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Rösrather Bürgermeisterin im Interview„Müssen verlorenes Vertrauen wieder aufbauen“

Lesezeit 5 Minuten

Ein Auf und Ab für Bürgermeisterin Bondina Schulze.

Ihr erstes Jahr im Amt der Rösrather Bürgermeisterin hat Bondina Schulze (Grüne) hinter sich. Im Gespräch mit Thomas Rausch blickt sie zurück.

Sie haben ein Jahr mit besonderen Herausforderungen hinter sich. Zur Pandemie kam auch noch die Überschwemmung. Wie hat sich das auf die Arbeit der Stadtverwaltung ausgewirkt?

Schulze: In der Pandemie mussten wir für den Schutz der Mitarbeitenden sorgen, dabei aber weiter für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger erreichbar sein. Wir haben, wo es möglich war, mit Telearbeit operiert, aber auch andere organisatorische und bauliche Maßnahmen getroffen. Außerdem ist das Rathaus für Publikumsverkehr geschlossen, Terminvereinbarung ist aber möglich.

Dann hat das Hochwasser die räumlichen Engpässe noch verschärft, weil Büroflächen weggefallen sind. Wir haben durch Container etwas Abhilfe schaffen können, wir ermöglichen aber weiter Telearbeit. Eine Dienstvereinbarung dazu ist in Arbeit. Telearbeit ist weiter gefragt, das ist Teil eines modernen Arbeitsverhältnisses und ein kleiner Beitrag zum Klimaschutz.

Im Wahlkampf haben Sie Ihre Erfahrung im Personalmanagement betont und Ziele formuliert. Was konnten Sie schon verwirklichen?

Wir befinden uns in einem Wettbewerb um die besten Mitarbeitenden, auch mit der Privatwirtschaft. Es gilt, die Stadtverwaltung als attraktiven Arbeitgeber interessant zu machen. Dazu gehört auch, ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen. Eine meiner ersten sichtbaren Maßnahmen war, im Rathaus einen Weihnachtsbaum aufzustellen.

Es ist eine Kleinigkeit, aber ich war überrascht, wie gut das bei den Mitarbeitenden angekommen ist. Es geht um Wertschätzung. Ich habe die Förderung von Mitarbeitenden, die Interesse an Qualifizierungen zeigen, verstärkt und neue Stellen geschaffen. Längerfristige Vertretungen werden nicht mehr befristet ausgeschrieben.

Trotzdem wurden interne Probleme deutlich.

Mein Umgang mit den Mitarbeitenden ist offen. Der offene Brief von Fachbereichsleitungen und Personalrat ist Ausdruck davon. Bei einem Klima der Offenheit kann auch die mittlere Führungsebene Probleme ansprechen.

Sie haben sich für eine Neuaufstellung der Verwaltungsspitze entschieden. Was sind da die nächsten Schritte?

Die veränderte Aufgabenverteilung ist schon erfolgt. Nun sind die Stellen des Fachbereichsleiters der Kämmerei und die des Technischen Beigeordneten zu besetzen.

Dass die Kämmerer-Stelle noch unbesetzt ist, bedeutet, dass die Stadt bisher keinen Haushalt für 2022 ausarbeiten kann. Wie geht es weiter?

Nun, die Stelle des Fachbereichsleiters der Kämmerei war eigentlich im Sommer schon besetzt. Nachverhandlungen des Kandidaten, die ich nicht mittragen konnte, haben letztlich zu seiner Absage geführt. Nach dieser unerfreulichen Erfahrung haben wir ein erneutes Verfahren zügig und erfolgreich durchgeführt. Ich plane, dem Hauptausschuss am 22. November einen neuen Kandidaten vorzustellen. Wenn die Politik zustimmt, werden zwei Fachbereichsleiter-Stellen neu besetzt, die Fachbereichsleitung Kämmerei und die Fachbereichsleitung Immobilienservice.

Wie sehen Sie die verzögerte Haushalts-Verabschiedung?

Es war auch in der Vergangenheit nicht unüblich, den Haushalt erst im Frühjahr zu verabschieden. Dadurch wird die Stadt nicht handlungsunfähig. Der neue Leiter der Kämmerei wird die Stelle voraussichtlich am 1. Januar antreten. Wenn es gut läuft, werden wir den Haushalt im ersten Quartal in den Stadtrat einbringen.

Wann kann die Stadt mit einem neuen Technischen Beigeordneten rechnen?

Die Ausschreibung ist erfolgt. In einer ersten Runde gab es wenige und vor allem wenige qualifizierte Bewerbungen. Dann kam das Hochwasser und wir haben das Verfahren aufgehoben. In diesem Jahr haben wir bereits über 30 Stellenbesetzungen erfolgreich durchgeführt, auch interne Stellenumsetzungen, der Personalservice ist also gut ausgelastet. Wir wollen die Position des Technischen Beigeordneten jetzt aber erneut ausschreiben.

In anderen Verfahren war Rösrath als Arbeitgeber offenbar attraktiv, warum gab es beim Technischen Beigeordneten nur wenige Bewerbungen?

Wir sind da in einem besonderen Wettbewerb. Für diese Position sind Qualifikationen gefordert, die in vielen Bereichen und Branchen gefragt sind.

Wie sieht es mit der Stelle des Stadtwerke-Vorstands aus?

Die Besetzung der Stelle ist nun absehbar. Die erfolglose Klage einer Bewerberin gegen das Verfahren hat zu einer Verzögerung geführt, jetzt können wir es aber zu Ende führen. Die kommende Sitzung des Stadtwerke-Verwaltungsrats wird über einen Kandidaten beraten.

Den verwaltungsinternen offenen Brief haben Sie schon erwähnt. Was können Sie zur Lösung der internen Probleme tun?

Wir reden darüber. Und wir schauen uns Prozesse und Abläufe an.

Ein wichtiges Thema in dem offenen Brief war die Zusammenarbeit mit dem Ersten Beigeordneten Ulrich Kowalewski. Was folgt daraus?

Wir müssen mit vorhandenen Konflikten offensiv umgehen und verlorenes Vertrauen wieder aufbauen. Mein Ansatz ist, den Beschäftigten, insbesondere den Fachbereichsleiterinnen und Fachbereichsleitern, Vertrauen entgegenzubringen. Sie sind gut ausgebildet und können Verantwortung übernehmen. Nun läuft eine Mediation, wir sind mittendrin.

Zeichnet sich ab, dass die Beteiligten wieder zueinander finden?

Wie gesagt, wir sind mitten im Prozess.

Rösrath braucht eine effektive Verwaltung, um Sachprobleme zu lösen. Was steht bei der Hochwasser-Vorsorge an?

Ein allererster Schritt ist das begonnene Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans am Sülzbogen. Nun steht die Zusammenarbeit mit den Fachbehörden und den Sülz-Anlieger-Kommunen auf der Tagesordnung. Das Thema wird uns aber noch Jahrzehnte beschäftigen.

Wie sind die Kommunen am Sülz-Oberlauf für die Vorsorge zu gewinnen?

Ich gehe davon aus, dass sie interessiert sind, Schaden von den Nachbarkommunen abzuwenden, und sich solidarisch verhalten. Über Kompensation muss man sich unterhalten.

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Was sind in Rösrath die nächsten Schritte im Klimaschutz?

Alle Bürgerinnen und Bürger können was tun. Bei der E-Mobilität zeigt sich, dass viele daran interessiert sind. Die Stadt kann Anreize schaffen, zum Beispiel bei der geplanten Satzung zur Dachbegrünung.

Wie sieht es bei der Infrastruktur für Radverkehr und Elektro-Autos aus?

Es ist eine Frage von Flächen. Mein Gedanke ist, den Radverkehr von den Hauptverkehrsadern wegzuführen und alternative Routen zu erarbeiten. Für die Lade-Infrastruktur haben die Stadtwerke einige Ideen, die Schritt für Schritt zu verwirklichen sind.

Was wünschen Sie sich für Ihr zweites Jahr im Amt?

Weniger Katastrophen. Damit ich endlich beginnen kann, meine Sachthemen an den Start zu bringen. Dass ich das erste Jahr benötigen würde, um viele Fragen in der Verwaltung zu bewältigen, war aber absehbar.