Halt in Rhein-BergBernard Burel aus Frankreich pilgert durch alle EU-Mitgliedsstaaten
Rhein-Berg – Pilgerreise Am späten Nachmittag des 10. Juni kommt Bernard Burel mit seinem hellgrünen Backpack auf dem Rücken im Odenthaler Ortsteil Altenberg an. Etwa 18 Kilometer hat er seit den frühen Morgenstunden von Köln-Deutz aus über den Jakobsweg zurückgelegt. Von Anstrengung oder Erschöpfung fehlt in seinem Gesicht jede Spur. Burel strahlt, als er sich im Gasthaus Küchenhof mit Blick auf den Altenberger Dom ein kühles Kölsch bestellt und seine Beine ausstrecken kann.
Der 74 Jahre alte Franzose, der gebürtig aus Toulouse in Südfrankreich stammt, hat Großes vor. An diesem Morgen hat er mit der Fortsetzung einer außergewöhnlichen Pilgerreise begonnen. In den kommenden drei Monaten wird er zunächst bis nach Norddeutschland laufen. Von Flensburg geht es weiter nach Dänemark, von Kopenhagen aus nach Malmö in Schweden.
In Stockholm soll seine aktuelle und insgesamt 2000 Kilometer lange Pilgeretappe enden – vorerst! Denn das Ziel, das sich Burel gesetzt hat, ist weitaus größer. Über mehrere Jahre möchte er durch alle 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union pilgern. Gestartet hat er nun Etappe Nummer drei.
Die Einheit Europas liegt ihm besonders am Herzen
Dass Burel die EU zu Fuß bereisen möchte, ist kein Zufall. Die Einheit Europas liegt dem Franzosen besonders am Herzen und war schon früh Auslöser für seine Pilgerreise. „Ich war Europäer, bevor ich überhaupt Franzose war“, erzählt Burel mit einem Schmunzeln. Die politischen Bestrebungen – auch von französischer Seite – für den Einheitsgedanken in Europa hätten ihn bereits im Alter von 20 Jahren bestärkt, eines Tages den Dialog mit den Menschen in Europa zu suchen.
Er sei stolz auf den bisherigen Fortschritt in Sachen Menschenrechte, auch wenn es noch einige Baustellen zu bewältigen gebe. Und so begann der heute 74-Jährige, nachdem er 2010 in Rente gegangen war, zu reisen. Zuvor war Burel 13 Jahre lang Leiter des Wissenschaftszentrums für Luft- und Raumfahrt „Cité de l’espace“ in Toulouse und knüpfte während seiner Tätigkeit viele internationale Kontakte. Seine „europäischen Freunde“ möchte er nun schrittweise besuchen.
2019 brach Burel zu seiner großen Tour auf, um mit den Menschen über die Zukunft Europas zu sprechen und zu diskutieren, was die Politik noch besser machen könnte. Portugal, Spanien, Frankreich, Irland, Holland, Belgien, Luxemburg und Teile von Deutschland hat er schon durchquert. Nun geht es ab Köln weiter, wo er im September vergangenen Jahres aufgehört hatte.
Der religiöse Aspekt, der bei anderen Pilgern im Vordergrund steht, ist auf Burels Reise eher nachgeordnet. Die Erfahrung einer religiösen Pilgerreise hat er aber auch schon gemacht – acht Jahre zuvor, als er 2011 über sieben Monate insgesamt 5500 Kilometer von Toulouse bis nach Jerusalem pilgerte. Beweis dafür, dass er der aktuellen Pilgerreise gewachsen ist.
Seine Frau unterstützt die Reisen
Die Etappen werden mit jeweils drei Monaten nun kürzer ausfallen, denn Burel hat Familie. Seine Frau unterstütze die Reisen. „Sie ist sehr verständnisvoll und gibt mir die Freiheit“, sagt er dankbar. Sie selbst habe ihn bereits auf dem letzten Stück seiner Pilgerreise nach Jerusalem begleitet.
Heute kann sie aus gesundheitlichen Gründen so große Reisen zu Fuß nicht mehr machen, bedauert Burel. Auch seine drei Kinder finden die Pilgerreisen gut. Selbst ein Stück mitlaufen wollten sie bisher aber nicht. „Dazu konnte ich sie noch nicht bewegen. Vielleicht eines Tages“, meint er.
„Über Politik sprechen geht immer“
Zahlreiche Gespräche über Politik und die EU hat Burel auf seinen Etappen schon geführt. In seinem Handy hat er die lange Liste all derjenigen gespeichert, die er getroffen hat. „Über Politik sprechen geht immer“, sagt er. Thema ist dabei oft der Brexit, aber auch mit Gruppierungen wie der AfD in Deutschland setzt sich Burel kritisch auseinander. Es sei ihm wichtig zu diskutieren und seinen eigenen Blick auf Europa zu erweitern.
Der Franzose schwärmt von der Gastfreundlichkeit der Menschen. Probleme, einen Schlafplatz zu finden, habe er nie. Und wenn sich doch mal kein Bett findet, hat er sein Zelt dabei, das er aufschlagen kann. Zwei Kilo wiegt dieses und ist ein Teil des insgesamt 14 Kilo schweren Gepäcks, das Burel auf dem Rücken trägt. Darin befindet sich die nötigste Grundausrüstung. Alles hat er gewogen und prüft ständig, wo er an Gewicht sparen kann. „Schweden wird eine Herausforderung“, weiß der 74-Jährige.
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Denn schaut man auf die Karte, wird schnell klar: der Weg von Malmö nach Stockholm verläuft fast ausschließlich durch Wald und Wiesen. Dort wird Burel wohl häufiger im Zelt übernachten müssen. „Das ist nicht schlimm, nur mit der Verpflegung wird es schwierig.“ Denn die Ortschaften sind bis zu zwei Tage Fußweg vom Pilgerweg entfernt, hat er bereits recherchiert.
Bevor er nach Schweden wandert, hat Burel aber noch einen Wunsch. „Ich würde gerne Ursula von der Leyen treffen. Ich schätze sie sehr. Als Präsidentin der Europäischen Kommission kann sie viel Gutes für die EU bewirken.“ Vielleicht werde er ihr schreiben, von seiner Reise erzählen und um ein Treffen bitten, überlegt er.