Rhein-Erft-KreisZahl der Arbeitnehmer in Kurzarbeit von 93 auf 55.000 gestiegen
Rhein-Erft-Kreis – Auch der Blick zurück auf ein äußerst schwieriges Jahr bringt Rainer Imkamp nicht von seinem grundsätzlichen Optimismus ab. „Genaue Prognosen sind derzeit kaum möglich, doch mit einem weiteren Einbruch am Arbeitsmarkt rechne ich nicht. Irgendwann ist diese Pandemie vorüber und dann wird die große Nachfrage nach Fachkräften sehr schnell wieder das Topthema sein“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung der für den Rhein-Erft-Kreis zuständigen Agentur für Arbeit in Brühl bei der Jahrespressekonferenz.
Bis dahin gilt es, die Folgen der Corona-Krise so gut es geht abzufedern. Als entscheidendes Instrument hat sich dabei die Kurzarbeit erwiesen. „Wenn die Unternehmen diese Möglichkeit nicht hätten, sähe es ganz anders am Arbeitsmarkt aus. Die Kurzarbeit ist die Säule“, macht Imkamp deutlich. Und die Statistiken geben ihm recht. Waren 2019 noch 93 Menschen in Kurzarbeit, so stieg diese Zahl mit dem Lockdown in Folge der Pandemie im März rapide an.
Rhein-Erft-Kreis: 55.000 Arbeitnehmer 2020 in Kurzarbeit
Insgesamt wurde 2020 für rund 55.000 Arbeitnehmer im Rhein-Erft-Kreis Kurzarbeit angezeigt. Zu den besonders stark betroffenen Branchen zählten Hotellerie und Gastronomie sowie das Veranstaltungsgewerbe. Selbst während der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 sei diese Dimension nicht erreicht worden, sagte Imkamp. Damals nahmen lediglich rund 8000 Menschen Kurzarbeit in Anspruch.
Die Entwicklung stellte auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agentur für Arbeit vor ungewohnte Probleme. Man habe beinahe von einem auf den anderen Tag mit einer Flut von Anträgen klarkommen müssen, betonte Imkamp. Er sei stolz auf die Leistungsbereitschaft seiner Kollegen. Zumeist gelinge es, binnen einer Woche die Anträge zu bewilligen. In den nächsten Monaten werde mit den Überprüfungen der Schlussabrechnungen erneut viel Arbeit auf sein Haus zukommen. Doch nach der schnellen Hilfe, sei deren Kontrolle ebenfalls ein wichtiges Anliegen. Imkamp appellierte an die Firmen, die Zeit mit weniger Aufträgen zur Qualifizierung der Mitarbeiter zu nutzen. Die Agentur für Arbeit fördere dies.
„Einen verlorenen Jahrgang können wir uns nicht leisten“
Vor einem Jahr habe noch niemand an die großen Herausforderungen gedacht, betonte der Agenturchef. „Im Grunde kannte die Entwicklung am Arbeitsmarkt lange Zeit nur eine Richtung“, sagte Imkamp: ein Rekord habe den nächsten abgelöst. Selbst im Juni vergangenen Jahres schlug sich dieser Boom noch in der Statistik nieder. Mit 145.556 Menschen gab es damals so viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Kreis wie in keinem Juni zuvor. „Neuere Zahlen gibt es noch nicht, aber sie werden wohl schwächer ausfallen.“
Einen Hinweis gibt die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, die anhand jüngerer Zahlen verfolgt werden kann. „Der Arbeitsmarkt ist 2020 wegen der Corona-Krise stark unter Druck geraten“, sagte Imkamp. Fast 18.000 Menschen waren durchschnittlich ohne Job. Rund ein Viertel mehr als im Vorjahr. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote stieg auf 6,9 Prozent – der höchste Wert seit 2016. Dabei traf die Entwicklung vor allem ältere Menschen sowie jene mit geringer Qualifikation und Migrationsgeschichte.
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Auch junge Leute spürten die Auswirkungen. So erweist sich vielfach der Weg der Schulabgänger in Ausbildung und Praktika als schwierig. „Die gewohnten Wege der Kontaktaufnahme funktionieren nicht mehr. Wir können zum Beispiel kaum noch Betriebe oder Schulen besuchen. Aber einen verlorenen Jahrgang können wir uns nicht leisten. Neue Ideen sind gefragt“, sagte Imkamp. Denn wenn die Nachfrage wieder anziehe, brauche man gut ausgebildeten Nachwuchs.