Entwicklungsplanung 2040So stellen sich Overather Wohnen, Wirtschaft und Bildung vor
Overath – Man muss nicht unbedingt die fliegende Zeitmaschine aus dem Hollywood-Klassiker „Zurück in die Zukunft“ bemühen, um zu veranschaulichen, wofür die etwas sperrig klingende „Strategische Entwicklungsplanung“ gut sein soll. Wie soll die Stadt Overath in 20 Jahren aussehen? Um die Bedeutung der Frage zu erkennen, reicht es, 20 Jahre zurückzublicken.
Wer hätte sich 2001 schon vorstellen können, dass in Deutschland heute 85 Prozent der Menschen ein Smartphone besitzen und damit einen mobilen Zugang zum Internet haben? Dass sie so den nächsten Urlaub buchen, sich ein Auto reservieren oder ihren Impfnachweis vorzeigen können?
Christoph Nicodemus, vor einem Jahr gewählter Bürgermeister von Overath, hat jetzt gemeinsam mit Stadtrat und Verwaltung seine Bürgerschaft auf eine Zeitreise nach 2040 eingeladen. Rund 120 Menschen sind ihm am Samstag in die Aula des Schulzentrums gefolgt: Neben Rathausmitarbeitern und Ratsmitgliedern sowie Angehörigen der landeseigenen Entwicklungsgesellschaft NRW.Urban zahlreiche Bürgerinnen und Bürger.
In Arbeitsgruppen wurden in rund fünf Stunden Stichworte gesammelt und Ideen skizziert zu insgesamt neun Themenfeldern, die von Wohnen über Natur und Bildung bis hin zum leidigen Thema Finanzwirtschaft reichen (Bericht unten). Aber muss denn das alles überhaupt sein? Kann denn nicht alles bleiben, wie es ist? „Die Welt ändert sich“, sagt Nicodemus, und es gehe darum, die Overather Ziele „offen und transparent“ zu entwickeln.
Auch Henk Brockmeyer, der Chef von NRW.Urban, macht in seinem Impulsreferat deutlich: „Die Megatrends sind schon da. Auch Overath muss sich weiterentwickeln, um auf den veränderten Rahmen zu reagieren und auch in Zukunft lebenswert zu sein.“ Zu den großen Veränderungen zählt er beispielsweise den erhöhten Stellenwert der Natur, die Dekarbonisierung oder die Digitalisierung mit ihren Auswirkungen auf das veränderte Verhältnis von Arbeits- und Freizeitsphäre. Die Overather sieht er für die Debatte gut gerüstet: „Sie sind längst auf dem Weg.“ Und er empfiehlt ihnen: „Denken Sie groß!“
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Tatsächlich sind es viele große Themen, die am Ende die Leiterinnen und Leiter der Arbeitsgruppen im Plenum vortragen. In seinem Schlusswort nimmt sich Bürgermeister Nicodemus selbst in die Pflicht: „Nichts ist schlimmer, als Planungen zu erstellen, die nicht umgesetzt werden.“ Soll heißen: Heute ist nur der Auftakt. Nun wird mit den Verbänden gesprochen, dann gibt es einen Grobentwurf für die Zielplanung, „dann sehen wir uns im ersten Quartal 2022 wieder“, und danach soll der Rat einen Beschluss fassen. Aber auch in de Zukunft soll es alle drei Jahre Überarbeitungen geben.
Was an diesem Samstag noch gefehlt hat, ist indes die Mitarbeit derjenigen, die im Jahre 2040 die Stadt Overath als junge Erwachsene mitprägen werden. Doch auch hier ist Nicodemus zuversichtlich: „Wir werden einen Weg finden, mit den Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen.“
Die Ideen der Overather Arbeitsgruppen
Finanzen: Kämmerin Dominque Stölting formulierte für ihre Gruppe eine Reihe von Fragen. Wie geht die Stadt mit ihren Gewerbeflächen um, was möchte sie für ein Standort sein? Wie verhält sie sich, wenn es irgendwo Fördermittel gibt, die aber eigene Anteile erfordern?
Bildung: 2041 wird über die Sanierung des Schulzentrums nicht mehr gesprochen werden müssen, das wird dann erledigt sein, so Schulamtsleiter Hebert Rijntjes. Bildung sei aber nicht nur eine Frage für die jungen Leute, als „lernende Stadt“ könnten sich die Menschen gegenseitig befruchten. Wichtig auch: „Wir sind eine inklusive Gesellschaft.“ Was muss getan werden, um Chancengleichheit herzustellen?
Wirtschaft: Auch hier wurde laut Bürgermeister Nicodemus intensiv gesprochen. Wo kann es Erweiterungsmöglichkeiten geben? Ist es denkbar, Gewerbeflächen in die Höhe zu bauen statt in die Breite? Wie kann man die Einzelhandelsstruktur verbessern, wie den Tourismus ausbauen?
Kultur: „Es gibt ein kulturelles Angebot in Overath, man muss es nur finden, fasst Stadtplanerin Nicole Mirgeler die Diskussion zusammen. Es fehlten Abendveranstaltungen, hilfreich für mehr Miteinander wären auch mehrsprachige Informationen. Das baukulturelle Erbe müsse gepflegt werden.
Wohnen: Der Siedlungsdruck ist da, sagt Dezernent Thorsten Steinwartz, Frage sei, wie Overath damit umgehe. Wichtiger als die alte Höchstgrenze von 30 000 Einwohnern sei die Frage, ob die Infrastruktur ausreiche.
Natur und Freizeit: Gefordert wird ein „sensibler, aber auch öffnender Umgang“ mit der Natur (Amtsleiter Markus Funke) und die Schaffung grüner Bewegungsflächen. Bis 2030 solle Overath insektenfreundliche Stadt werden.
Infrastruktur, Klima: Die Netze sollen ausgebaut, dezentrale Energielösungen und die fahrradfreundliche Infrastruktur gefördert werden, so Stadtwerke-Chef Christoph Schmidt. Der ÖPNV muss ausgebaut werden, auch mit Wasserstoff-Bussen. Widerspruch erntet am Ende die alte Forderung nach einer
Ortsumgehung für Overath: Ein schneller Radweg von Immekeppel nach Deutz sei da zukunftsweisender. (sb)