Bäcker, Tanken, GastronomieHier müssen Rhein-Berger mit steigenden Preisen rechnen
Rhein-Berg – Die Preise steigen. Nicht nur an der Tankstelle. Auch in anderen Wirtschaftszweigen kennen die Preise derzeit nur eine Richtung – nach oben.
Bäckerhandwerk
Das Grundnahrungsmittel Brot wird wohl teurer werden und auch für Gebäck wird man in vielen Läden künftig tiefer in die Tasche greifen müssen. Damit rechnet jedenfalls Peter Lob, Obermeister der Bäckerinnung Bergisches Land. „Jeder Bäcker muss jetzt neu kalkulieren“, sagt er für die Betriebe zwischen Leverkusen im Westen und dem Oberbergischen Kreis im Osten. „Denn Weizen wird an der Börse gehandelt und da wird jetzt viel spekuliert“, erklärt er mit Blick auf die zu erwartenden Ernteausfälle durch den Krieg in der Ukraine. Das Land gilt als Kornkammer Europas.
Bereits zu Beginn des Jahres habe das Bäckerhandwerk „die Preise anpassen“ müssen, damals vor allem wegen höherer Marktpreise für Rosinen, Sonnenblumen- und Kürbiskerne. „Jetzt kommt mit dem teuren Getreide der nächste Schock.“ Der Einkaufspreis für Getreide sei um 35 Prozent gestiegen, Zucker gar um 40 Prozent, weitere Rohstoffe, die in den Backstuben benötigt werden, um 20 Prozent. „Selbst Hefe, die hier im Land produziert wird, steigt im Preis“, ärgert sich der Bäckermeister.
Hinzu kämen steigende Energie- und Lieferkosten. Alles gehe in eine Mischkalkulation ein. Wer nicht dauerhaft kleine Brötchen backen will, wird vermutlich einige Preisschilder austauschen müssen. Wann, das entscheide jeder Betrieb selbst, sagt Lob, der in seinen eigenen 15 Filialen Ende März oder April mit diesem Schritt rechnet. Das Kilo Weizenbrot könnte dann statt 3,50 Euro künftig 3,80 Euro kosten, während der Brötchenpreis bei ihm wohl erst einmal stabil bleibe.
Busunternehmen
Sascha Meurer ist wütend. „Die Spritpreise sind eine Katastrophe“, sagt er, „und ich habe während Corona schon so viel an Ersparnissen in die Firma gesteckt, wenn sich da nichts tut, muss ich die Notbremse ziehen.“ Der Chef von Meurer Touristik wird die Buspreise also irgendwann erhöhen müssen, schätzt er. „Aber das ist nur die eine Seite. Busreisen an sich wird sich niemand mehr leisten können, wenn die Preise weiter so stark steigen.“ Klassenfahrten, Gruppenreisen, all das lag schon während der Corona-Pandemie ziemlich brach.
Als man ihn zwischendrin fragte, ob er trotzdem an die Zukunft der Reisebusse glaube, war Meurer noch überzeugt: „Da habe ich gesagt, na klar. Jetzt denke ich, den Markt wird es vielleicht noch geben, aber bezahlen kann das niemand.“ Bei seinem Unternehmen gehen immer mehr Stornierungen ein. Gerade ältere Menschen nutzen die Busse, und fürchten jetzt um ihre Ersparnisse. „Sie sagen mir, 'wir brauchen das Geld für den Krieg'“, erzählt Meurer. „Das erste, woran Menschen immer sparen, ist eben Urlaub.“
Auch die Preise beim Wanderbus, gerade erst neu eingestuft, reichen jetzt nicht mehr aus, um die enormen Dieselkosten zu stemmen. Meurer fühlt sich auch von der Politik im Stich gelassen und sieht eine Kettenreaktion voraus: „Da kommt eine Rieseninflationswelle auf uns zu. Das ist nicht nur der Sprit, alles wird teurer werden, denn Sprit heißt auch, jede Fracht wird teurer!“ Speiseöl für seine Busse zieht er übrigens nicht in Betracht und rät auch den Hamstereinkäufern davon ab: „Das ging vielleicht früher mal, heute zahlt man irgendwann den Preis. Und da sparen Sie wirklich am falschen Ende.“
Supermärkte
Das Hamstern der Kunden – Für Bernhard Hetzenegger, Mitinhaber der vier von der Gladbacher Kaufmannsfamilie geführten Edeka-Märkte, ist das ein „Riesenproblem“. „Alle kaufen plötzlich für ihre Angehörigen ein, für die Tochter, für die Eltern“, berichtet er. Auf diese Weise würden Abgabebeschränkungen umgangen. Seit einigen Tagen hat Hetzenegger einige Waren rationiert. Mehl (vier Packungen), Sonnenblumenöl (zwei Flaschen) und Toilettenpapier (zwei Packungen).
Bestellt werde bei der Edeka-Zentrale eigentlich genauso viel wie vorher, nur würden die Kunden ein Vielfaches kaufen. „Manche gehen nach dem Einkaufen zum Auto, laden ein, und kommen zu einem zweiten Einkauf zurück.“ Hetzenegger appelliert, nicht mehr als benötigt einzukaufen. „Dann hat auch noch die Nachbarin die Möglichkeit, Sonnenblumenöl zu bekommen.“
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Auch beim Rapsöl gebe es mittlerweile Engpässe. „Beim Olivenöl bislang noch nicht.“ „Reis ist heute gar nicht geliefert worden“, sagt Kaufmann Thomas Koll, Inhaber von zwei Rewe-Märkten in Bechen und Oberodenthal. „Beim Speiseöl nur eine ganz kleine Menge.“ Ohne Rationierung gehe es nicht, sagt er. Pro Einkauf nur zwei Artikel der kritischen Waren, bei Koll sind dies aktuell Reis, Speiseöl und Mehl.
Gastronomie
In der von den Lockdowns der vergangenen zwei Jahre besonders gebeutelten Branche der Gastronomie überlegt man sich derzeit sehr genau, in wieweit sich Preissteigerungen im Einkauf überhaupt an die Gäste weitergeben lassen. „Jetzt, da gerade unter der Woche immer noch die Kunden fehlen, muss man da, wenn es geht, sehr moderat vorgehen“, sagt der stellvertretende Dehoga-Sprecher für Rhein-Berg, Markus Wißkirchen. Dabei seien Mehl und Öl bei den Lieferanten derzeit auch noch zu kaum höheren Preisen zu bekommen, während beim Rinderroastbeef die Preiserhöhung von 20 Prozent im Einkauf längst angekommen sei.
„Wenn die Preissteigerungen natürlich irgendwann überall angekommen sind, und Energie brauchen wir ja auch eine Menge, dann müssen wir sehen, wie das noch weitergeht“, sagt der Dehoga-Vertreter. Schließlich drohten nicht nur Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie, sondern bald auch wegen steigender Lohnkosten aufgrund der geplanten Erhöhungen beim Mindestlohn. „Wir müssen sehr aufpassen, was bis zum Sommer noch alles passiert. Und so oder so hoffen, wir, dass der Krieg in der Ukraine bald zu Ende geht.“
„Das kann man sich kaum noch leisten“
Im Interview mit Alina Bremer: Spediteur Hans Rainer Teitscheid, der international Kunden und Kundinnen beliefert.
Hans Rainer Teitscheid, Sie betreiben eine Spedition in Bergisch Gladbach und beliefern international Kunden. Hat die aktuelle Lage Auswirkungen auf Ihr Geschäft?
Teitscheid: Die Spritpreise sind exorbitant gestiegen. Unsere Fahrzeuge tanken zwischen 1 200 und 1 400 Liter Sprit. Da kostet eine Tankfüllung bis zu 2 500 Euro. Das kann man sich kaum noch leisten. Außerdem sind einige Produkte teurer geworden.
Haben Sie einen Unterschied in der Auftragslage festgestellt?
Nein, bisher ist unsere Auftragslage noch stabil. Aber im Moment kann sich alles rasant entwickeln. Wenn nur ein Vorprodukt unserer Händler aus der Ukraine oder Russland kommt, ist die ganze Lieferkette betroffen. Man kann momentan schwer absehen, was noch alles kommen wird.
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Haben Sie Angst um die Zukunft Ihres Unternehmens?
Es wird schwieriger, aber Zukunftsangst habe ich nicht. Alles, was von A nach B muss, muss transportiert werden– für vieles davon braucht man Speditionen. Aber wir haben schon unter Corona sehr gelitten. Die Fahrzeugpreise sind um 20 Prozent gestiegen, die Lieferzeiten extrem lang, es herrschte noch größerer Personalmangel als vorher– da haben wir aber Glück, weil wir gutes Stammpersonal haben. Die Lage der gesamten Branche ist schon dramatisch. Viele leiden sehr. Das ist jetzt das i-Tüpfelchen, das noch gefehlt hat. Wie es weitergeht, steht in den Sternen.