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Gegen WasserverschwendungBedburgerinnen überzeugen Jury – 1. Platz beim Gründerpreis

Lesezeit 4 Minuten
Drei junge Frauen mit ihrer Erfindung.

Ein Modell ihrer wassersparenden Geschäftsidee bastelten Charlotte Speuser, Jennifer Gutsche und Sarah Conzendorf (v.r.) und führten es der Jury kompetent vor.

Die drei Abiturientinnen haben eine wassersparende Spüle entwickelt. Die zündende Idee kam beim Putzen von Obst und Gemüse.

Für ihre Teilnahme am Gründerpreis wollten sie „so richtig für ihre Idee brennen“, schildern Sarah Conzendorf, Jennifer Gutsche und Charlotte Speuser. Lange hätten sie nach dem richtigen Thema gesucht. Beim Putzen von Obst und Gemüse für ihr vegetarisches Frühstück hatte Charlotte Speuser dann den zündenden Einfall.

Das einmal gebrauchte Wasser verschwand Morgen für Morgen unwiederbringlich im Abfluss, eigentlich noch zu sauber, um als Schmutzwasser zu gelten. Wie könnten ein Wasserhahn und eine Küchenspüle aussehen, wenn das Wasser, beispielsweise zum Gießen oder zum Waschen einer weiteren Portion Gemüse, wiederverwendet werden soll?

Nachtschichten eingelegt

So manche Nachtschicht hätten sie neben ihren Vorbereitungen auf die Abiturprüfungen einlegen müssen, um die Idee auszuarbeiten, schildern die drei, die sich seit der siebten Klasse aus dem Lateinkurs kennen. Es gehe darum zu zeigen, dass „Wasser wertvoll“ und eben keine unendliche Ressource auf diesem Planeten sei.

Der benachbarte Braunkohlenabbau mit seiner Vernichtung wertvollen Grundwassers und heiße Sommer, in denen sich der Garten in eine Steppe verwandelt hatte, motivierten zusätzlich, das Thema aufzugreifen. Nur, wie funktioniert denn so eine Spüle mit Einhebelmischbatterie? Und wie muss der Wasserhahn gebaut sein, wenn zum warmen und kalten Frischwasser daraus auch das Brauchwasser noch einmal sprudeln soll?

Bedburg: Hilfe vom Fachmann und der Maus

In Sendungen mit der Maus und dem Gespräch mit einem Fachmann in einem Baumarkt machten die jungen Frauen Bekanntschaft mit des Pudels Kern – der Kartusche. Während sie erklärt, wie so eine Kartusche mittels Hebeldruck an der Küchenarmatur arbeitet, lässt Jennifer Gutsche das Gerät unversehens auf den Tisch fallen.

Die Einzelteile verstreuen sich über die Tischplatte. Mit geübten Handgriffen setzt sie die Keramikscheibe, die zur Mischung von Kalt- und Warmwasser und Abdichtung dient, sowie das Siebelement wieder in die Form ein. „Das passiert mir nicht das erste Mal“, sagt sie gelassen. Längst hätten sie gute Bekanntschaft mit der Scheibe gemacht, denn vor allem die müssten sie modifizieren, um Brauchwasser aus einem Plastikbehälter unter der Spüle abzuzapfen.

Abiturientinnen bauten ein Modell

Zur Demonstration haben die Abiturientinnen das Modell eines Wasserhahnes aus Styropor und silbernem Papier gebaut. Es zeigt auf der Unterseite die Kartusche mit ihren Zu- und Abläufen, damit durch die Einhebelmischbatterie per Hebelstellung auch das Brauchwasser fließt. Transparente Bierschläuche füllten sie mit eingefärbten Styroporkügelchen, um den Weg des Wassers durch die Kartusche zu zeigen.

Zwei zusätzliche Bohrungen in der Keramikplatte gewährleisten den Zulauf aus dem Brauchwasserbehälter und den Ablauf über den Wasserhahn. Eine Maschine für das Pressen solcher Keramikplatten koste etwa eine halbe Million Euro, haben die Frauen recherchiert. Für die Produktion des Systems mit der Kartusche als Alleinstellungsmerkmal haben sie Kosten für Material und Maschinen, Löhne für Arbeiter, Räumlichkeiten, Logistik und Werbung detailliert berechnet. 1,8 Millionen Euro.

„So viel Geld haben wir nicht“, sagt Sarah Conzendorf. Erst einmal wollten sie sich auf ihre angestrebten Studiengänge konzentrieren. Das Start-up sei damit allerdings nicht vom Tisch, hinter den Kulissen überprüften sie ihre Möglichkeiten. 1000 Euro Fördergeld könnten sie für das Projekt noch abrufen, vielleicht, um ein Patent anzumelden oder die praktische Umsetzung von einem Ingenieur konkretisieren zu lassen. Immerhin habe die Teilnahme am Gründerpreis viele Kontakte eröffnet. Gratuliert habe beispielsweise auch der Unternehmerinnentreff Erftstadt.


Die Präsentation

Die Aufregung klingt bei Charlotte Speuser, Sarah Conzendorf und Jennifer Gutsche immer noch nach. Als eines von zehn Teams, als „The Tap GmbH“, hatten sie am Dienstag, 18. Juni am Bundesfinale des „Deutschen Gründerpreis für Schüler:innen“ im Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr / RTL Deutschland teilgenommen und den ersten Platz belegt.

1980 Schülerinnen und Schüler in 480 Teams hatten an der Spielrunde 2024 mit Ideen für ein Start-up-Unternehmen teilgenommen. Ein Firmenkonzept für Spülen, die im Küchenalltag Wasser sparen, hatten die Bedburgerinnen entwickelt. Ob das benutzte Wasser ablaufen oder wiederverwendet werden soll, kann man mit einem Umschalter in der Spüle, dem Water-Recovery-Sieb, entscheiden.

Über eine normale Einhebelmischbatterie lässt sich ganz bequem das aufgefangene Grauwasser oder frisches Wasser benutzten. Durch den Wettbewerb begleiteten Lehrerin Monika Linden und die Kreissparkasse Köln die Abiturientinnen. Die Hamburger Jury zeigte sich vom Auftreten des Teams begeistert. Die jungen Frauen hatten sich unter dem Titel „Morgens um acht“ ein regelrechtes Drehbuch für die Präsentation ausgedacht und ein anschauliches, selbst gebasteltes Modell mitgebracht.

„The Tap“ habe mit Mut, Professionalität und Struktur überzeugt und verdeutliche, dass die Grundidee bis zur potenziellen Marktreife zu Ende gedacht sei, befand die Jury. Von Januar bis Mai hatten die Bedburgerinnen typische Aufgaben für Start-ups bewältigen müssen. Sie haben Marktanalysen vorgenommen, Zielgruppen definiert, Marketingstrategien entwickelt und sich Gedanken über Design und Technik gemacht.

Als Ergebnis präsentierten sie ein detailliertes Unternehmensprofil vom Produkt bis hin zu den Kosten für Material, Maschinen, Mitarbeiter, Fabrikhallen und Vertriebslogistik. Der letzte Akt steht den Preisträgerinnen noch bevor. Sie fahren am 24. September zur Verleihung des Deutschen Gründerpreises in das ZDF-Hauptstadtstudio nach Berlin und werden vor laufender Kamera von Bundesminister Robert Habeck in der Kategorie „Schüler:innen“ ausgezeichnet.