Das für Rettungsdienst, Brand und Bevölkerungsschutz zuständige Amt 38 im Gladbacher Kreishaus ist extrem ausbaufähig, so ein Gutachten.
OrganisationsanalyseWenn auf Amt 38 im Gladbacher Kreishaus die Hütte brennt
Die Schrift der Organisationsanalysen-Präsentation für das so wichtig gewordene Amt 38 für Feuerschutz und Rettungswesen beim Kreis ist so klein gedruckt, dass Ausschussvorsitzender Ulrich Heutz (CDU) dem Referenten Alexander Tuman einen guten Rat mit auf den Weg gibt: „Ihr seid doch Profis. Macht die Schrift beim nächsten Mal größer.“ Da die Beraterfirma „Lülf+“ nach eigenen Angaben Marktführer ist und sich offenbar bestens auskennt, ist nicht auszuschließen, dass das viele Kleingedruckte Teil des Vortrags-Konzeptes war.
Denn der Vortrag bietet jede Menge Zündstoff. Die gewachsene Organisation von Katastrophenschutz, Feuerwehr und Rettungsdienst beim Kreis sei äußerst ausbaufähig, spätestens seit der „Zeitenwende“ durch Putins Krieg und der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021. Der Dienst nach alter Väter Sitte braucht einen Schub. Und neue Stellen.
Amtsleitung diskret mit Doppelspitze besetzt
Immerhin, die Verantwortlichen im Kreishaus haben bereits erste Konsequenzen gezogen. 8,5 neue Stellen sind unter Stöhnen bereits für 2023 bewilligt (aber noch nicht freigegeben) worden, jetzt empfiehlt das Gutachten vier weitere neue Dienstposten. Und als wäre „Amt 38“ nicht Teil der Kreisverwaltung, sondern eine Spezialgruppe des Bundesnachrichtendienstes, hat es einen sehr diskreten Wechsel in der Amtsleitung gegeben: Jetzt gibt es eine Doppelspitze, bestehend aus dem Verwaltungsfachmann Thomas Hagen und dem Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes, Dr. Florian Breuer.
So ungewöhnlich für eine öffentliche Verwaltung ist diese Doppelkopf-Konstellation, dass sogar aus der Landrat Stephan Santelmann stellenden CDU-Fraktion die Nachfrage kommt, wie „das denn funktioniert. Doppelspitzen hängen ja sehr von den handelnden Personen ab“, so Dr. Kurt Molitor.
In der Vergangenheit hohe Fluktuation beim Personal
Die Doppelspitze, darauf hat Tuman zuvor hingewiesen, hat nicht sein Unternehmen vorgeschlagen, könne sie aber befürworten. Bei Kreisen und Städten sei das selten, bei Werksfeuerwehren aber so ungewöhnlich nicht. Und dann plaudert er ein bisschen mehr aus dem Nähkästchen über Amt 38.
Tuman: „Eklatant auffällig war, dass es sehr hohe Fluktuation und damit wenig Erfahrung gegeben hat.“ Es sei „relativ untypisch“, dass in einem Amt für Katastrophenschutz der Altersdurchschnitt so niedrig sei. Und er nennt die Zahl: 35,2 Jahre. Tuman: „Das ist überraschend, denn eigentlich lebt ein Amt für Katastrophenschutz und Gefahrenabwehr von sehr berufserfahrenen Kollegen, die im Tandem mit Jüngeren arbeiten.“ Wenn Stellen andauernd neu besetzt werden müssten, wirke sich das auf die Schlagkraft aus, da sich die Neuen ja erst einmal einarbeiten müssten.
Organisationsreform und neue Stellen
Für die Zukunft empfiehlt Tuman, den historisch begründeten Wildwuchs in der Gliederung zu beenden, bei dem einzelne Abteilungen parallel und aneinander vorbeiarbeiteten. Es solle fünf Abteilungen geben, wobei Verwaltung und Technik die fachlichen Einheiten Leitstelle, Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz unterstützen sollen. Der Kreisbrandmeister solle als Stabsstelle direkt an die Amtsleitung angegliedert werden und damit „sichtbar und herausgehoben oberster Feuerwehrmann des Kreises“ sein.
Die vier zusätzlichen Stellen, die der Gutachter empfiehlt, sollen in den Bereichen Fahrzeugtechnik, Infrastruktur, Abteilungsleitung Rettungsdienst und Katastrophenschutzlager geschaffen werden. Sollte die Politik den Vorschlägen folgen, käme sie mit den dann 76,8 Stellen zwar nicht auf Platz 1 der Amts-Ausstattung, liege aber im „guten Mittelfeld“.
Auf die Gegenfrage aus der CDU: „Und wo liegen wir jetzt?“, antwortet Tuman ausweichend: „Ich habe keine Bundesliga-Tabelle dabei.“
Für die Linken erkundigte sich Kreistagabgeordneter Peter Tschorny, ob es denn wirklich so viele neue Stellen sein müssten, wenn doch die Effizienz steigere und Doppelarbeit abgebaut werde. Antwort: Das sei bereits eingerechnet.
SPD-Mann Jochen Zieriacks fragt nach dem zahlenmäßigen Verhältnis zwischen den denen, die im Kreishaus säßen, und denen, die im Ernstfall beim Feuer „an der Spritze“ stünden. Gemeinsame Antwort von Gutachter, Kreisbrandmeister Martin Müller-Saidowski und dem neuen Co-Amtsleiter Florian Breuer: „Es sind fast 3000 Einsatzkräfte.“ Zieriacks sagt zwar nichts dazu, aber Ausschussvorsitzender Heutz interpretiert die Gedanken des SPD-Kollegen: „Her Zieriacks lächelt, also ist das Verhältnis für ihn in Ordnung.“
Beschlossen wurde erst einmal nichts, sondern lediglich der Sachstandbericht zur Kenntnis genommen.