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ExistenzangstBedburgerin darf wegen fehlender Parkplätze ihr Kosmetikstudio nicht eröffnen

Lesezeit 4 Minuten
Julia Schmidt vor ihrem Haus

Julia Schmidt möchte gerne auf 19 Quadratmetern ein kleines Kosmetikstudio in ihrem Garten betreiben. Jetzt fordert die Stadt Bedburg drei Stellplätze vor dem Haus in Kirchtroisdorf an der Rödinger Straße.

Julia Schmidt hat sich den Traum vom Eigenheim erfüllt – mit Platz für ihr Kosmetikstudio. Das darf sie nun jedoch nicht betreiben.

Als Julia Schmidt und Jens Oldewurtel den sanierten Hof am Kirchtroisdorfer Ortsausgang Richtung Rödingen sahen, wussten sie sofort, dass er ihr neues Heim werden sollte. Platz für das Paar, zwei Töchter, Hund Archie und den blinden Kater Rudi war mehr als genug vorhandenen.

Doch das Wichtigste war, dass Eigentümer Thomas Königs auch einen rund zwölf Quadratmeter großen Raum plus kleinem Bad in einem Anbau am Garten schön hergerichtet hatte. In diesem hoffte Julia Schmidt, ihr kleines Ein-Frau-Kosmetikstudio weiterbetreiben zu können. So, wie sie es schon in Köln getan hatte.

Doch obwohl dieser Plan nach ersten Besichtigungen von Vertretern der Stadtverwaltung problemlos umzusetzen schien, folgte eine ernüchternde Botschaft: Die Verwaltung will, dass auf oder nahe der meist menschenleeren und autofreien Rödinger Straße Hausnummer 22 drei Stellplätze für das Gewerbe angelegt werden, einer davon behindertengerecht. Sonst gebe es keine Genehmigung für das geplante Gewerbe.

Nachbarn boten Julia Schmidt nach Zettelaktion ihre Stellplätze an

Kurios ist, dass die Belastung durch geparkte Autos im Vergleich zu früher nach Berechnungen der Mieter nun um rund 75 Prozent abgenommen hat. „Früher musste dreimal am Tag der Pflegedienst zu meiner Mutter ins Haus kommen, dazu noch ich und meine Schwester“, berichtet auch Eigentümer Königs. Die Mieter verfügen aber nur über einen Clio, mit dem Jens Oldewurtel täglich nach Köln zur Arbeit fährt, so dass tagsüber gar kein Auto vor dem Haus parkt.

Die Termine im Kosmetikstudio würden so gelegt, dass sich die Kundinnen nicht begegneten, so dass stets maximal ein Stellplatz in der Nähe des Hauses besetzt sein könne. „Aber wir sind natürlich auch bereit, Stellplätze zu schaffen oder eine Ablöse an die Stadt zu zahlen“, sagt Julia Schmidt.

Sie hängte Zettel in Kirchtroisdorf mit der Bitte um Stellplätze auf. „Die Resonanz war überwältigend. Schnell hatten wir viel mehr als die geforderten drei Plätze zusammen, für die wir natürlich auch Miete zahlen wollen. Die Nachbarn waren froh, dass ein paar geparkte Autos Raser auf der Rödinger Straße stoppen würden. Ein Landwirt hatte sich sogar erboten, drei Stellplätze für uns anzulegen.“

Für Julia Schmidt geht es um ihre Existenz

Doch auch das reichte der Stadtverwaltung nicht. Man werde die Stellplätze nur dann akzeptieren, wenn deren Eigentümer bereit wäre, sie als Grundlast offiziell eintragen zu lassen, sagt Schmidt: „Dass das aber keiner will, kann ich gut verstehen. Das senkt den Preis bei einem Verkauf.“

Doch auch bei einer Stellplatz-Ablöse durch Zahlung an die Stadt winkte die Verwaltung ab. Gleichzeitig könnte man aber fünf, sechs Autos einfach so in der Nähe des Hauses parken und das kostenlos, sagt Schmidt. Auch zähle das Grundstück des etwa 1890 gebauten Bauernhofes als Misch- und nicht als reines Wohngebiet.

Für Julia Schmidt geht es inzwischen um ihre Existenz. Wegen der Corona-Pandemie konnte sie jahrelang ihr Gewerbe nicht ausüben und muss jetzt noch Hilfen zurückzahlen. In einem Exposé zur Betriebsbeschreibung hebt sie hervor, dass der Minibetrieb doch auch Vorteile für das Dorf habe. Es gebe Gewerbeeinnahmen, die Infrastruktur verbessere sich, und es sei auch geplant, zwei Ladestationen für E-Bikes vor der Tür einzurichten. Königs und die Mieter wollen nun direkt bei Bürgermeister Sascha Solbach vorsprechen.

Bedburger Stadtverwaltung sieht Grundbucheintragung als einzige Lösung

Für die Bedburger Stadtverwaltung bestätigte Torsten Stamm, der unter anderem Fachdienstleiter der Bauaufsicht ist, die ablehnende Haltung: „Laut Landesbauordnung müssen drei Stellplätze geschaffen werden, darunter einer, der behindertengerecht ist. Sollten die auf anderen Grundstücken liegen, muss im Grundbuch eine Baulast eingetragen werden.“

Mit der Nutzung einer Stellplatzablösung durch Zahlung von 3900 Euro pro Stellplatz, so dass die Kunden einen der vielen freien Stellplätze im Bereich des Hauses nutzen könnten, habe er Probleme, sagte der Fachdienstleiter: „Wir schaffen da eine Präzedenz. Aus meiner Erfahrung heraus gibt so etwas später sehr oft Stress mit den anderen Anwohnern, etwa wenn dann auch andere Anwohner Stellplätze in dem Bereich haben wollen und dann auf das Vorbild dieses Falls hinweisen.“

Torsten Stamm schlägt vor, die angebotenen Stellplätze von den Nachbarn ins Grundbuch eintragen zu lassen: „Das kann man ja auch wieder löschen, falls der Betrieb des Studios einmal erlischt.“