Bergisch Gladbach/Rösrath/Köln – Wie geht die Gesellschaft mit Leuten um, die augenscheinlich einen psychischen Knacks haben und andere beschimpfen und belästigen? Eine Mitarbeiterin der Rösrather Stadtverwaltung weiß als Opfer ein Lied davon zu singen, denn gleich fünf Mal landeten wüste Beschimpfungen und Drohungen eines 58-jährigen Kölners spätabends auf ihrem Anrufbeantworter.
Der musste sich am Mittwochmorgen wegen Beleidigung und versuchter Nötigung vor dem Bergisch Gladbacher Amtsgericht verantworten – das das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft aber einstellte, weil dem elffach vorbestraften Kölner in der Domstadt schon der nächste Prozess droht, an dessen Ende er im Gefängnis landen könnte.
Polizei bringt Kölner zum Prozess nach Bensberg
Leo L. (Name geändert), ein äußerlich völlig unauffälliger Endfünfziger, ist kein ganz unkomplizierter Zeitgenosse. Zu seinem aktuellen Prozess ließ ihn Richter Reinhard Bohn durch die Polizei vorführen, nachdem L. einen vorangegangenen Termin einfach geschwänzt hatte. „Das war schon in Ordnung“, sagte L. zu Prozessbeginn, „alleine hätte ich es sowieso nicht geschafft.“
Immerhin habe er inzwischen zwei Herzinfarkte erlitten und sei ziemlich am Ende. Die üblen Hasstiraden gegen die Rösrather Sozialverwaltungsmitarbeiterin – sie würde Kinder verkaufen, sie denke nur von 8 bis 12 Uhr, er werde sie mit dem Kopf gegen die Wand schlagen und so weiter - gab er unumwunden zu und führte das auf seine psychische Belastung zurück.
Offene Bewährung
Anders als er Rest der Welt sind er und seine langjährige „Verlobte“ nämlich fest davon überzeugt, dass sie die leiblichen Eltern eines in Rösrath lebenden „14 oder 15 Jahre“ alten Kindes seien. Da der „Dreckshaufen Stadt Rösrath“ nicht so spurte, wie er sich das wünschte, sprach er seine Beleidigungen auf die Mailbox.
Vor Gericht buk er dagegen jetzt kleine Brötchen. Das mag auch daran liegen, dass er mittlerweile vom Kölner Amtsgericht wegen neuer Beleidigungen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde und ein weiteres Verfahren droht. Überdies muss er, obwohl er nur eine schmale Rente hat, hohe Geldstrafen aus früheren Verfahren abstottern.
Frührentner lebt mit zwei Frauen zusammen
Wie er das bei 634 Euro Rente überhaupt schaffe, wollte Richter Bohn wissen, woraufhin Leo L. ihn wissen ließ, dass er nicht nur mit einer, sondern mit zwei Frauen zusammenlebe, und sie alle drei ihr Pflegegeld zusammenlegen würden. Bohn ließ den Angeklagten aber auch wissen, dass das Strafgericht die falsche Instanz für psychiatrische Hilfe sei. Er empfahl ihm, beim zuständigen Kölner Betreuungsgericht die Bitte um Betreuung vorzutragen. „Dann geht alles seinen Gang.“
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Während der Richter zunächst daran dachte, Leo L. mit einer weiteren Bewährung eine letzte Chance einzuräumen, schlug die Staatsanwältin mit Erfolg die Einstellung mit Hinblick auf das nächste anstehende Verfahren und einer dort drohenden weiteren Freiheitsstrafe vor.
Leo L., von der neuen Perspektive Betreuungsgericht anscheinend sehr angetan, sagte mehrfach zu, dem Gladbacher Strafrichter eine Bescheinigung über seine Vorsprache in Köln zuzuschicken. „Das brauchen Sie nicht, das Verfahren hier ist abgeschlossen“, antwortete Richter Bohn.
Sprachlich hollywoodreif verabschiedete sich der Angeklagte zurück nach Köln: „Ich danke Ihnen, Euer Ehren!“