsche“. Bänsberg heißt es hingegen bei Willi Fritzen, dem bekannten Heimatkenner aus Bensberg. Ausgesprochen wird das g im Auslaut aber ebenso wie das ch als hochdeutsches sch.

Diskussionen: keine.

Früher hatte jedes Dorf seine eigene Dialektfärbung, an der Alteingesessene sofort die Herkunft erkennen konnten. Deutlich festeren Boden unter den Füßen bekommt die Mundart in Märjelingen und Övverohnder. Beides ist besonders durch die karnevalistischen Aktivitäten gut untermauert. Diskussionen: keine. In Kürten ist die Lage auch eindeutig, Theo Stockberg, Bernhard Dahl und wiederum Marlies Denst, haben die Lage geklärt und ein sicheres Fundament gelegt. Ihrer Schreibung würde keiner wagen zu widersprechen, schon weil kaum noch Experten für die jeweilige lokalen Mundartform von ihrem Kaliber existieren.

Düersched heißt es für Dürscheid, Beesfeil für Biesfeld, Uepen für Olpe, Dällenk für Delling. Diskussion über Wortvarianten müsste niemand im Gemeinderat führen: Heimatdichter Stockberg hat eine fast 200 Dörfer und Gehöfte umfassende Ortsnamenliste hinterlassen. Da könnte die Kürtener Gemeindeväter ganz, ganz viele Ortsnamenschilder doppelsprachig aufsetzen. Vermutlich würden sie es sogar machen, wenn sie dürften: Prozentual ist in Kürten der Anteil der Mundartsprecher auf jeden Fall noch höher als in Bergisch Gladbach.

Niederdeutsch

Deutsch (oder Hochdeutsch) gibt es erst seit der Zeit Karls des Großen nach Ende der Zweiten Lautverschiebung, die Deutsch von anderen westgermanischen Sprachen wie Niederdeutsch (Nedersassisch, Plattdütsch), Niederländisch, Friesisch und Englisch trennt. Die Lautverschiebung breitete sich von den Alpen nach Norden aus bis zur Benrather Linie, die von Aachen über Kassel bis Frankfurt/ Oder führt und bei Benrath (Düsseldorf) den Rhein überquert. Sie ist charakterisiert durch den Ersatz von k durch ch: Kerke wird zu Kirche, maken wird zu machen. Das gleich gilt für p und f : Piep – Pief (Pfeife), lope – lofe (laufen).

In Sachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen gibt es bereits zweisprachige Ortsschilder in Hochdeutsch und entweder Plattdütsch, Friesisch, Dänisch oder Sorbisch. (cbt)