Mit ihren schrägen Videos über ihre Drogerie erzielen Frank und Dieter Gummersbach Millionen von Aufrufen auf Social-Media-Plattformen.
InternethypeBedburger Drogisten sind Kultstars bei TikTok und Co.

Die Drogisten Frank (l.) und sein Vater Dieter Gummersbach aus Bedburg feiern auf Social-Media-Kanälen riesige Erfolge mit schrägen Retro-Videos.
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Auf den ersten Blick wirkt die Drogerie Gummersbach wie aus der Zeit gefallen. Ein Schild wirkt keck „Wir machen Farbfotos“, als sei das noch etwas Besonderes, im Schaufenster weisen alte Schwarz-Weiß-Fotografien auf die Firmengründung im Jahr 1909 hin, und im Inneren nimmt Omas Lieblings-Eau-de-Cologne „4711“ einen eigenen großen Stand ein.
Doch der Schein trügt. Das Fachgeschäft von Dieter Gummersbach (73) und seinem Sohn Frank (47) ist alles andere als altbacken, sondern schwimmt ganz oben auf der Welle von TikTok, Youtube, Instagram, Facebook und Co. Die Gummersbachs drehen seit dem Sommer vorigen Jahres regelmäßig mit dem Handy kleine Clips, stellen sie ins Netz und feiern damit ungeahnte Erfolge.
Bedburg: Die beiden Geschäftsleute haben 2000 Follower
Das beliebteste Video der beiden über Sonnenschutz wurde fast eine Million Mal aufgerufen. Die anderen Clips erreichen gerne locker eine halbe Million Zuschauer. Den Kanälen folgen rund 2000 Follower.
Das Besondere an den Videos: Erst öffnet sich ein roter Vorhang wie in der Ausgburger Puppenkiste, und dann treten die beiden betont albern-unbeholfen auf, singen alte Schlager oder neue Texte zu altbekannten Werbemelodien, preisen ihre Produkte an und beenden ihre Clips mit dem immer selben Spruch - „Ihr Fachgeschäft bedient Sie gut“. „Wir lachen oft, wenn wir die Videos aufnehmen“, sagt Vater Dieter Gummersbach. Alles wirkt sehr amateurhaft. Doch das hat Methode.
Denn der Erfolg gibt den beiden Bedburgern recht. „Unser Umsatz ist im vorigen Jahr um zehn Prozent gewachsen“, sagt Sohn Frank Gummersbach, in vierter Generation im Geschäft der Familie. Und das, obwohl die Metzgerei Schmitz und die Filiale der Bäckerei Kraus in der unmittelbaren Nachbarschaft geschlossen hätten. „Wir haben keine Laufkundschaft mehr. Die Leute, die zu uns kommen, machen das ganz gezielt.“
Und sie kommen von weit her. Aus Köln, Düsseldorf, Zülpich oder Wesseling. „Unsere Reichweite ist riesig“, sagt Frank Gummersbach. Die Kunden seien dankbarer, aber auch kritischer. „Wir haben unser Sortiment auf die Wünsche der Kunden angepasst, die uns besuchen“, sagt Frank Gummersbach. So gebe es deutlich mehr italienische Produkte in dem Laden an der Lindenstraße, darunter die Marvis-Zahncreme, die neun Euro für ein 85-Milliliter-Tübchen kostet. „Die ist Kult.“
Bedburg: Anfragen aus Schottland, Spanien, Italien und Polen
Kult wie die beiden Geschäftsleute selbst mit ihren schrägen Videos, denen vor allem jüngere Kundinnen und Kunden verfallen. „Inzwischen versenden wir auf Bestellung auch Geburtstagsgrüße per Video“, sagt Frank Gummersbach. Autogrammkarten halten die beiden ebenfalls im Laden bereit.
Die Videos der Gummersbachs werden auch in großer Entfernung wahrgenommen. „Wir bekommen nicht nur Anfragen aus ganz Deutschland, sondern auch von Bürgermeistern aus den Niederlanden, Schottland, Italien, Spanien oder Polen“, sagt Frank Gummersbach. Sie alle erkundigten sich nach dem Konzept mit den schrägen Videos und der Werbung für ein Fachgeschäft.
Denn das ist den Gummersbachs ein Herzensanliegen: dass es in ihrem Geschäft eine fachliche, gute Beratung gibt. Sie hätten eine andere Ausbildung genossen als normale Verkäufer in einem Drogeriemarkt, betonen die beiden, inklusive Sachkenntnisnachweis und Giftprüfung. „Das ist ein fundiertes, erlerntes Wissen, das verloren geht, wenn die Fachgeschäfte schließen“, sagt Frank Gummersbach.
Bedburg: Der Retro-Effekt der Videos war ein reiner Zufall
Entstanden sind die Videos eher aus einem Zufall heraus, berichtet der 47-Jährige. Im vorigen Sommer habe er zunächst Fotos vom Laden machen wollen, dann sei aber doch ein Video von fast fünf Minuten Länge entstanden, das im Netz überraschend große Resonanz geerntet habe. „Dann sind wir auf die Idee mit den Retro-Videos gekommen.“ Auch der Retro-Effekt sei Zufall. Zum Einsatz sei ein Filter mit warmem Licht gekommen, weil es dabei mehr Platz für die Aufnahmen gebe. Gummersbach: „Der Warmton lässt die Videos älter wirken.“
Doch auch Kritik habe es schon an den abgedreht-albernen Clips gegeben. „Wir würden uns lächerlich machen und die Innung blamieren, hat es schon bei anderen Geschäftsleuten geheißen“, berichtet Gummersbach. Doch das stört sie nicht, solange sie Erfolg haben. Dank mehrerer Clips rund um Karneval habe auch die Eröffnung von Lidl- und Kaufland-Filialen in Bedburg nicht zu einem eigentlich erwarteten Kundenrückgang geführt. „Und das, obwohl der Februar eigentlich ein ohnehin schwieriger Monat ist“, sagt Dieter Gummersbach.