Rösrath – Mooreiche, Nashorn, Elfenbein, der Stoßzahn eines arktischen Narwal, Perlrochenhaut und Walrosspenis: Kai Löhmer aus Rösrath hat alle diese exotischen Werkstoffe in seiner Werkstatt. Der Hoffnungsthaler fertigt edle Messer in Handarbeit und stellt aus den seltenen Werkstoffen Messergriffe und Messerscheiden her. „Es muss immer exotisch sein, sonst macht es keinen Spaß“, beschreibt Löhmer seine Arbeit.
Zocker- und Zuhältermilieu
Der Pensionär war nicht immer Messermacher. Jahrelang bewegte sich Löhmer als Leiter der Kölner Zwangsvollstreckungsbehörde im Zocker- und Zuhältermilieu – auch Undercover. In 18 Monaten Untergrundarbeit ermittelte der Fahnder 73 Millionen Mark an Steuernachzahlungen. Das ärgerte die Milieubosse gewaltig, und für den Hoffnungsthaler wurde es ungemütlich: Nachdem er einigen Bestechungsversuchen der Szene widerstand, verurteilte diese ihn kurzerhand zum Tod – Löhmer war zum Abschuss freigegeben. „19 Personen aus dem Milieu stimmten für meinen Tod, drei stimmten dagegen“, berichtet Löhmer.
Doch er hatte Glück: Bevor die Liquidation in die Tat umgesetzt wurde, sickerte der Plan an die Presse durch. Malte Wittwer, damals Polizeireporter beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ informierte die Polizei. Löhmer stand ab diesem Tag unter Polizeischutz. Günther Braun, zu dieser Zeit ebenfalls Journalist beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ erinnert sich: „Eine Million Euro soll das Zocker-Milieu Löhmer als Schmiergeld angeboten haben. Er hatte es nicht genommen.“
Traditionelles französisches Taschenmesser
Heute hat Löhmer seinen Frieden mit Schäfers Nas', Dummse Tünn, Abels Män und dem Lange Tünn gemacht. Der Messermacher aus Hoffnungsthal schaut ein wenig wehmütig auf die Zeit seiner Berufstätigkeit zurück. „Der Handschlag aus der Szene war mir immer mehr wert als schriftliche Beteuerungen der seriösen Geschäftswelt.“ Löhmers Liebe zu außergewöhnlichen Messern gründet allerdings nicht auf seine Zeit als Fahnder im Milieu. „Schon als Kind habe ich mich für Messer interessiert. Bei mir steht das Kunstwerk Messer im Vordergrund und nicht die Waffe.“
Angefangen hat alles mit einem Laguiole-Messer. Das original Laguiole ist ein traditionelles französisches Taschenmesser. Das Design stammt von Pierre-Jean Calmels, entwickelt im 19. Jahrhundert. Löhmer baute seine Sammlung immer weiter aus und die Messer wurden immer teurer und aufwendiger in der Fertigung. Mit jedem Messer reifte die Idee, eigene kleine Kunstwerke zu schaffen. Schon vor dem Rentenalter war Löhmer viel in Sachen Messer unterwegs, besuchte das Klingenmuseum in Solingen und das Kölner Münzkabinett und wühlte weltweit im Internet nach exotischen Werkstoffen für seine Kreationen.
Am Tag eins im Ruhestand legte der Hoffnungsthaler los. Nach und nach komplettierte er seine Werkstatt, Werkzeug um Werkzeug wurden angeschafft.
Frau teilt Liebe zu Messern
Rückhalt findet der umtriebige Handwerker bei seiner Frau die seine Liebe zu Messer teilt – bis zu einem gewissen Grad. Wenn es denn an die silbernen Mokkalöffel des Hausstandes geht, kann Löhmers Gattin schon mal leicht verschnupft wirken. So zu Weihnachten, als der Messermacher seiner besseren Hälfte ein edles Schneidwerkzeug auf den Gabentisch legte. Den Griff aus Mooreiche und Elfenbein verzierte ein Ring aus Silber. „Da ich nichts passendes auf Lager hatte, habe ich halt einen silbernen Mokkalöffel meiner Frau zum Ring umgearbeitet“, sagt Löhmer schmunzelnd.
So sehr sich seine Frau über das Messer freute, den Löffel vermisst sie schon. Aber von solchen kleinen Irritationen lässt sich Löhmer nicht beeindruckend. Konsequent und zielstrebig verfolgt der energische Hoffnungsthaler sein Ziel: perfekte und kunstvolle Messer. Meist beginnt der Herstellungsprozess mit einer Design- und Material-Idee. Die wird auf Papier gebracht und anschließend als Holzmodell erstellt, und zwar so lange, bis das Messer optimal in der Hand liegt.
Rosendamast verarbeitet
„Die Haptik muss stimmen“, sagt Löhmer. Allerdings unterwirft sich der Messermacher bei seiner Arbeit immer dem Diktat des Werkstoffs: „Das Material bestimmt die Form und nicht umgekehrt.“ Die Klingen sind meist aus Damaszener-Stahl, den der Handwerker, unter anderem aus Schweden, importiert. „Die Schweden produzieren einen rostfreien Damast. So etwas gibt es in Deutschland nicht.“
Gerade hat er für eine Klinge einen Rosendamast verarbeitet, der aus 300 Lagen besteht. Mit Lötzinn wird dann das Messer austariert, bevor sich Löhmer an die Herstellung der Scheide macht. Und auch bei dem Material für die Schutzetuis der Messer gilt das Motto: Je ausgefallener, desto lieber – bis hin zu ausgetretenen italienischen Herrenschuhen, die Löhmer noch zu einer Messerscheide verarbeitet. Häufig wird das Leder punziert, das heißt, mit meißelartigen Werkzeugen werden Muster in das Leder geschlagen. Auf der Internetseite des Messermachers können Interessenten jeden einzelnen Arbeitsschritt zur Herstellung eines Messers, sowie alle Kreationen des Messermacher betrachten.
Löhmer ist Perfektionist, und das über die Messerherstellung hinaus. In seiner selbst gebauten Küche fährt die Kaffeemaschine auf einer Spindel aus einer Sitzbank, und die Schublade für die Kochmesser muss senkrecht aus dem Küchenhimmel gezogen werden. Mit einem schelmischen Grinsen präsentiert der Hoffnungsthaler seine Toilette, die einem alten bergischen Donnerbalken nachempfunden ist. Natürlich mit moderner Technik unter der Holzverkleidung und einem Glockenspiel, wenn der Benutzer die Spülung betätigt. Dass Löhmer seine Stereoanlage selbst gezimmert hat, ist da fast schon selbstverständlich, dass er und seine Frau ihre eigenen Messer mit in die Gaststätte nehmen, auch. Der Journalist Braun bringt es auf den Punkt. „Kai Löhmer ist ein Original.“
www.hoffnungsthaler-messerwerkstatt.de