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KreisparteitagRhein-Bergs Grüne warnen vor populistischem Rechtsruck

Lesezeit 4 Minuten
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf spricht beim Kreisparteitag der Grünen Rhein-Berg.

Holte 97 Prozent der Stimmen bei seiner Aufstellung als Direktkandidat der Grünen Rhein-Berg für die Bundestagswahl 2025: Der Abgeordnete Maik Außendorf (r.) räumte in seiner Rede auch brisante Themen ab.

Der Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf ist von den Grünen Rhein-Berg erneut als Direktkandidat aufgestellt worden – und positionierte sich deutlich.

Verschärfte Abschiebungsdebatte nach Messerattacken, Rechtsruck und Ampel-Stress in Berlin – Bergisch Gladbachs grüner Bundestagsabgeordneter Maik Außendorf hat einige grüne Positionen zu erklären – und räumt am Samstag beim Kreisparteitag seiner Partei doch so umfassend damit auf, dass er am Ende mit mehr als 97 Prozent der Stimmen erneut zum Direktkandidat für die Bundestagswahl im nächsten Jahr gewählt wird.

Das was uns die CDU in die Schuhe zu schieben versucht, geht nicht nur gegen uns, sondern gegen den Staat.
Maik Außendorf (Grüne), Mitglied des Bundestags aus Bergisch Gladbach

Schon zu Beginn des Kreisparteitags im Kreishaus Am Rübezahlwald hatte Stella Laufenberg, die gemeinsam mit Dr. Jörg Wagner die Spitze des Kreisverbandes bildet, den Schock zum Ausdruck gebracht, den der Messerangriff von Solingen „ausgerechnet am Fest der Vielfalt“ nach sich gezogen habe.

Stella Laufenberg, die die Kreispartei der Grünen zusammen mit Dr. Jörg Wagner als Vorstandssprecherin führt, leitet die Kreisversammlung der Grünen Rhein-Berg.

Leitete die Kreisversammlung: Stella Laufenberg, die die Kreispartei der Grünen zusammen mit Dr. Jörg Wagner (l.) als Vorstandssprecherin führt.

Nach einer Schweigeminute für die Opfer plädierte Laufenberg dafür, „jetzt trotzdem einen klaren Kopf zu behalten“ und selbstverständlich „Verwaltungsabläufe auf den Prüfstand“ zu stellen, nicht aber härtere Abschieberegelungen zu fordern.

Populistische Instrumentalisierung von Messerangriff „gefährlich für Demokratie“

Der Solinger Messerangriff eines Syrers, der eigentlich hätte bereits abgeschoben werden sollen, sei nicht der einzige in den vergangenen Tagen gewesen, so Maik Außendorf in seiner Berichts- und Vorstellungsrede als einziger Bewerber um die Kandidatur als Bundestagsdirektkandidat für die Grünen Rhein-Berg. In Recklinghausen und Moers habe es ebenfalls versuchte Messerangriffe gegeben, die die Polizei habe vereiteln können, in Siegen einen weiteren umgesetzten, so Außendorf.

Maik Außendorf hält ein Fahrrad, in dessen Gepäcktaschen einen Blumenstrauß verstaut ist.

Nach dem Parteitag, bei dem erneut zum Direktkandidaten der Grünen Rhein-Berg gewählt wurde, fuhr der Bergisch Gladbacher Maik Außendorf mit den Glückwunschblumen in den Satteltaschen nach Hause.

„In Solingen war es ein Syrer, der hatte abgeschoben werden sollen, in allen anderen Fällen waren es deutsche Staatsbürger“, so Außendorf. Es sei eine „dramatische Entwicklung“ und „bedrohlich für unsere Demokratie“, so Außendorf, wenn nun auch Teile der CDU „schwerwiegende Ereignisse“ – wie man es von den Republikanern in den USA kenne – nutzten, um „populistisch kurzfristig für sich daraus Kapital zu schlagen“.

Außendorf: Zehn der abgeschobenen Schwerstverbrecher sind in Afghanistan freigekommen

Eine Entwicklung, die er auch an anderer Stelle gesehen habe. So wies der grüne Bundestagsabgeordnete auf die leeren Gasspeicher hin, die die CDU-geführte Vorgängerregierung der „Ampel“ in Berlin hinterlassen habe, und deren Wiederauffüllen CDU-Politiker dann populistisch angegangen seien.

„Ich habe mich immer gegen Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien ausgesprochen“, so Außendorf, nicht weil er ein „Herz für Schwerverbrecher habe, im Gegenteil. Aber da werden Schwerverbrecher zu den Taliban abgeschoben, zu einer terroristischen Organisation in einem terroristischen Staat. Und zehn von denen sind gleich danach dort auf freien Fuß gesetzt worden. Und was machen die? Die gehen hin und bilden neue Terroristen aus, die kommen her und verüben neue Anschläge, anstatt dass sie hier im Gefängnis sitzen“, warnte der Bundestagsabgeordnete.

Grüner Abgeordneter warnt vor zu viel Selbstkritik der Grünen

„Das ist der große populistische Denkfehler, der da gemacht wird: Da wird kurzfristig auf Stimmung gesetzt, und langfristig schießen wir uns ins eigene Knie.“

Eine Bitte hatte Außendorf vor seiner Nominierung: „Wir Grünen sind immer super kritisch und am kritischsten mit uns selbst.“ Das sei auch richtig, wenn man etwa Strategien auswerte. Es werde aber immer so sein, dass die Grünen in Koalitionen regieren müssten. „Es wird immer ein Quentchen geben, das wir nicht bekommen. Aber wir sind die einzige Partei, die immer sagen: Ach Mist, wir haben dieses eine Quentchen nicht bekommen“, rief Außendorf seine Parteimitglieder dazu auf, die eigenen Erfolge nach draußen besser zu verkaufen.

Als Beispiele nannte er, dass man mit Robert Habeck die Energiekrise gemeistert und die Energieversorgung sichergestellt habe, mit dem Gebäudeenergiegesetz es aber auch geschafft habe, „sich langfristig von der Abhängigkeit vom Gas zu lösen“, so Außendorf. Auch sei noch nie so viel in die Bahn investiert worden, wie unter der aktuellen Regierung – auch wenn nicht alles über Nacht zu sanieren sei.

Maik Außendorf wird mit mehr als 97 Prozent der Stimmen zum Direktkandidaten gewählt

„Es bleibt noch viel zu tun“, verwies Außendorf unter anderem auf die weitere Energiewende, Maßnahmen gegen demokratiegefährdende Desinformationen im Internet und weiteren Abbau der Bürokratie, die vornehmlich die CDU in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut habe, jetzt aber den Grünen „in die Schuhe schieben“ wolle. „Das geht nicht nur gegen uns, sondern auch gegen den Staat“, warnte Außendorf. Auch deshalb wolle er sehr gerne weitermachen.

Mit 35 von 36 abgegebenen Stimmen wurde er schließlich als Direktkandidat der Grünen Rhein-Berg für die Bundestagswahl 2025 aufgestellt. Lediglich ein Mitglied stimmte in der geheimen Abstimmung gegen ihn. Anschließend gab die Kreisversammlung noch ein einstimmiges Votum für Außendorf ab, um bei der Aufstellung der Landesliste einen guten Listenplatz für ihn zu erwirken.


Grüne Bürgermeisterin war Erfolg der vergangenen Kommunalwahl

Bei der vergangenen Kommunalwahl war sie die Sensation: Rhein-Bergs erste grüne Bürgermeisterin, Bondina Schulze in Rösrath. Bei der kommenden Wahl würde sie nach eigenem Bekunden gerne noch einmal antreten. Ihre Ortspartei allerdings zeigt sich bislang reserviert, was die Kandidatenaufstellung anbelangt.

Rösraths Bürgermeisterin Bondina Schulze lacht beim Kreisparteitag der Grünen Rhein-Berg.

Rösraths Bürgermeisterin Bondina Schulze beim Kreisparteitag der Grünen im Kreishaus Am Rübezahlwald.

„Es wird ein demokratischer Prozess werden“, kündigte Andreas Vivarelli, Vorstandssprecher der Rösrather Grünen und zugleich Kreisgeschäftsführer der Partei, wie berichtet jüngst an. Der Kreisvorstand werde sich da auch nicht einmischen, so Kreissprecher Dr. Jörg Wagner am Rande des Kreisparteitags. „Nur wenn wir explizit hinzugerufen werden.“ (wg)