Philipp Reuner, Geschäftsführer der Damen Basketball Bundesligen GmbH (DBBL), spricht über den Rückzug der Rheinland Lions aus der 1. Liga.
Interview mit DBBL-Geschäftsführer„Die Rheinland Lions sind für das Aus verantwortlich“
Wann ist der Liga erstmals aufgefallen, dass die Rheinland Lions in finanzielle Schieflage geraten sind?
Philipp Reuner: Wir haben vor Saisonbeginn 2022/2023 das Lizenzierungsverfahren angepasst, die Vereine müssen nun detaillierte Unterlagen einreichen und sich im laufenden Wettbewerb Kontrollen unterziehen, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sicherzustellen. Ein Gutachter hat diese Unterlagen bewertet. Die Rheinland Lions haben mit ihrem Lizenzbescheid am 29. September Auflagen und aufschiebende Bedingungen erhalten, innerhalb einer gewissen Frist bestimmte Unterlagen nachzureichen.
Das hat funktioniert?
Nein, die Rheinland Lions haben bis 31. Oktober die fehlenden Nachweise zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht erbracht. Inzwischen wissen wir, dass bereits am 11. Oktober beim Amtsgericht Köln ein Gläubiger-Insolvenzantrag gestellt wurde, über den uns die Verantwortlichen nicht sofort informiert haben, obwohl dies nach unseren Statuten hätte erfolgen müssen. Selbst nachdem die Rheinland Lions am 31. Oktober einen eigenen Insolvenzantrag gestellt haben, wurden wir im Rahmen einer Videokonferenz am 4. November nicht über die prekäre Lage informiert. Erst auf Drängen des Lizenzligaausschusses haben wir am 7. November vom Insolvenzantrag erfahren.
Wie hat die DBBL darauf reagiert?
Der Lizenzliga-Ausschuss hat nach Beratungen mit dem Gutachter gemäß unserer Statuten daraufhin weitere Prüfungen und ein Nachlizenzierungsverfahren eingeleitet. Mit der vom Gericht beauftragten Gutachterin Dr. Ruth Rigol, aber auch mit Lions-Geschäftsführer Martin Spicker und dem Berater Claus-Arwed Lauprecht haben wir sehr intensive Gespräche geführt. Dabei ging es unter anderem um das weitere Vorgehen zu ausstehenden Zahlungen. Das betraf auch die Gehälter der Spielerinnen und aller weiteren Angestellten. Für eine Fortführung des Spielbetriebs bis Saisonende musste der Club letztendlich weitere Auflagen und Bedingungen erfüllen, um in diesem laufenden Verfahren Nachweise zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu erbringen.
Alles erweckte den Anschein, die Mannschaft könnte die Saison auf dem Parkett beenden. Doch dann ist Anfang des Jahres der Rückzug erfolgt, da sich vor allem die übrigen Bundesligisten gegen den Verbleib der Lions ausgesprochen haben sollen.
Bereits am 26. November gab es eine Mitgliederversammlung der Bundesligisten, an der auch die Rheinland Lions teilgenommen haben. Unabhängig vom laufenden Lizenzierungsverfahren wurde damals bereits hinterfragt, wie es zu dieser Situation kommen konnte und inwiefern die Fairness im laufenden Wettbewerb hergestellt werden kann. Mit dem 1. Januar hat das Amtsgericht Köln entschieden, das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Von diesem Zeitpunkt an war Frau Dr. Rigol verantwortlich für die Lions. Am 2. Januar hat sie auch an der Sitzung teilgenommen, bei der wir die Vereine auf den aktuellen Stand gebracht haben. Alle hatten die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden. Dabei haben die Vereine auch Kritik zum Vorgehen und ihre Skepsis zur Fortführung des Spielbetriebs der Lions geäußert.
Das heißt, die übrigen Clubs tragen eine Mitschuld am Aus?
Nein, die übrigen Clubs haben damit nichts zu tun! Ohne ein Insolvenzverfahren wäre es vielleicht nicht so weit gekommen. Dafür sind die Rheinland Lions verantwortlich. Die endgültige Entscheidung zur Beendigung des Spielbetriebs wurde zwischen Frau Dr. Rigol und der DBBL getroffen und hatte letztendlich viele negative Auswirkungen, die sich nicht nur auf die Lions beschränken.
Es verwundert, dass es keinen festgeschriebenen Ablauf für solche Szenarien gibt. Ende 2018 haben die Fireballs Bad Aibling ebenfalls zurückgezogen. Beim Fußball gibt es neun Punkte Abzug im laufenden Wettbewerb, doch auch im Fall einer Insolvenz dürfen die Verein weiterspielen.
Zunächst einmal ist diese Situation nicht mit der in Bad Aibling vergleichbar, da sie den Spielbetrieb bereits kurz nach dem Insolvenzantrag eigenständig eingestellt haben. Wir werden dennoch aus diesem Fall unsere Lehren ziehen. Ein Punktabzug – in welcher Höhe auch immer – war allerdings auch im Gespräch. Ziel muss jedoch sein, dass eine derartige Situation erst gar nicht entsteht. Hierfür bedarf es neben einer soliden wirtschaftlichen Basis allerdings auch einer realistischen Saisonplanung.
Das ist Philipp Reuner
Philipp Reuner (33) ist seit August 2020 Geschäftsführer der DBBL (Damen Basketball Bundesligen GmbH). Zuvor war er mehr als sieben Jahre als Geschäftsführer im Profisport aktiv (Jobstairs Gießen 46ers). Nach seinem Sportmanagement-Studium am RheinAhrCampus Remagen übernahm Reuner im Juni 2013 die Geschäftsführung am Basketball-Traditionsstandort Gießen und trieb die strukturelle Neuausrichtung und nachhaltige Weiterentwicklung erfolgreich voran. Sein Ziel mit der DBBL ist die Fortführung der stetigen Professionalisierung im Damen-Basketball.