Ist die Krankheitswelle in Rhein-Berg in diesem Jahr akuter als in den Jahren vor der Corona-Pandemie? So schätzen Experten die Situation ein.
Mediziner ordnen einWie schwer die aktuelle Krankheitswelle Rhein-Berg trifft
Für einen Tag wurde es dann doch eng. An der Katholischen Grundschule in Rösrath waren am vergangenen Montag so viele Lehrkräfte auf einmal krank, dass die Kolleginnen und Kollegen der benachbarten Gemeinschaftsgrundschule bei einer Klasse für zwei Stunden einspringen mussten.
„Da greift das kommunale Vertretungskonzept“, erklärt Rösraths Bürgermeisterin Bondina Schulze auf Anfrage der Redaktion. Die Bürgermeisterin lobt die Solidarität, die offenbar unter den Lehrkräften herrsche. Sorge, dass dieser Zustand dauerhaft bleibt, hat Schulze nicht. Ist die aktuelle Krankheitswelle in Rhein-Berg also nur eine Welle, die nach drei Corona-Jahren größer zu sein scheint, als sie ist? Mediziner ordnen das aktuelle Infektionsgeschehen ein.
„Es fühlt sich deshalb so fies an, weil wir das die letzten drei Jahre nicht hatten“, ordnet Axel Gerschlauer, Pressesprecher vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, die aktuelle Krankheitswelle für seinen Fachbereich ein. Zwei Wochen nach Karneval sei immer die Hölle los. Seine Zahlen für das erste Quartal 2023 seien ungefähr so wie 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Allerdings gebe es dieses Jahr ein paar „Nachholinfekte“ mehr: „Ein Kind hat eine gewisse Menge an Viren kennenzulernen.“ Das könne man sich vorstellen wie beim Vokallernen in der Schule. Und das sei in den vergangenen drei Jahren weggefallen.
„Wir hatten nach Karneval natürlich schon immer höhere Krankenstände“, sagt auch Dr. Gereon Schiffer, ärztlicher Direktor am Vinzenz-Pallotti-Hospital (VPH) in Bergisch Gladbach. Erst recht wenn das Wetter schlecht gewesen sei und die Menschen dicht gedrängt gefeiert hätten. Die Krankheitsfälle beim ärztlichen Personal seien derzeit zwar so hoch wie in den vergangenen drei Jahren nicht, berichtet der Mediziner.
Aber: Intensivpflichtige Corona-Fälle unter den Patientinnen und Patienten gebe es im Bensberger Krankenhaus nicht. „Ich glaube, früher war es eher ein Tabu, nicht zur Arbeit zu gehen, wenn man angeschlagen ist.“ Das sei durch Corona wahrscheinlich anders geworden. Diesen Lerneffekt begrüßt der Mediziner ausdrücklich.
Im Marienkrankenhaus Bergisch Gladbach (MKH), das wie das VPH zu den GFO-Kliniken Rhein-Berg gehört, sei ebenfalls eine Menge Personal erkrankt, berichtet der dortige ärztliche Direktor Dr. Stefan Machtens. Sorge um etwaige Personalengpässe hat der Arzt aber auch nicht. Laut Machtens gibt es einen weiteren entscheidenden Unterschied zu den vergangenen Jahren: „Wir haben bei den infizierten Patienten kaum schwerwiegende Erkrankungen.“
„Wir verzeichnen die übliche Krankheitswelle nach Karneval, wie es diese auch schon vor der Corona-Pandemie gab“, teilt Daniel Beer, Sprecher vom Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach (EVK), mit. Das gelte sowohl für Patienten als auch für die Belegschaft. „Wir spüren die aktuelle Krankheitswelle, aber nicht in einer ungewöhnlichen Ausprägung.“
Auch das Nahverkehrsunternehmen Wupsi teilte der Redaktion auf Nachfrage mit, dass es im Betrieb derzeit einen erhöhten Krankheitsstand gebe. „Aktuell fallen vereinzelt Fahrten aus.“ Ein weitreichender Ausfall einzelner Buslinien sei nach aktuellem Stand aber nicht zu erwarten. Beim Verkehrsunternehmen RVK gebe es hingegen durch Krankheit momentan keine Einschränkungen im Linienverkehr.
Die Zahlen
„Zum derzeitigen Krankenstand sind uns derzeit keine belastbaren Angaben möglich“, sagt Dr. Christopher Schneider, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Die Abrechnungsdaten der KVNO-Mitglieder für das laufende Quartal lägen noch nicht vor. Laut dem Landesschulministerium ist der Präsenzunterricht an allen Schulen im Rheinisch-Bergischen Kreis derzeit gesichert.