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Illegale Raves unter A4Overather Feuerwehr übt Rettung unter Autobahnbrücken

Lesezeit 4 Minuten

In luftiger Höhe: Per Trage an der Drehleiter wird ein „Verletzter“ von einem Brückenpfeiler gerettet.

Overath – Dichter Rauch quillt aus Öffnungen der Autobahnbrücke, die sich in mehr als 20 Metern Höhe über das Schlingenbachtal bei Overath-Vilkerath spannt. „Hilfe, hier oben“, ruft eine Stimme. Patrick Althoff schaut nach oben. Der Brandoberinspektor gehört zu den ersten Feuerwehrleuten, die nach dem Notruf aus der Autobahnbrücke vor Ort sind. Er hat die Einsatzleitung. Und auch wenn das Szenario „nur“ eine Übung ist, muss er sich jetzt rasch einen Überblick verschaffen und handeln.

Auf einem der Brückenpfeilern entdeckt der Einsatzleiter einen Menschen – offenbar den Rufer von gerade. „Wir sind hier runter“, ruft der Mann und deutet auf eine Öffnung über sich im Brückenträger. „Mein Kumpel hier hat sich beide Beine gebrochen.“ Neben dem aufgebrachten Mann ist eine zweite Gestalt zu sehen, offenbar liegt sie auf dem Brückenpfeiler. Und aus einer Öffnung in der Brücke dringt weiterhin dichter Rauch ins Freie. Einsatzleiter Althoff alarmiert weitere Feuerwehreinheiten nach, darunter die Drehleiter aus Overath.

Partys sogar mit Kassenhäuschen und Musikanlage

Dann geht alles ganz schnell: Feuerwehrfahrzeuge mit Martinshorn und Blaulicht fahren vor, Feuerwehrfrauen und -männer springen aus den Fahrzeugen, sperren die Straße, rollen Schläuche aus und bringen die Drehleiter mit Trage in Position. Neben der Löschgruppe Vilkerath und dem Löschzug Overath sind nun auch die Einsatzkräfte der Löschgruppe Heiligenhaus vor Ort. Systematisch suchen sie die Brückenpfeiler und Widerlager der Brücke am Hang nach Öffnungen ab, um ins Innere des Betonbauwerks zu kommen. Schließlich finden sie einen Wiesenweg, der bis unter ein Ende der Brücke oben am Hang führt.

„Diesen Weg haben die mutmaßlichen Party-Organisatoren damals sogar freigeschnitten“, weiß Sascha Müller, der die Feuerwehrübung gemeinsam mit Dirk Schmitz und Timo Schmitt organisiert hat. „Die Veranstalter dieser Party sind hochprofessionell vorgegangen, hatten sogar ein Kassenhäuschen und im Inneren eine komplette Musik- und Lichtanlage.“ Wie gefährlich der Betrieb mit einem Stromaggregat in den fensterlosen Betonhohlräumen der Brücke hoch über dem Tal werden kann, wird die Feuerwehr später noch ungewollt selbst feststellen...

Einsatz fast völlig ohne Sicht

Zunächst eilen Feuerwehrleute mit Atemschutz zur Brücke. Ganz oben am Hang haben sie eine schwere Eisentür entdeckt, durch die sie ins Brückeninnere gelangen. Unter schwerem Atemschutz kämpfen sie sich in die total „verrauchten“ Betonhohlräume in den Brückenelementen unter der Fahrbahn. Für die Übung besteht der „Rauch“ lediglich aus Bühnennebel.

Bei einem echten Einsatz könnten sich nach einer Verpuffung im Brückeninneren auch giftige Dämpfe bilden. Die Feuerwehrleute sehen teilweise kaum die Hand vor Augen, finden aber zuverlässig die „Verletzten“, schwere lebensgroße Puppen. Gleichzeitig gehen weitere Feuerwehrleute gegen den mutmaßlichen Brand im Inneren der Brücke vor.

Kohlenmonoxidalarm schlägt bei Übung an

Bei der Kontrolle eines Übungsbeobachters blinkt plötzlich im Vorraum des Brückenzugangs: Kohlenmonoxid-Alarm. Offenbar hat allein das kleine Aggregat, mit dem die Übungsorganisatoren im Inneren der Brücke die Nebelmaschine für den „Rauch“ betreiben, für eine bedenkliche Ausbreitung des tödlichen und geruchsfreien Gases im Inneren der Brücke geführt.

Nicht auszudenken, wenn so etwas bei einer illegalen Party im Brückeninneren passieren würde, überlegt Wehrleiter Heiko Schmitt. Plötzlich reihenweise Bewusstlose, vielleicht sogar noch Panik in der Enge der Brücke. Und dann hatten die Organisatoren der illegalen Party im Juni auch noch einige Luftöffnungen verschlossen. „Dadrin solche Partys zu feiern, ist mordsgefährlich“, bestätigt Dirk Schmitz vom Orga-Team.

Brücken inzwischen zusätzlich gegen Einbrecher gesichert

Seine Feuerwehrkollegen haben unterdessen den Verletzten vom Brückenpfeiler mit der Drehleiter hinunter zur Straße gebracht, der zweite „Verletzte“ sträubt sich, hat – wie er sagt – Höhenangst. Die Feuerwehrleiter lassen ihn gesichert an einem speziellen Rettungsseil die Leitern im Inneren des Brückenpfeilers hinuntersteigen.

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Nach zweieinhalb Stunden ist die Übung gemeistert, und die Feuerwehrleute sind froh, ein solches Szenario einmal durchgespielt zu haben. „Das wichtigste war, die Örtlichkeit kennen zu lernen und zu sehen, wie man im Ernstfall vorgehen kann.“ Auch wenn die Brücken mittlerweile zusätzlich gegen Einbrecher gesichert wurden, hofft nicht nur Feuerwehrsprecher Marco Bücheler: „Dass wir da nie mal zu einem wirklichen Einsatz hinmüssen“.