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Bauern im Rhein-Erft-KreisFutter kostet mehr, als die Milch einbringt

Lesezeit 4 Minuten

Die Kühe werden gefüttert. Im Familienbetrieb von Hubert und Anna Jobs packt jeder mit an.

  1. Anna und Hubert Jobs bewirtschaften einen Bauernhof in Weiler-Brüggen mit 70 Milchkühen und weiteren 60 Rindern und Kälbern.
  2. „Jetzt aber sieht es extrem schlecht aus“, sagt der Landwirt und holt tief Luft. Gerade einmal 18 Cent bekommt er zurzeit für den Liter Milch.

Rhein-Erft-Kreis – Die Idylle trügt. „Brauni“ nennt Hubert Jobs seine Lieblingskuh. Brauni hat ein seidig glattes braunes Fell und kommt sofort zum Gatter, wenn Jobs in den Stall kommt.

Mit seiner Frau Anna bewirtschaftet der 46-Jährige einen Bauernhof in Weiler-Brüggen mit 70 Milchkühen und weiteren 60 Rindern und Kälbern. Anna und Hubert Jobs haben sich 1991 auf der Meisterschule kennengelernt. „Damals waren die Perspektiven ganz anders und wirklich gut“, sagt Anna Jobs.

„Jetzt aber sieht es extrem schlecht aus“, sagt ihr Mann und holt tief Luft. Gerade einmal 18 Cent bekommt er zurzeit für den Liter Milch. „Damit kommen wir nicht aus.“ Um kostendeckend arbeiten und vielleicht auch investieren zu können, müssten es mindestens 40 Cent sein, sagt der Milchbauer.

Doch seit im März 2015 die Milchquote ausgelaufen sei, die europaweit die Produktionsmengen vorgegeben habe, dürfe nun jeder Landwirt so viel Milch produzieren wie er wolle. „Das führte zu einer Überproduktion“, sagt Jobs. Hinzu käme das Russland-Embargo. Auch China würde nicht mehr so viel Milch ordern. „Das führt bei uns dazu, dass die Preise einbrechen“, klagt Jobs. Und auch die Aussichten seien düster.

Vor ein paar Tagen hat er Post von der Berliner Milcheinfuhr Gesellschaft bekommen. Seitdem hat er es auch schriftlich. Da ist von einem „desolaten Zustand des Milchmarktes“ die Rede. Die Nachfrage nach Milcherzeugnissen sowohl auf dem europäischen als auch auf dem Weltmarkt stagniere oder sei rückläufig.

„Jetzt sind die Preise sogar unter die Marke von 2009 gefallen, als wegen der Wirtschaftskrise die Milchpreise zusammengefallen waren“, sagt Jobs. Es gebe bereits Betriebe, in denen nicht mehr die Landwirte, sondern die Banken bestimmten, ob und wie es mit dem Hof weitergehen solle.

„Wir sind ein Familienunternehmen“, sagt Jobs. Alle würden mithelfen. „Angestellte kann ich mir nicht leisten.“ Auch bei ihm sinke inzwischen die Motivation. „Es müsste einfach weniger Milch produziert werden“, sagt er. Doch da gebe es seitens der Politik keinen Rückhalt. „Die bieten zwar günstige Kredite und Steuererleichterungen. „Doch wir wollen das nicht, wir wollen so wirtschaften, dass wir auch etwas erwirtschaften.“

Auch Andreas Schäfer blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Der 40-Jährige führt den Milchhof Schäfer in Erftstadt-Gymnich in dritter Generation. So wie sein Kollege Jobs baut auch er das Futter für seine 120 Milchkühe selbst an. Anders jedoch als viele seiner Kollegen vermarktet er durchschnittlich rund zwei Drittel seiner Milch in Eigenregie. „Bei einem Abnahmepreis von 18 bis 20 Cent pro Liter, bleiben viele Betriebe auf der Strecke“, sagt er. Alleine die Futterkosten würden bei 22 bis 23 Cent liegen. Da sei die Arbeitszeit, die Kosten für den Stall, den Strom und die Gesundheitspflege der Tiere noch nicht mitgerechnet. Dabei treffe es ihn im Vergleich zu vielen Kollegen nicht ganz so hart.

„Die Margen, die die großen Molkereien einfahren, die bleiben ja bei uns“, erklärt er. So hoffe er, sich halten zu können. Es sei beschämend, dass für Limonade, also für Wasser und Zucker, mehr gezahlt werde als für Milch. Schäfer verkauft einen Liter Rohmilch ab Hof zurzeit für 80 Cent. Der Liter pasteurisierte Milch mit natürlichem Fettgehalt von 3,8 bis 4 Prozent kostet in der Glasflasche 1,15 Euro.

Das sagt der Handel

„Zuerst sinken die Preise bei den Billigmarken“, berichtet Peter Richrath, der zusammen mit seinem Bruder Lutz im Kreis und in Köln 13 Märkte mit zusammen rund 800 Beschäftigten führt. „Die Discounter jagen sich gegenseitig die Marktanteile ab.“ Doch auch Rewe und Edeka ließen sich nicht abhängen und böten mit ihren Billigmarken die Ware zum gleichen günstigen Preis an. Gewinnmargen seien nur bei höherwertigen Milchprodukten zu erzielen. Dazu zähle Käse. Der werde, wenn auch zeitlich verzögert, preisgünstiger werden.

Da die Preise erst seit zwei Wochen so gesunken seien, könne noch kein Wandel beim Kaufverhalten beobachtet werden. „Was wir als Händler aber feststellen, ist der Kauftrend. Entweder wollen die Kunden sehr magere Produkte oder aber aus Freude am Genuss fetthaltige und sehr hochwertige Milch, Joghurts und Käse.“

Richrath wird beliefert vom Schäferhof in Gymnich und dem Thomashof aus Solingen. „Wir werden mit Herstellern über künftige Abnahmepreise reden müssen. Wir wollen günstig kaufen, aber zu fairen Preisen für die Hersteller.“ (kom)