Unfallflucht in Rösrath84-Jährige bekommt Führerschein nicht zurück
Rösrath/Bergisch Gladbach – Dass ein Autofahrer nach einem Unfall erst das Weite sucht und sich dann vor Gericht freimütig dazu bekennt, kommt nicht alle Tage vor. Hannelore B. aus Rösrath hat es getan, vermutlich, um so ihren „Lappen“ zu retten, doch weder das Geständnis noch ihr Jammern, sie müsse ihre dreijährige Enkelin betreuen, nutzen ihr: Die Fahrerlaubnis wird entzogen, der Führerschein eingezogen und vor einer neuen Führerschein-Prüfung stehen erst mal fünf Monate Sperre.
Ob sich das denn alles für sie überhaupt noch lohne, fragt die 84-jährige Witwe in den Gerichtssaal, und Richterin Milena Zippelius-Rönz legt ihr nahe, sich mit Alternativen zum Autofahren zu beschäftigen: „Irgendwann ist es für uns alle so weit.“
Fahrerin rammt geparkten Pkw auf der Rotdornallee
Ereignet hat sich die Unfallfahrt am 28. September vergangenen Jahres um 10.40 Uhr auf der Rotdornallee in Rösrath. Vor den Augen und Ohren einer Zeugin aus Kürten rammt Hannelore B., die in Wirklichkeit anders heißt, einen am Straßenrand geparkten Pkw, als sie dem Gegenverkehr ausweichen will.
Auf die 48-jährige Kürtenerin wirkt sie so, als wolle sie einfach weiterfahren. Die jüngere Frau winkt der älteren zu, die stoppt, besieht sich den Schaden, findet das alles nicht so schlimm.
Seniorin macht sich aus dem Staub
Während die Zeugin bei einem Anlieger fragt, ob er wisse, wem das Auto gehöre, macht sich Hannelore B. aus dem Staub. Zunächst sei sie zu einem Supermarkt gefahren, weil sie, wie sie sagt, so dringend zur Toilette gemusst habe.
Aber sie kehrt nicht mehr zurück und meldet sich auch nicht bei der Polizei. Die meldet sich stattdessen bei ihr, was ihr einen fürchterlichen Schrecken einjagt.
Im weiteren Verfahren stellt sich heraus, dass der Schaden an dem gerammten Pkw mit mehr als 3300 Euro keineswegs minimal ist. Im Februar wird der Führerschein der betagten Bruchpilotin auf Antrag der Staatsanwaltschaft vorläufig gesperrt. Hannelore B. lässt sich gleichwohl Zeit bis April, das Dokument auch tatsächlich abzugeben.
Angeklagte erzählt vor Gericht Geschichten
Im Gerichtssaal nimmt es die alte Dame mit der Wahrheit nicht so ganz genau. Sie verlängert beispielsweise ihre führerscheinlose Zeit um ein paar Monate.
Auch ihr Argument, sie müsse ihre dauerhaft kranke kleine Enkelin betreuen und könne keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, um das Kind nicht noch mehr zu gefährden, hält einer Nachfrage der Richterin nicht stand: Sohn und Enkelin wohnen nämlich so nah am Haus der alten Dame, dass die Nutzung von Bus oder Bahn überhaupt keinen Sinn ergäbe.
Vor Gericht beteuert die Fahrerin auch: „Ich habe den Schaden sehr wohl bemerkt. Die Zeugin hat zwar gewunken, aber ich hörte es auch knirschen.“
Richterin: Urteile nicht nach Sympathie
Sowohl die Richterin als auch die Staatsanwältin machen der 84-Jährigen eindringlich klar, dass sie ihren Führerschein erst einmal nicht zurückbekommen könne. Die Zweifel sowohl an ihrer gesundheitlichen als auch an ihrer charakterlichen Eignung seien zu groß.
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Einfach wegzufahren, obwohl ihr die Zeugin doch habe helfen wollen, sei schon dreist gewesen, sagt die Richterin. Und die Juristin fügt hinzu, dass auch sie selbst sich an die Gesetze halten müsse und diese nicht einfach missachten könne, wenn sie jemanden sympathisch finde, wie es bei Hannelore B. der Fall sei.
Neben der Sache mit dem Führerschein muss Witwe B. auch eine Strafe zahlen. Die Staatsanwältin hat 1800 Euro (30 Tagessätze zu 60 Euro) gefordert, die Richterin verhängt für die im eigenen Haus, also ohne Mietzahlungen lebende Seniorin 30 Tagessätze zu 80 Euro, mithin 2400 Euro.