AboAbonnieren

Sommertour der RedaktionZum Finale dem Himmel nah – Heiligenhaus bis Kleiner Heckberg

Lesezeit 7 Minuten
08_Sommertour_Marialinden 200821

Marialinden mit „Dom“.

Rhein-Berg – Die bruchsteinerne Rochuskapelle ist eins der Wahrzeichen von Heiligenhaus, ein anderes Aushängeschild des Höhenorts wird noch in diesem Jahr verschwinden: Im Schaufenster der Metzgerei Vierling, die mit ihrem Cateringservice weithin bekannt war, stehen Teller, Schöpfkellen und Gläser aus dem Catering-Bestand zum Verkauf. Das Unternehmen schließt zum Jahresende. Ein leiser Abschied.

Mehr Krach hat es jedes Mal gemacht, wenn ein Lastwagen am benachbarten Kreisverkehr die Laterne an der Ecke Hohkeppeler Straße/Bensberger Straße umgerissen hat.

Die Etappe

Heiligenhaus bis Kleiner Heckberg

Start: Overath-Heiligenhaus

Ziel: Kleiner Heckberg, Federath

Länge: 16,1 km, ca. 5 Std.

Profil: Von Heiligenhaus geht’s hinunter ins Overather Zentrum und auf der anderen Seite der Agger hinauf nach Marialinden über die Höhe bis zum höchsten Punkt des Kreises, dem Kleinen Heckberg, bei Federath; Gesamtabstieg: 200 Höhenmeter, -aufstieg 310 Höhenmeter.

Rückfahrt: Von Federath fährt unter der Woche der TaxisBus 449 (30 Minuten vor planmäßiger Abfahrt bestellen unter 0180 6 15 15 15) bis Overath Bf., am Wochenende zu Fuß bis Lorkenhöhe zurückwandern und von dort mit Bus 575 bis Overath Bf.; weiter mit Bus 420 bis Overath-Heilgenhaus (www.vrs.de).

GPS-Daten: https://out.ac/I4OgOe

Etliche Male ist das passiert. Jetzt soll die Laterne zurückversetzt werden in einen angrenzenden Garten. Mehrere Wochen bereits wird daran gearbeitet.

08_Sommertour_Alfons Wasser 200821 (1)

Die Rochuskapelle in Heiligenhaus mit einem Bus davor.

Apropos Arbeit. Diese Woche hat die auch für Schüler wieder begonnen. In der Alten Kölner Straße kommt uns Jonas entgegen. Der 15-Jährige hat unten im Tal am Schulzentrum den Bus verpasst und ist kurzerhand zu Fuß den Berg heraufgestiefelt. „Geht schneller als warten“, sagt er grinsend.

Über den historischen Hohlweg ins Tal

Ein paar Meter weiter lädt Alfons Wasser vor seiner Haustür Wasserkästen aus dem Kofferraum seines Wagens. Es sei voller in der Stadt, seitdem die Schule wieder begonnen habe, hat der 70-Jährige gemerkt. Der frühere Vorsitzende des Kreis-Caritasverbands hat seit einiger Zeit eine neue ehrenamtliche Aufgabe gefunden: im Ökumenischen Hospizdienst Hoffnungsthal. „Ich habe eine Ausbildung zum Hospizhelfer gemacht“, berichtet der frühere Banker, „und die Aufgabe erfüllt mich.“

08_Sommertour_Alfons Wasser 200821

Kisten stemmen nach dem Einkauf: Alfons Wasser räumt aus.

Ein historischer Hohlweg führt durch den Wald hinunter ins Tal. Ein wenig aufpassen muss man schon auf den steilen Stücken des Wegs, bevor man unten von fröhlichen Kinderstimmen aus der Gemeinschaftsgrundschule am nahen Burgholzweg empfangen wird.

Overather Stadtfest kann mit Drei-G-Regeln stattfinden

Kaum aus dem Wald heraus hat uns der Verkehr auf der Hauptverkehrsader, die bis zum Bau der A4 als B 55 Köln mit dem Sauerland verband, wieder im Griff. Beim Blick in den Schaukasten des Sozialverbands VdK am Overather Bauamt kann Wehmut aufkommen. Dort hängt die Ausgabe der VdK-Zeitung aus dem Frühsommer, die letzte Ausgabe, die im Bergisch Gladbacher Druckhaus des Heider-Verlags gedruckt wurde, bevor dieser seine Zeitungsdrucksparte nach mehr als 130 Jahren schloss.

08_Sommertour_Hans Herbert Müller 200821

Im Gespräch: Ordnungs- und Sozialamtsleiter Hans Herbert Müller.

Der Leiter des Overather Ordnungs- und Sozialamtes, Hans Herbert Müller, kommt uns entgegen. Gute Nachrichten: Angesichts der am Freitag landesweit in Kraft getretenen Drei-G-Regel kann das Overather Stadtfest stattfinden. „Wir haben uns zusammengesetzt und beraten und sind zu dem Schluss gekommen, dass das Stadtfest unter den herrschenden Corona-Auflagen zu machen ist“, sagt Müller und freut sich auch, dass die neue Corona-Schutzverordnung mal deutlich weniger Seiten umfasst als ihre Vorgänger.

Overather „Superbücherhelden“ löst Lizenzproblem

Aktuell ist Müllers Team allerdings nicht in Sachen Stadtfest unterwegs, sondern kontrolliert zu Fuß die Situation an den Schulen. Mit Beginn des neuen Schuljahres gibt’s verstärkt Bedarf, um Eltern zu ermahnen, die ihre Kinder mit dem Auto am liebsten bis auf den Schulhof brächten. Müller: „Wir verweisen auf die Hol- und Bringzonen, wir machen zwei Wochen lang den Winkeonkel – danach gibt es dann auch Verwarnungen.“

08_Sommertour_Alexander Bücken 200821

Superbücherheld: Alexander Bücken mit Comic seines Alter Ego.

Beim Overather „Superbücherhelden“ alias Buchhändler Alexander Bücken halten wir kurz um zu fragen, ob sich das Lizenzproblem mit einem amerikanischen Verlag gelöst hat, über das wir neulich berichtet haben. Bücken strahlt: „Alles geregelt.“ Der findige Buchhändler und im Ort engagierte Händler hat das Logo seines während des ersten Corona-Lockdowns geborenen Superbücherhelden verändert, so dass es nicht mehr mit dem von „Superman“ verwechselt werden kann.

Kein Gutes Jahr für Eisdielen in Rhein-Berg

„Jetzt geht es wieder richtig los“, kündigt Bücken an, das erste neue Video des Superbücherhelden sei schon fertig, das zweite in Produktion. Auch zwei Comics sind bereits gedruckt – der Superbücherheld aus Overath ist wieder voll in Aktion. Für den Buchhändler ist’s ein guter Sommer. Für Otello und Silvia Meneghetti eher nicht. „Das war kein Eisjahr“, bedauert Otello Meneghetti, der seit 1968 in Overath die Eisdiele „Cortina“ betreibt.

08_Sommertour_Familia Meneghetti 200821

Kein Eisjahr: Otello und Silvia Meneghetti machen das Beste draus.

Der Frühling sei viel zu nass und zu kalt gewesen, erklärt der Eismacher, Corona sei hinzugekommen und dann das Hochwasser – da hätten die Leute anderes im Sinn, als Eis zu holen. Für ihn und seine Frau ist die Saison fast schon wieder zu Ende, am ersten Sonntag im Oktober hören sie wie in jedem Jahr auf, ihre kalten Köstlichkeiten zu verkaufen, und bereiten sich auf den Winter vor.

„Humanitären Hilfe Overath“ startet nach Rumänien

Dann geht es zurück in die Heimat, nach Forno di Zoldo, wo Otello Meneghetti als Baumfäller arbeitet, insbesondere Gefahrenfällungen zwischen Gebäuden oder an Hochspannungsleitungen sind seine Spezialität. Im nächsten Frühjahr aber will das Ehepaar zurückkehren. „Im März sind wir wieder da“, versprechen die beiden.

08_Sommertour_Kuhl, Eschbach, Remmel 200821

Für den Hilfskonvoi: Norbert Kuhl, Florian Eschbach, Jens Remmel.

Schräg gegenüber, im Untergeschoss des Autohauses Kuhl, ist Norbert Kuhl ebenfalls mit den Vorbereitungen für eine Abreise beschäftigt: Die „Humanitäre Hilfe Overath“ trifft die letzten Detailvorbereitungen für den Konvoi, der in Richtung Rumänien startet. Mit Jens Remmel und Florian Eschbach arbeitet Kuhl an der Nummerierung für den neun Lastwagen umfassenden Konvoi.

Am Kinderheim bergauf

Unterdessen sortiert Karin Fischer noch die Medikamente, die von der Apotheke am Bahnhof für den Hilfstransport zur Verfügung gestellt wurden. Karin Fischer ist die gute Seele der Hilfskonvois und auch für die Verpflegung auf der langen Fahrt zuständig.

08_Sommertour_Karin Fischer 200821

Sortiert Hilfs-Medikamente für Rumänien: Karin Fischer.

Was sie immer mitnimmt, ist Trinkwasser – sie hat es schon erlebt, das das Wasser auf der Fahrt nach Rumänien so schlecht war, dass es selbst die Hunde nicht trinken wollten.

Auf einem Fußgängersteg geht’s über die Agger. Ein paar Sandsäcke auf dem Deich erinnern noch an die Wucht, die auch dieser Fluss beim Unwetter vor gut einem Monat entwickelte. Am Kinderheim Maria Schutz geht’s wieder bergauf, ein Blick zurück lohnt: Overath liegt uns bereits zu Füßen.

Bergische E-Bikes auf dem Parkplatz vor der Kirche

Skurril ist die Bushaltestelle in Rittberg: ein geräumiges Bushäuschen hat sie, allerdings fahren hier nur in den Nächten vor Sams-, Sonn- und Feiertagen Busse. Drei pro Nacht. Immerhin: Nachtschwärmer haben in Rittberg eine ÖPNV-Verbindung.

Aber der Höhenort Marialinden, den wir nach einem letzten steilen Anstieg erreichen, bietet Alternativen: Auf dem Parkplatz vor der katholischen Kirche, die liebevoll auch „Dom“ genannt wird, stehen zwei Carsharing-Autos, zwei Straßenecken weiter kann man Bergische E-Bikes ausleihen.

Lesefutter aus der Bücherzelle

Gleich nebenan steht der öffentlichen Bücherschrank, den René Radloff gerne nutzt, um seine zahlreichen Großneffen und -nichten mit Vorlesefutter zu versorgen.

08_Sommertour_Rene Radloff 200821

Kurz vorm Ziel: René Radloff an Marialindens Bücherzelle.

Gerade hält er eine Bilderbuchversion von Jules Vernes Klassiker „20 000 Meilen unter dem Meer“ in den Händen. „Ich gehöre noch zu der Generation, die Bücher liest“, sagt er, der mit neun Geschwistern aufgewachsen ist.

08_Sommertour_Arnason, Pfennig 200821

Styrmir Arnason und Ute Pfennig am Islandpferdehof.

Hinter Landwehr kommt der Kleine Heckberg in Sicht: eine unscheinbare, bewaldete Kuppe, aber mit 348,1 Meter über NN eben die höchste Erhebung im Rheinisch-Bergischen Kreis. Am Hang des Hügels liegt der Ort Federath, von wo aus man – bei schönem Wetter – einen herrlichen Ausblick über Marialinden in Richtung Rheintal hat. Islandpferde galoppieren über die Koppel neben der Straße.

NRW-Meisterschaften für Islandpferde

Sie gehören zum Gestüt von Styrmir Arnason. So ruhig, wie es jetzt ist, wird es in den kommenden Tagen nicht bleiben: Nächstes Wochenende werden die NRW-Meisterschaften für Islandpferde auf dem Hof ausgetragen, ein großes Event, wie Pferdebesitzerin Ute Pfennig schildert: „Die Reiter kommen und bleiben mehrere Tage auf dem Hof, stecken ihren Paddock ab und sind die ganze Zeit mit ihren Pferden zusammen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Pfennig selbst hat drei Isländer auf dem Hof stehen, zwei davon will sie beim Turnier reiten. Die Isländer, die mit Pass und Tölt zwei Gänge mehr haben als andere Pferde, seien für Reiter „ein Traum“, sagt sie.

08_Sommertour_Autorin unterwegs 200821

Unsere Autorin auf dem Heckberg über Federath.

Ein bisschen so wie die Sommertour für Reporter, die kurz vor dem Ziel der mehr als 130 Wanderkilometer umfassenden acht Etappen durch den Kreis ein wenig wehmütig sind, dass es „schon“ zu Ende ist. Aber genauso sicher: Zu einer Reihe von Orten müssen wir unbedingt nochmal hin und noch weitere interessante Geschichten aus dem GL-Land erzählen, das auch zwischen Nord- und Südende mehr verbindet als wir vor der Tour gedacht hätten.