Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Rhein-Berg spricht über die ärztliche Versorgung im Kreis.
MedizinWie in Rhein-Berg die Versorgung mit Allgemeinmedizinern sichergestellt wird
Erschreckend klingt die Mitteilung des Statistischen Landesamtes über die Entwicklung der allgemeinmedizinischen Arztpraxen in Nordrhein-Westfalen: 13 Prozent weniger Hausarztpraxen als vor zehn Jahren. Im Jahr 2011 gab es demnach noch 6644 allgemeinmedizinische Praxen, im Jahr 2021 hatte sich die Zahl um 840 auf 5804 verringert. Um vier Prozent hatten sich die Zahl der Facharztpraxen verringert: von 12.569 auf 12.106.
Für den Rheinisch Bergischen Kreis indes gibt Dr. Heribert Wiemer, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Rhein Berg, Entwarnung: „Wir sind voll besetzt in den 400 Arztpraxen im Kreis – wir haben das in Jahrzehnte langer Vorstandsarbeit in Eigenregie geregelt.“
Zwar habe es eine Zeit lang in Kürten einen Engpass gegeben, als altersbedingt Kollegen ausgeschieden seien. „Aber wir haben Interessenten, die bei unserer Kreisstelle nachgefragt haben, ob sie sich im Rheinisch-Bergischen Kreis niederlassen könnten, intensiv beraten und betreut. Diese wollten erst einmal nur nach Bergisch Gladbach, Bensberg, Refrath.“
Doch Wiemer und seine Kollegen entwickelten ein Konzept, um den angehenden niedergelassenen Medizinern auch außerhalb der Zentren schmackhaft zu machen: Vor Ort mit den Kollegen und den Bürgermeistern reden, sich auf die jahrzehntelange Betreuung der Menschen vor Ort einlassen, statt den Patienten nur kurz bei der Operation zu behandeln.
„Zwar erleichtert die Anschubfinanzierung Euro etwas den Anfang, aber wichtig ist die mittelfristige Perspektive: Mietpreisentwicklung, Praxisraum, Parkplätze, ÖPNV. Das könne man am besten vor Ort vorab klären.“ Weiter: „Wir Älteren haben beizeiten dafür gesorgt, dass jemand die Praxis übernimmt“, so Wiemer. Seine potenzielle Nachfolgerin habe gerade mit Bravour die Facharztprüfung als Allgemeinmedizinerin bestanden.
Mit Sicherheit habe zu der positiven Entwicklung in Rhein-Berg beigetragen, dass der Bezirk Nordrhein die erste Region war, in der die Verbundweiterbildung vor etwa acht Jahren ins Leben gerufen wurde. „Niedergelassene Hausärzte und Krankenhäuser haben ein Bündnis beschlossen, das den weiterbildungsbereiten, jungen Leuten die Ausbildung zum Facharzt ermöglicht und garantiert, lückenlos die Zeit zu absolvieren“, so Wiemer.
Bundesärztekammer meldet Zuwachs
„Das bedeutet: zwei Jahre Ausbildung in der Praxis, dann drei Jahre an anderen Stationen.“ Die Praxen, die bereit seien, auszubilden, haben es leichter, einen Nachfolger zu finden. Wiemer als approbierten Ausbilder an der Uni Köln hat schon früh zu den Kontakt zu den Studenten: „Da hat man einen ganz anderen Zugang zu der nächsten Generation.“
Bestätigung bekommt Dr. Wiemer von der Bundesärztekammer, die einen Zuwachs von 15,1 Prozent bei der Zahl der ambulant tätigen Mediziner in NRW meldet: Im Jahr 2021 praktizierten rund 34.500 Ärztinnen und Ärzte ambulant, im Jahr 2011 waren es nur rund 30.000.
Der Unterschied zu den Zahlen des Statistschen Landesamtes resultiert aus den Daten des Unternehmensregisters Systems URS, das lediglich die Zahl der Praxen ermittelt hat. Daraus sind keine Rückschlüsse auf die Zahl der darin praktizierenden Ärzte möglich. Fehlalarm? Im Rheinisch-Bergischen jedenfalls scheint alles gut versorgt zu sein.
Ärzteversorgung in Rösrath weiter knapp
Der größte Engpass in der Ärzteversorgung in Rösrath wurde im Juni 2022 mit dem Neustart der lange verwaisten Hausarztpraxis in Forsbach überwunden. Dr. Daniel Schmitz-Beuting und Dr. Martin Gubelt übernahmen die seit September 2021 endgültig geschlossene Praxis Dr. Nießen. Die Versorgung in Rösrath ist aber weiter knapp. So wiesen im August 2021 niedergelassene Ärzte darauf hin, dass in den letzten Jahren vier aufgegebene Arztpraxen nicht nachbesetzt wurden. Der Stadtrat drang auf Klärung der Probleme und Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung, um Abhilfe zu schaffen. (tr)