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Infografik

Polizei alarmiert
Hier kracht es in Rhein-Berg am häufigsten

Lesezeit 6 Minuten
Kreutzhäuschen. Frontalzusammenstoß zwischen Pkw und Gülle-Trecker

Ums Leben gekommen ist im vorigen Jahr auch der 81-jährige Fahrer dieses Autos in Overath, der auf der Kreisstraße 38 aus bis heute ungeklärter Ursache auf die Gegenfahrbahn geriet und mit einem Traktor zusammenstieß. Insgesamt kamen im Jahr 2024 kreisweit vier Menschen ums Leben.

Vor allem die Zahl der Unfälle mit Verkehrsteilnehmern ohne Knautschzone stieg laut Polizei besonders stark an – vier Unfalltote 2024.

Zwei Verkehrstote weniger im vergangenen Jahr, weniger verletzte Kinder und ein Rückgang der Schwerverletzten bei Unfällen im Kreisgebiet von insgesamt 201 auf 160 Menschen – die Unfallstatistik der Kreispolizei könnte Mut machen und setzt sich auch „positiv vom Landestrend“ ab, wie es Landrat Stephan Santelmann bei der Vorstellung der Zahlen formulierte. Wirklich Grund zur Freude bietet sie jedoch Markus Szech, dem Leiter der Direktion Verkehr bei der Kreispolizei, und seinen Leuten nicht. Die Zahl der Unfälle insgesamt stieg ebenso auf ein neues Sechs-Jahres-Hoch von 8293 wie die Zahl der Verkehrsunfälle, bei denen Menschen verletzt wurden (901) sowie die Zahl der Unfallopfer (1113) (siehe Grafik).

Wir haben es eine neue Problem- gruppe identifiziert: alle ungeschützten Verkehrsteilnehmer, also alle, die keine Knautschzone haben.
Markus Szech, Leiter der Direktion Verkehr bei der Kreispolizei

„Wir haben es eine neue Problemgruppe identifiziert: alle ungeschützten Verkehrsteilnehmer, also alle, die keine Knautschzone haben“, sagte Szech. Dabei wies er vor allem auf die gestiegene Zahl von verunglückten Fußgängern (124 statt 93 im Vorjahr), Motorradfahrern (80 statt 71 im Vorjahr) und ein Allzeithoch bei den in Unfälle verwickelten Pedelecfahrern (116 statt 41 vor sechs Jahren) sowie den verunglückten Mofa-, Moped- und Leichtkraftradfahrenden (84 statt 54 vor fünf Jahren) hin.

Eine Balkengrafik zeigt die Entwicklung der Unfallstatistik in Rhein-Berg.

Die Zahl der Verkehrsunfälle in Rhein-Berg stiege 2024 auf ein neues Hoch.

Auch mit verstärkten Appellen und nahegehenden Videos in sozialen Netzwerken im Internet versucht die Polizei,   Verkehrsteilnehmer zu mehr Umsicht und Rücksichtnahme zu animieren. Denn „Jeder Unfall bedeutet Leid – für Betroffene und für ihre Angehörigen“, sagt Polizeirat Szech und zeigt eins der Videos, in dem Motorradfahrer zu Wort kommen, die bei Unfällen wie etwa eine 20-jährige Frau einen Arm verloren haben oder wie ein 56-Jähriger erleben mussten, wie die eigenen Kinder um das Leben des Vaters bangten. „Das Wichtigste ist für mich im Straßenverkehr: Aufmerksamkeit“, sagt die junge Frau mit der Armprothese. Ein jährliches Fahrsicherheitstraining zu Beginn der Motorradsaison empfiehlt ein Biker, der sich bei einem Unfall 19 Rippenbrüche zuzog.

Nach der Pandemie zu Beginn der 2020er Jahre habe der Verkehr auf Rhein-Bergs Straßen wieder kontinuierlich zugenommen und damit seien auch die Unfälle gestiegen, erläutert Markus Szech.

Während die Zahl der verunglückten Kinder im vergangenen Jahr leicht von 110 auf 104 zurückging, stieg die Zahl der Jugendlichen, die in Unfälle involviert waren, von 45 auf 53 an, die der verunglückten jungen Erwachsenen von 134 auf 158 und die der verunglückten Erwachsenen sogar von 606 auf 626.

Markus Szech (Leiter Direktion Verkehr), Thomas Schliwitzki (Leiter Verkehrsdienst und Prävention & Opferschutz) und Landrat Stephan Santelmann halten die Verkehrsunfallbilanz für Rhein-Berg 2024.

Stellten die Unfallbilanz für das zurückliegende Jahr 2024 vor: v.l. Markus Szech (Leiter Direktion Verkehr), Thomas Schliwitzki (Leiter Verkehrsdienst und Prävention & Opferschutz) und Landrat Stephan Santelmann.

Wie es zu dem Anstieg kam? „Vor allem durch die zunehmende Zahl an Pedelecfahrern“, erläutert Polizeirat Szech. Verunglückten im Jahr 2019 kreisweit noch 25 Menschen mit einem Pedelec, so waren es im vergangenen Jahr bereits 84, während die Zahl der mit dem Auto Verunglückten im gleichen Zeitraum von 304 auf 290 zurückging. Das sei zwar für die Umwelt gut, habe aber zu mehr Unfällen geführt, so Szech. Allein 107 Pedelecfahrer seien dabei ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer verunglückt.

Die Zahl der verunglückten Senioren ist deutlich von 190 auf 170 zurückgegangen, allerdings waren unter den vier Unfalltoten im vergangenen Jahr auch zwei Senioren (siehe „Unfalltodesopfer 2024“).

Die deutliche Steigerung der Zahl der Leichtverletzten von 885 auf 949 führen die Verkehrsexperten vor allem auf die gestiegene Zahl von verunglückten Fußgängern zurück. „Bei Verkehrsunfällen sind sie vollkommen ungeschützt“, so Szech. Eine 86-jährige Fußgängerin in Kürten starb sogar an den schweren Verletzungen, nachdem sie von einer 59-jährigen Autofahrerin angefahren worden war. 128 Fußgänger wurden 2024 im Kreisgebiet schwer und 105 leicht verletzt. „In 20 Fällen hatten sich die Fußgänger falsch verhalten, in den anderen 85 Prozent waren Fahrzeugführer Verursacher der Unfälle gewesen“, so der Leiter der Direktion Verkehr bei der Kreispolizei. Die häufigsten Ursachen bei Unfällen mit Fußgängern waren dabei allgemein falsches Verhalten der Fahrenden (40 Fälle), Fehler beim Abbiegen (21), beim Wenden und Rückwärtsfahren (10) sowie an Fußgängerüberwegen (7).

Bei den Unfällen im Kreisgebiet insgesamt bleibt laut dem Leiter des Verkehrsdienstes, Thomas Schliwitzki, nicht angepasste Geschwindigkeit eine der Hauptunfallursachen, gefolgt von der Nichteinhaltung der Abstandsregeln sowie Alkohol und berauschenden Mitteln.


An diesen Orten krachte es 2024 am häufigsten in Rhein-Bergs Süden

69 Unfälle im vergangenen Jahr und damit so viele wie an keiner anderen Stelle im Kreisgebiet zählte die Polizei 2024 an der Stationsstraße in der Bergisch Gladbacher Stadtmitte zwischen Busbahnhof und Fußgängerzone. Damit hat die Stationsstraße den traurigen Unfallhäufungsstellen-Spitzenreiter der Vorjahre, den Turbo-Kreisel in der Bergisch Gladbacher Stadtmitte, abgelöst, an dem es im vergangenen Jahr noch 59mal krachte.

Viel Verkehr auf der Stationsstraße in Bergisch Gladbach.

In der Stationsstraße am Gladbacher S-Bahnhof krachte es 2024 so oft wie an keinem anderen Ort im Kriesgebiet.

Die weiteren Unfallhäufungsstellen im Überblick:

Bergisch Gladbach: Während es in der Gladbacher Stadtmitte kreisweit am häufigsten krachte, ist die Zahl der Unfallhäufungsstellen in der Kreisstadt vergangenes Jahr insgesamt um fünf gesunken. Neu hinzugekommen sind: die Kreuzung Bensberger Straße/Lerbacher Weg/Richard-Zanders-Straße in Heidkamp (27 Unfälle in den vergangenen drei Jahren, bei denen elf Menschen leicht verletzt wurden), die Kreuzung Dolmanstraße/Kicke/ Altrefrath (12 Unfälle in den vergangenen drei Jahren, 5 Leichtverletzte, ein Schwerverletzter) sowie die Kreuzung Gladbacher Straße/Saaler Straße/Buddestraße (26 Unfälle, zehn Leicht-, ein Schwerverletzter).

Der Mercedes-Fahrer wollte nach links in die Buddestraße abbiegen. Nun steht sein verunfalltes Fahrreug auf der Kreuzung.

Als neue Verkehrsunfallhäufungsstelle diagnostizierte die Polizei mit der Verkehrskommission im Jahr 2024 die  Kreuzung von Gladbacher Straße, Buddestraße und Saaler Straße.

Weiterhin bestehen in Bergisch Gladbach folgende Unfallschwerpunkte: Driescher Kreisel (12 Unfälle), Dolmanstraße zwischen Alter und Neuer Traßweg (26), Kreuzung Alte Wipperfürther Straße (B506)/ Reuterstraße (29), Kreuzung Mülheimer Straße/Buchholzstraße/Gierather Straße (29), Mülheimer Straße zwischen Piddelborn und Damaschkestraße (24), Laurentiusstraße/Am Broich/Odenthaler Straße (24), Jakobstraße/Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße (5), Buchholzstraße/Hermann-Löns-Straße (18), Gladbacher Straße/Grube Cox (27), Hauptstraße/Cederwaldstraße (19).

Ein von der Straße abgekommenes Auto wird von einem Feuerwehrfahrzeug mithilfe eines Seils gesichert.

Dieser schwere Unfall, bei dem vier Menschen verletzt wurden, ereignete sich kurz vor Weihnachten auf der Mucher Straße in Overath.

Overath: Drei neue Unfallstellen gibt es im Stadtgebiet: die Mucher Straße (13 Unfälle in den vergangenen drei Jahren), die L 152 in Kaltenborn bei Federath (15) und die Kreuzung Kölner Straße/Balkener Straße an der A4-Auffahrt Overath (20). Ältere Unfallstellen sind die Kölner Straße an der Kreuzung Hammermühle und die K 37 bei Breidenassel oberhalb des Schlingenbachtals (9).

Rösrath: Zu den bisherigen Unfallhäufungsstellen, Sülztalstraße in Rambrücken (20 Unfälle in den vergangenen drei Jahren) und Kreuzung Sülztalstraße/Hans-Böckler-Straße/Arnold-Schönberg-Straße (14) kamen vier neue hinzu: Einmündung Venauen auf die Hauptstraßen(6), Sülztalplatz (29), Hauptstraße in Hoffnungsthal (26) und Feldstraße (15) zwischen Forsbach und Kleineichen.

Kürten: In Kürten sind weiterhin die Scherfbachtalstraße (13 Unfälle in den vergangenen drei Jahren) und die neu hinzugekommene Straße Esbach (L 161) zwischen Kürten und der B 506 (12) Unfallhäufungsstellen. Auffällig sind sie laut Polizei vor allem durch Motorradunfälle wegen nicht angepasster Geschwindigkeit.

Feuerwehrleute bergen Einzelteile eines Unfalautos.

Im September verunglückte dieses Auto im Scherfbachtal zwischen Kürten-Beche und Odental.

Odenthal: Unverändert sind das Scherfbachtal (13 Unfälle) und die Hauptstraße zwischen Altenberg und Blecher (10 Unfälle) die beiden Unfallhäufungsstellen in Odenthal. Hauptunfallursache laut Polizei: Die Verkehrsteilnehmer sind zu schnell unterwegs. Allerdings zählen die Serpentinenstrecken bei Altenberg nicht mehr zu den „Hotspots“ von Motorradunfällen. Die liegen nun vor allem auf Wermelskirchener Gebiet. (wg)