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Aktion der KommunenPost vom Anwalt für Rhein-Bergs Landrat Santelmann

Lesezeit 3 Minuten
Drei Männer sitzen mit FFP2-Masken an Tischen in einer Sitzung des Kreisausschuss des Rheinisch-Bergischen Kreises.

Bereits im März 2021 kam es einmal zu einer heftigen Kontroverse um den Kreisetat: Frank Stein (rechts) redet hier im Kreisausschuss Tacheles, Kämmerer Eckl und Landrat Santelmann (links) lauschen.

Rhein-Bergs Städte und Gemeinden wollen jährlichen Disput um die Kreisumlage juristisch klären lassen, das sei aber keine „Kriegserklärung“.

Kritisch geäußert haben sich die Vertreter von Städten und Gemeinden stets, wenn es Ende des Jahres um die Festlegung der Kreisumlage ging, mit der sie die Arbeit des Kreises zu einem guten Teil finanzieren. Das jedoch gab es noch nicht: Keine 24 Stunden waren nach der Einbringung des Kreishaushaltsplanentwurfs für das Jahr 2024 vergangen, da erhielt Landrat Stephan Santelmann (CDU) am Freitag das Schreiben eines Fachanwalts aus Potsdam, von dem sich sämtliche acht Kommunen des Kreises in diesem Jahr in der Auseinandersetzung mit dem Kreis juristisch vertreten lassen.

Das juristische Schreiben zeigt, wie sehr die kommunale Ebene bei den Finanzen mit dem Rücken an der Wand steht.
Birgit Bär, Pressesprecherin des Rheinisch-Bergischen Kreises

In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, kündigt der renommierte Jurist Professor Dr. Matthias Dombert an, dass es darum gehe „zum einen eine den Anforderungen der Rechtsprechung genügende Beteiligung meiner Mandanten sicherzustellen“, und zum anderen „darauf hinzuwirken, dass der Kreistag bei seiner Entscheidung über die Höhe der Kreisumlage die berechtigten Belange meiner Mandanten hinreichend berücksichtigt“. Erste Bitte des Rechtsvertreters: die Frist zur juristischen Prüfung und Stellungnahme zum Kreishaushalt zu verlängern.

Auch wenn Landrat Santelmann offenbar vorab nicht über die juristische Vertretung der Kommunen informiert war, lässt er durch Kreissprecherin Birgit Bär explizit Verständnis für das Vorgehen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister äußern: „Wir sind weder beleidigt noch aufgeregt – im Gegenteil“, sagt die Kreissprecherin, nachdem die Redaktion beim Landrat um eine Stellungnahme angefragt hatte: „Das juristische Schreiben zeigt, wie sehr die kommunale Ebene bei den Finanzen mit dem Rücken an der Wand steht.“

Kreisumlage als Punkt, an dem juristische Klärung möglich ist

Die Kommunen seien es Leid, so Bär, dass sie über die Kreisumlage vom Bund an den Kreis übertragene Aufgaben finanzieren müssten, die eigentlich der Bund zahlen müsste. In den vergangenen Jahren habe man mehrfach gemeinsam mit den Kommunen dagegen protestiert, dass die kommunale Ebene vom Bund immer mehr Aufgaben übertragen bekomme, ohne dafür die notwendige finanzielle Ausstattung zu erhalten, so die Kreissprecherin.

„Wenn man nicht mehr nur reden will, sondern das Ganze mal wirklich juristisch klären lassen will, muss man so vorgehen. Und die Kreisumlage ist der Punkt, an dem die Kommunen das juristisch klären lassen können“, so Bär. Zumal in Nordrhein-Westfalen tatsächlich diesbezüglich, wie auch von Rechtsanwalt Dombert angesprochen, vieles nicht komplett juristisch geklärt sei.

Das Schreiben ist keineswegs als brutale Attacke oder gar Kriegserklärung zu verstehen, sondern ein ganz normaler Vorgang.
Frank Stein, Bürgermeister von Bergisch Gladbach und Sprecher der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Rheinisch-Bergischen Kreis

Auch der Sprecher der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Kreis, Gladbachs Bürgermeister Frank Stein (SPD), sieht das Anwaltsschreiben an den Landrat „keineswegs als brutale Attacke“ oder gar „Kriegserklärung“, wie er auf Nachfrage am Sonntag erläutert. Vielmehr sei es ein „ganz normaler Vorgang“, um das Verfahren der Beteiligung der Kommunen bei der Festlegung der Kreisumlage „auf einer fachlichen Ebene“ zu führen.

Die Initiative sei im Dialog mit dem Städte- und Gemeindebund entstanden, der das Vorgehen unterstütze, so Stein: „Wir wollen juristisch qualifiziert mit der Expertise von Professor Dombert den Finanzbedarf der Kommunen einbringen und ein strukturiertes Verfahren gestalten, damit der Kreistag am Ende auch eine tragfähige Abwägung treffen kann.“ Dabei betont Stein: „Das ist nicht die Vorbereitung einer gerichtlichen Auseinandersetzung.“

Kreis will mit Kommunen über gewünschte Fristverlängerung sprechen

Wie es nun weitergeht? „Wir brauchen zunächst alle Fakten, um uns damit auseinandersetzen zu können“, so Bürgermeistersprecher Stein. Über die gewünschte Fristverlängerung werde man mit den Kommunen sprechen, so Bär.

Dabei macht die Kreissprecherin keinen Hehl daraus, dass der Kreis selbst „dazwischen“ stehe: Einerseits habe er jüngst im Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt bescheinigt bekommen, dass er verantwortungsvoll mit den Finanzen umgehe und die Kreisumlage in Rhein-Berg eine der niedrigsten im Land sei, andererseits könnten die Kommunen die Lasten nicht mehr tragen. „Jeder Bürger hat das Recht, sich gegen einen belastenden Bescheid juristisch zu wehren, das gilt auch für die Kommunen.“